Die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz Friedrich Merz (r-l), Armin Laschet und Norbert Röttgen sitzen nach einer Diskussionsrunde im Konrad-Adenauer-Haus.Bild: dpa / Michael Kappeler
Deutschland
09.01.2021, 09:4309.01.2021, 13:26
Eine Woche vor der Klärung der offenen Führungsfrage
in der CDU hat sich die Spitze der Frauen Union für Armin Laschet
oder Norbert Röttgen als neuen Vorsitzenden ausgesprochen. Ein
Stimmungsbild in einer Schaltkonferenz des Bundesvorstands der Frauen
Union am Donnerstag ergab dabei einen leichten Vorsprung für den
nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet. Auch die frühere
Vorsitzende der Frauen Union, Rita Süssmuth, legte sich in einem
Interview mit der Deutschen Presse-Agentur auf Laschet fest.
Neben Laschet und dem CDU-Außenpolitiker Röttgen bewirbt sich auch
der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz für die Nachfolge der
Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Entscheidung soll
am Samstag kommender Woche beim CDU-Bundesparteitag fallen. Eine
Woche zuvor stellten sich am Freitagabend die drei Kandidaten in
einem Online-Forum nochmals Fragen von Parteimitgliedern.
Kandidaten-Debatte ohne hitzige Diskussionen, aber mit Unterschieden in der Klimapolitik
Bei der eineinhalbstündigen Live-Debatte am Freitagabend in der Berliner CDU-Zentrale vermieden Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen zwar wie schon bei der ersten von der Partei organisierten Kandidatenrunde Mitte Dezember Konfrontationen.
Allerdings wurden in Teilen unterschiedliche Positionen unter anderem in der
Klimapolitik deutlich. So warnte Laschet davor, die deutsche
Industrie durch überzogene Klimaschutzmaßnahmen zu ruinieren. Wer
Stahl- oder Chemieindustrie im Land halten wolle, müsse für
bezahlbaren Strom sorgen. "Wenn die Stahlindustrie abwandert nach
China und da den Stahl produziert, ist dem Weltklima nicht gedient.
Ein Stahlwerk in Duisburg ist ein Beitrag zum Weltklima", sagte
Laschet.
Armin Laschet während der Debatte.Bild: dpa / Michael Kappeler
Röttgen plädierte für einen ambitionierteren Kurs. "Wenn wir in dem
Denken bleiben, werden wir den Klimaschutz nicht erreichen, den
Klimawandel nicht stoppen, und wir werden die Zukunft der Industrie
und der Wirtschaft aushöhlen."
Alle drei Kandidaten setzten sich bei der Klimapolitik von den Grünen
ab. "Wir sind grundsätzlich eher auf der freiheitlichen Seite
unterwegs und sind nicht der Meinung, dass wir die Menschen - weder
in der Landwirtschaft noch auf der Verbraucherseite - ständig
bevormunden und regulieren müssen", sagte Merz. Laschet vermisste bei
den Grünen "das Gespür für die soziale Frage und das Gespür für das
Industrieland Deutschland". Röttgen sagte, das Alleinstellungsmerkmal
der CDU müsse es sein, klimapolitische Glaubwürdigkeit zu verbinden
mit "marktwirtschaftlicher Kompetenz und Technologieoffenheit".
Spahn weist Berichte über eigene Kanzler-Ambitionen zurück
Es wird erwartet, dass unmittelbar nach der Wahl des neuen
Parteichefs die Debatte über die Kanzlerkandidatur der Union nochmals
deutlich Fahrt aufnehmen wird. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn,
der Laschet unterstützt, wies Berichte zurück, nach denen er Chancen
auf eine eigene Kanzlerkandidatur sondiert habe: "Nein, das stimmt
nicht", ließ er laut "Bild"-Zeitung erklären. Der "Spiegel" zitierte
einen Sprecher des Gesundheitsministeriums mit den Worten: "Der
Minister tauscht sich ständig mit Parteimitgliedern aus. Dabei geht
es selbstverständlich auch um die Stimmung vor dem Parteitag, die
Unterstützung für das Team mit Armin Laschet und die beste
Aufstellung von CDU und CSU für das Wahljahr."
Will Jens Spahn lieber selbst Kanzler werden?Bild: imago images / Thomas Trutschel/photothek.de
"Bild" und "Spiegel" hatten zuvor berichtet, das Spahn in den
vergangenen Wochen mit verschiedenen einflussreichen CDU-Politikern
immer wieder seine künftige Rolle diskutiert habe. Die "Bild"-Zeitung
zitierte einen namentlich nicht genannten Vorsitzenden einer
CDU-Landtagsfraktion mit den Worten: "Jens Spahn hat mir gegenüber
klargemacht, dass er für eine Kanzlerkandidatur offen ist, wenn seine
Umfragewerte im März wesentlich besser sind als die von Laschet."
Kramp-Karrenbauer wollte sich nicht auf die Parteichefs von CDU und
CSU als mögliche Kanzlerkandidaten festlegen. "Möglich ist alles. Es
bleibt klug, sich die Situation im Frühjahr genau anzuschauen", sagte
sie der "Saarbrücker Zeitung". Der Gewinner bei der Wahl zum
CDU-Vorsitzenden sei sicher ein potenzieller Kandidat. "Ob der neue
Parteivorsitzende in Rücksprache mit der Partei die Option dann für
sich zieht oder ob er zu anderen Entscheidungen gelangt, werden wir
sehen."
Frauen-Union ist gegen Merz, Vorteile für Laschet
In der vierstündigen Runde der Spitze der Frauen Union gab es zwölf
Wortmeldungen für Laschet und zehn für Röttgen, wie die Deutsche
Presse-Agentur von Teilnehmerinnen erfuhr. Für Merz haben sich
demnach zwei bis drei Vorstandsmitglieder positioniert. Formell
abgestimmt wurde in der Runde nicht. Das Stimmungsbild ist nicht ganz
unwichtig für die Entscheidung beim Parteitag. Rund 300 der 1001
Delegierten sind Frauen.
Die Vorsitzende der Vereinigung, Annette Widmann-Mauz, sagte dem
"Spiegel": "Wir brauchen jetzt einen starken Zusammenhalt, damit die
CDU weiter die führende Partei in der Mitte der Gesellschaft bleibt."
Deshalb habe die Frauen Union eine klare Präferenz für Laschet und
Röttgen. Diese hätten "durch ihre politische Erfahrung, ihren
modernen Politikstil und zukunftsweisende Inhalte die Fähigkeiten,
die CDU gut in die Zukunft zu führen".
Die frühere Bundestagspräsidentin Süssmuth legte sich mit einer
ähnlichen Argumentation für Laschet fest. "Erstens fällt mir immer
wieder auf, wie wichtig ihm der Zusammenhalt der Menschen ist. Es
geht ihm um Mitbürgerlichkeit - den anderen genauso als Bürger und
Bürgerin zu sehen wie sich selbst", sagte sie der dpa. "Da ist
zweitens seine Fähigkeit, seinen Blick auf Andersdenkende oder
Andershandelnde einfach mal zu korrigieren", fügte Süssmuth hinzu.
"Und die dritte Eigenschaft, die mir ganz wichtig ist: Sich immer neu
zu fragen: Kann ich meine Position halten, muss ich sie korrigieren?
Ich mag an ihm diese abwägende Art." Süssmuth betonte zugleich: "Ich
spreche den anderen Bewerbern nicht die Fähigkeit für das Amt ab."
Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erneuerte ihre
Unterstützung für den NRW-Ministerpräsidenten. Laschet könne "die
Strömungen in der CDU meiner Meinung nach am besten zusammenführen",
sagt sie dem "Spiegel". "Er wäre eine gute Wahl."
Auch aus frauenpolitischer Sicht hält Süssmuth Laschet für am besten
geeigneten: "Da weiß ich, wie er denkt und handelt. Schauen Sie sich
sein Kabinett an: Frauen haben immer selbstverständlich zu seiner
Mannschaft gehört." Der künftige Parteichef muss aus Süssmuths Sicht
die Frauenpolitik endlich voranbringen: "Da erwarte ich nicht nur
klare Worte, sondern Handeln."
(hau/dpa)
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