Bild: ©UK Parliament /Jessica Taylor
EU
Zwei Monate vor dem Brexit ist das Risiko
eines ungeordneten EU-Austritts Großbritanniens gestiegen. Zwar
einigte sich das britische Parlament am Dienstagabend auf die
Forderung, den Austrittsvertrag mit der Europäischen Union
nachzuverhandeln und so möglicherweise einer Mehrheit doch noch den
Weg zu bahnen. Von der EU kam jedoch eine prompte Absage an
Vertragsänderungen. Dafür stellten die 27 bleibenden Länder eine
Verschiebung des Brexit-Datums 29. März in Aussicht - was aber in
London keine Mehrheit fand.
- Das britische Unterhaus hatte sich in einer ganzen Serie von Abstimmungen mit jeweils knapper Mehrheit nur auf zwei Positionen einigen können: Es soll keinen ungeregelten Austritt geben - was aber nicht mehr als eine Willensbekundung war.
- Und Premierministerin Theresa May soll in Brüssel abermals über die von der EU verlangte Garantie einer offenen Grenze in Irland im Brexit-Deal verhandeln - mit dem Ziel, diesen sogenannten Backstop zu streichen und zu ersetzen.
- Genau dafür hatte sich May am Dienstag eingesetzt, so dass sie das Ergebnis als Erfolg verbuchen konnte.
- Die EU bekräftigte aber nur Minuten nach dem Londoner Votum am Dienstagabend ihre bisherige Haltung: Nachverhandlungen seien ausgeschlossen, insbesondere über die irische Frage.
May sagte nach der Abstimmung:
"Es ist jetzt klar, dass es einen Weg zu einer tragfähigen und nachhaltigen Mehrheit dafür gibt, die EU mit einem Deal zu verlassen."
Britische Premierminister Theresa May
Mit den Nachverhandlungen will sie den Widerstand einiger
Konservativer Abgeordneter und der nordirischen DUP überwinden, die
sie letztlich für eine Mehrheit zur Ratifizierung ihres mit der EU
ausgehandelten Abkommens braucht. Bei einer ersten Abstimmung Mitte
Januar war es vom Unterhaus mit überwältigender Mehrheit abgelehnt
worden. Nun sollen genügend Abgeordnete umgestimmt werden.
EU-Ratschef
Donald Tusk erklärte über einen Sprecher: "Das Austrittsabkommen ist
und bleibt der beste und der einzige Weg, einen geordneten Austritt
des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union
sicherzustellen. Der Backstop ist Teil des Austrittsabkommens, und
das Austrittsabkommen ist nicht für Nachverhandlungen offen."
Das habe der EU-Gipfel im Dezember sehr klar beschlossen. Und diese
Position sei jetzt noch einmal mit den 27 bleibenden Ländern
abgestimmt worden, erklärte Tusks Sprecher.
Worum geht es bei der Nordirland-Frage?
Der Backstop soll ausschließen, dass es an der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland Schlagbäume und Kontrollen gibt. Die EU besteht darauf, weil eine Teilung der irischen Insel ein Wiederaufflammen der Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion provozieren könnte. Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange in der Zollunion mit der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden ist, außerdem sollen in Nordirland weiter einige Binnenmarktregeln gelten. Kritiker fürchten, diese Klausel könne Großbritannien dauerhaft an die EU binden. Die DUP lehnt jeglichen Sonderstatus für Nordirland ab.
Hier alles noch mal einfach erklärt:
Ein vorläufiger Ausweg könnte eine Verschiebung des Brexit-Datums 29.
März sein - um einen ungeordneten Brexit mit dramatischen Folgen für
die Wirtschaft, Millionen Bürger und Irland zu verhindern. Die EU
zeigte sich dafür ausdrücklich offen. "Sollte es einen begründeten
Antrag für eine Verlängerung geben, wären die EU27 bereit, ihn in
Erwägung zu ziehen und darüber einstimmig zu entscheiden", erklärte
Tusk über seinen Sprecher. Allerdings waren zuvor im Unterhaus gleich
zwei Anträge gescheitert, die die Regierung zu einer Verschiebung des
Brexits drängen oder zwingen wollten.
Ob die EU vielleicht doch noch von ihrer Weigerung gegen
Nachverhandlungen abrücken könnte, ist unklar. Sie steht unter Druck,
weil May wohl tatsächlich bei Änderung des Vertrags die Ratifizierung
garantieren könnte. Die Alternative "No Deal" brächte das EU-Mitglied
Irland in eine extrem schwierige Lage. Befürchtet wird bei einem
Austritt ohne Vertrag eine harte Grenze - also genau das, was der
Backstop verhindern soll.
In dem Bürgerkrieg kämpften pro-irische Katholiken unter Führung der
Untergrundorganisation IRA gegen protestantische, pro-britische
Loyalisten. Im Kern ging es darum, ob der zu Großbritannien gehörende
Nordteil Irlands mit der Republik im Süden vereinigt werden soll. In
dem drei Jahrzehnte dauernden Konflikt, der 1998 mit dem
Karfreitagsabkommen beendet wurde, starben mehr als 3600 Menschen.
(aj/dpa)
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