Eine Woche vor der Klärung der offenen Führungsfrage in der CDU hat sich die Spitze der Frauen Union für Armin Laschet oder Norbert Röttgen als neuen Vorsitzenden ausgesprochen. Ein Stimmungsbild in einer Schaltkonferenz des Bundesvorstands der Frauen Union am Donnerstag ergab dabei einen leichten Vorsprung für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet. Auch die frühere Vorsitzende der Frauen Union, Rita Süssmuth, legte sich in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur auf Laschet fest.
Neben Laschet und dem CDU-Außenpolitiker Röttgen bewirbt sich auch der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz für die Nachfolge der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Entscheidung soll am Samstag kommender Woche beim CDU-Bundesparteitag fallen. Eine Woche zuvor stellten sich am Freitagabend die drei Kandidaten in einem Online-Forum nochmals Fragen von Parteimitgliedern.
Bei der eineinhalbstündigen Live-Debatte am Freitagabend in der Berliner CDU-Zentrale vermieden Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen zwar wie schon bei der ersten von der Partei organisierten Kandidatenrunde Mitte Dezember Konfrontationen.
Allerdings wurden in Teilen unterschiedliche Positionen unter anderem in der Klimapolitik deutlich. So warnte Laschet davor, die deutsche Industrie durch überzogene Klimaschutzmaßnahmen zu ruinieren. Wer Stahl- oder Chemieindustrie im Land halten wolle, müsse für bezahlbaren Strom sorgen. "Wenn die Stahlindustrie abwandert nach China und da den Stahl produziert, ist dem Weltklima nicht gedient. Ein Stahlwerk in Duisburg ist ein Beitrag zum Weltklima", sagte Laschet.
Röttgen plädierte für einen ambitionierteren Kurs. "Wenn wir in dem Denken bleiben, werden wir den Klimaschutz nicht erreichen, den Klimawandel nicht stoppen, und wir werden die Zukunft der Industrie und der Wirtschaft aushöhlen."
Alle drei Kandidaten setzten sich bei der Klimapolitik von den Grünen ab. "Wir sind grundsätzlich eher auf der freiheitlichen Seite unterwegs und sind nicht der Meinung, dass wir die Menschen - weder in der Landwirtschaft noch auf der Verbraucherseite - ständig bevormunden und regulieren müssen", sagte Merz. Laschet vermisste bei den Grünen "das Gespür für die soziale Frage und das Gespür für das Industrieland Deutschland". Röttgen sagte, das Alleinstellungsmerkmal der CDU müsse es sein, klimapolitische Glaubwürdigkeit zu verbinden mit "marktwirtschaftlicher Kompetenz und Technologieoffenheit".
Es wird erwartet, dass unmittelbar nach der Wahl des neuen Parteichefs die Debatte über die Kanzlerkandidatur der Union nochmals deutlich Fahrt aufnehmen wird. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der Laschet unterstützt, wies Berichte zurück, nach denen er Chancen auf eine eigene Kanzlerkandidatur sondiert habe: "Nein, das stimmt nicht", ließ er laut "Bild"-Zeitung erklären. Der "Spiegel" zitierte einen Sprecher des Gesundheitsministeriums mit den Worten: "Der Minister tauscht sich ständig mit Parteimitgliedern aus. Dabei geht es selbstverständlich auch um die Stimmung vor dem Parteitag, die Unterstützung für das Team mit Armin Laschet und die beste Aufstellung von CDU und CSU für das Wahljahr."
"Bild" und "Spiegel" hatten zuvor berichtet, das Spahn in den vergangenen Wochen mit verschiedenen einflussreichen CDU-Politikern immer wieder seine künftige Rolle diskutiert habe. Die "Bild"-Zeitung zitierte einen namentlich nicht genannten Vorsitzenden einer CDU-Landtagsfraktion mit den Worten: "Jens Spahn hat mir gegenüber klargemacht, dass er für eine Kanzlerkandidatur offen ist, wenn seine Umfragewerte im März wesentlich besser sind als die von Laschet."
Kramp-Karrenbauer wollte sich nicht auf die Parteichefs von CDU und CSU als mögliche Kanzlerkandidaten festlegen. "Möglich ist alles. Es bleibt klug, sich die Situation im Frühjahr genau anzuschauen", sagte sie der "Saarbrücker Zeitung". Der Gewinner bei der Wahl zum CDU-Vorsitzenden sei sicher ein potenzieller Kandidat. "Ob der neue Parteivorsitzende in Rücksprache mit der Partei die Option dann für sich zieht oder ob er zu anderen Entscheidungen gelangt, werden wir sehen."
In der vierstündigen Runde der Spitze der Frauen Union gab es zwölf Wortmeldungen für Laschet und zehn für Röttgen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmerinnen erfuhr. Für Merz haben sich demnach zwei bis drei Vorstandsmitglieder positioniert. Formell abgestimmt wurde in der Runde nicht. Das Stimmungsbild ist nicht ganz unwichtig für die Entscheidung beim Parteitag. Rund 300 der 1001 Delegierten sind Frauen.
Die Vorsitzende der Vereinigung, Annette Widmann-Mauz, sagte dem "Spiegel": "Wir brauchen jetzt einen starken Zusammenhalt, damit die CDU weiter die führende Partei in der Mitte der Gesellschaft bleibt." Deshalb habe die Frauen Union eine klare Präferenz für Laschet und Röttgen. Diese hätten "durch ihre politische Erfahrung, ihren modernen Politikstil und zukunftsweisende Inhalte die Fähigkeiten, die CDU gut in die Zukunft zu führen".
Die frühere Bundestagspräsidentin Süssmuth legte sich mit einer ähnlichen Argumentation für Laschet fest. "Erstens fällt mir immer wieder auf, wie wichtig ihm der Zusammenhalt der Menschen ist. Es geht ihm um Mitbürgerlichkeit - den anderen genauso als Bürger und Bürgerin zu sehen wie sich selbst", sagte sie der dpa. "Da ist zweitens seine Fähigkeit, seinen Blick auf Andersdenkende oder Andershandelnde einfach mal zu korrigieren", fügte Süssmuth hinzu. "Und die dritte Eigenschaft, die mir ganz wichtig ist: Sich immer neu zu fragen: Kann ich meine Position halten, muss ich sie korrigieren? Ich mag an ihm diese abwägende Art." Süssmuth betonte zugleich: "Ich spreche den anderen Bewerbern nicht die Fähigkeit für das Amt ab."
Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erneuerte ihre Unterstützung für den NRW-Ministerpräsidenten. Laschet könne "die Strömungen in der CDU meiner Meinung nach am besten zusammenführen", sagt sie dem "Spiegel". "Er wäre eine gute Wahl."
Auch aus frauenpolitischer Sicht hält Süssmuth Laschet für am besten geeigneten: "Da weiß ich, wie er denkt und handelt. Schauen Sie sich sein Kabinett an: Frauen haben immer selbstverständlich zu seiner Mannschaft gehört." Der künftige Parteichef muss aus Süssmuths Sicht die Frauenpolitik endlich voranbringen: "Da erwarte ich nicht nur klare Worte, sondern Handeln."
(hau/dpa)