Seit einem Monat herrscht in der Ukraine Krieg. Millionen von Menschen sind auf der Flucht. Hunderttausende sind in Deutschland angekommen. Sie erwartet hier viel Unterstützung und Hilfsbereitschaft.
Freiwillige verbringen ihre Tage am Berliner Hauptbahnhof – wo weiterhin ein großer Teil der Geflüchteten aus der Ukraine ankommt –, um dort die Unterbringung oder die Weiterreise zu koordinieren.
In der ganzen Republik, in der Stadt wie auf dem Land, tragen Menschen im Kleinen und im Großen dazu bei, dass die Aufnahme der Menschen funktioniert.
Drei von ihnen haben watson erzählt, was sie gerade tun, um zu helfen.
Der 21-jährige Tim Vollert aus Nordrhein-Westfalen ist mit einem Bulli-Konvoi nach Polen an die ukrainische Grenze gefahren. Vollert ist SPD-Politiker und aktiv bei der parteinahen Nachwuchsorganisation Jusos. 2021 trat er als Bundestagskandidat an. Den Einsatz an der ukrainischen Grenze hat das Jugendwerk des Wohlfahrtsverbands AWO organisiert – und das sei auch gut so gewesen, meint Vollert.
Durch die Organisation sei der Konvoi abgesichert gewesen – privat sei es eine Mammutaufgabe, genug Spenden zu generieren, um am Ende nicht wegen Spritkosten oder Hotelübernachtungen draufzuzahlen.
Vollert und die Gruppe um ihn herum haben Schuhe, Medizin, Handschuhe, Babynahrung und Güter für das ukrainische Militär an die Grenze gebracht. Vollert sagt:
Die Stimmung sei niedergeschlagen gewesen, aber noch einigermaßen okay. Ähnlich beschreibt Vollert die Lage in dem Geflüchtetenlager, das er und sein Konvoi ansteuerten, nachdem sie die Spenden abgegeben hatten. Untergebracht worden seien die Menschen dort in einer großen Halle und ein paar Zelten.
Vollert beschreibt die Situation vor Ort so:
Vollert und seine Gruppe hatten die Menschen vor der Rückfahrt nach Deutschland auf Corona getestet. Eine ältere Frau habe wegen eines positiven Tests vor Ort bleiben müssen. Zurück in Deutschland, nach einer zweitägigen Reise, wollten die Freiwilligen die Geflüchteten in eine Erstaufnahmeeinrichtung nach Bochum bringen – diese sei aber so katastrophal überfüllt gewesen, dass sie privat untergebracht werden mussten. Manche seien aber auch unterwegs ausgestiegen, weil sie bei Verwandten oder Freunden in Hannover und Frankfurt unterschlüpfen wollten.
Es sei ein schönes Gefühl, helfen zu können, meint Vollert. Er sei aber auch erleichtert, die AWO im Rücken gehabt zu haben. Und klar sei auch, dass er schon bald den nächsten Hilfskonvoi starten möchte.
Jasmin Weiß ist einer der vielen tausend Menschen in Deutschland, die in diesen Tagen ihren Alltag mit Geflüchteten aus der Ukraine teilen. Die 40-jährige Weiß ist selbstständige Sporttherapeutin in der hessischen Kleinstadt Butzbach. Ihr Mann ist Pastor in Butzbach, das Ehepaar lebt mit ihren Kindern im kirchlichen Gemeindezentrum. Seit Mitte März wohnt unter ihrem Dach auch Familie Koschow aus der Ukraine: Vater, Mutter, drei Söhne.
Die Familie ist in einem Gemeinschaftsraum untergebracht, der seit Beginn der Corona-Pandemie kaum mehr genutzt wird.
Der Vater, erzählt Weiß, habe trotz allgemeiner Wehrpflicht aus der Ukraine ausreisen dürfen, weil er eine doppelte Staatsbürgerschaft besitze. Über die Ankunft der fünfköpfigen Familie in Butzbach sagt sie: "Das Aufeinandertreffen war ganz, ganz herzlich und emotional. Gleichzeitig waren sie einfach total müde."
Warum sie Geflüchteten hilft? Weiß begründet das auch mit ihrem christlichen Glauben. Sie sagt: "Ein Teil davon ist, dass wir Leben teilen und Leid teilen."
Weiß ist seit Jahren in der Flüchtlingshilfe aktiv. In den Jahren nach 2015 habe sie viel Kontakt zu Familien aus Syrien gehabt. Viele der Menschen, die damals in der Region um Butzbach ankamen, seien inzwischen gute Freunde, sagt sie. Wenige Tage, nachdem Wladimir Putin die Invasion der Ukraine befohlen hatte, arbeitete Weiß dabei mit, Hilfsgüter für Menschen aus der Ukraine zu sammeln und weiterzuschicken.
In der Region, erzählt Weiß, seien auch einige Russlanddeutsche besonders aktiv in der Unterstützung geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Sie berichtet von einer russlanddeutschen Familie aus Wetzlar, die eine Familie aus der Ukraine aufgenommen haben. "Da sind viele Tränen geflossen", sagt sie.
Weil Maurice Hossinger die aktuellen Nachrichten und der Krieg in der Ukraine emotional mitnehmen, wollte er etwas tun, um zu helfen. "Das war mir in meiner privilegierten Position einfach wichtig", sagt er. Und so startete er, Spenden zu sammeln, um davon dringend benötigte Nahrung zu kaufen. "Eine solche Spendenaktion habe ich damals auch ins Leben gerufen, als das griechische Geflüchtetenlager Moria brannte", berichtet Hossinger.
Hossinger ist sein ganzes Telefonbuch durchgegangen und hat gefragt, wer etwas beisteuern wolle. Er hat sich durch die Nachbarschaft geklingelt und bei seiner Familie nachgefragt. Manche hätten fünf Euro gegeben, andere bis zu 100 Euro. Insgesamt seien innerhalb einer Woche 1300 Euro zusammengekommen.
Und damit ist Hossinger dann einkaufen gegangen. Dem Rewe hatte er vorher bereits Bescheid gegeben – und der Marktleiter hatte daraufhin ebenfalls Getränke gespendet. "Da waren einige unterwegs, die aus dem gleichen Grund wie ich eingekauft haben. Dieses Gefühl der Gemeinschaft war toll", sagt Hossinger.
Die Lebensmittel, Pampers und Batterien hat Hossinger dann bei der Axa-Versicherung in Köln abgegeben. Dort arbeite ein Freund von ihm, der ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass seine Firma sich darum kümmere, Spenden an die polnisch-ukrainische Grenze zu bringen.
Für 1000 Euro hat Hossinger eingekauft. Den Rest des Geldes, das er vorher gesammelt hat, hat er an das blau-gelbe-Kreuz in Köln und die ARD-Nothilfe gespendet.