Die Mehrheit der Menschen in Deutschland spricht mit ihren Lebenspartnern und Bekannten regelmäßig über Politik. Viele Menschen tun das besonders gerne mit Gleichgesinnten. Doch während die meisten Wähler der Unionsparteien CDU und CSU, von SPD, FDP, Grünen sowie Linken auch den Austausch mit Anhängern anderer Parteien pflegen, bleiben Wähler der AfD auffällig häufig unter sich. Das bringt eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hervor, die watson exklusiv vorliegt.
Laut der repräsentativen Umfrage mit dem Titel "Let's Talk About Politics!" stechen AfD-Anhänger unter mehreren Gesichtspunkten hervor:
Zwischen jungen und älteren Menschen gibt es im politischen Kommunikationsverhalten laut dem Leiter der KAS-Studie, Dominik Hirndorf, dagegen kaum relevante Unterschiede – mit zwei Unterschieden:
Grundsätzlich sprechen laut der Studie fast vier Drittel (74 Prozent) der Menschen in Deutschland in der Partnerschaft manchmal oder öfter über Politik. 29 Prozent tun das nur manchmal, 28 Prozent oft, 17 Prozent sogar sehr oft.
Unter den Menschen, die einer der großen Parteien nahestehen, diskutieren jeweils mindestens 46 Prozent häufig oder sehr häufig über Politik. Bei AfD-Wählern sind es sogar 61 Prozent, bei Grünen-Wählern 59, bei Linken-Wählern 54. Der mit 46 Prozent niedrigste Wert ist der unter FDP-Wählern.
Politischer Streit unter Lebenspartnern kommt bei etwa der Hälfte der Anhänger der großen Parteien mit Ausnahme der AfD regelmäßig bis sehr oft vor. Der Anteil schwankt von 59 Prozent bei SPD-Wählern bis 46 Prozent der Linken-Wähler. Dagegen erleben nur 34 Prozent der AfD-Wähler manchmal bis sehr oft Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Partnerschaft. Ähnlich selten passiert den AfD-Wählern das im Austausch mit Bekannten – während deutlich mehr als die Hälfte der Anhänger der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien regelmäßig anderer Meinung sind als Bekannte.
Studienleiter Hirndorf sieht in der Häufigkeit politischer Meinungsverschiedenheiten bei den Anhängern von Union bis Linke ein "überaus positives Signal für die Demokratie". Die Gruppe der AfD-Wähler sei dagegen "nicht nur schwer erreichbar, sondern auch wenig gesprächsbereit in einem offenen Diskurs über politische Streitlinien hinweg".
Eine weitere Kernaussage der KAS-Studie: Je häufiger Menschen mit dem eigenen Partner über Politik sprechen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie wählen gehen. Laut der Studie beteiligen sich 93 Prozent der Menschen, die sehr oft oder oft über Politik sprechen, an Wahlen. Bei denen, die nie über Politik reden, sind es nur 44 Prozent.
Die Hälfte der Menschen in Deutschland liest online politische Inhalte. Junge Menschen tun das häufiger als ältere, Menschen mit höherem formalen Bildungsgrad öfter als jene mit niedrigerem. Beides ist wenig überraschend.
Spannender ist dagegen, wie sich die Anhänger unterschiedlicher politischer Parteien in sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Instagram verhalten. Unter den Menschen, die online politische Inhalte lesen, nutzen interaktive Social-Media-Funktionen wie Liken, Teilen und Kommentieren 53 Prozent der AfD-Wähler. Unter den Linken-Wählern sind es 51 Prozent. Bei den Anhängern der Unionsparteien sind es dagegen nur 18, bei FDP-Wählern nur 17 Prozent. 36 Prozent der AfD- und 32 Prozent der Linken-Wähler kommentieren Beiträge, während das nur sieben Prozent der Unionswähler und vier Prozent der FDP-Wähler tun.
Nach Angabe des Studienleiters Hirndorf hat das Meinungsforschungsinstitut Emnid Kantar Deutschland insgesamt von September bis November 2019 insgesamt 4022 telefonische Interviews durchgeführt, über Mobilfunk wie über Festnetz. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren.
Die Studie im Volltext könnt ihr unter diesem Link finden.