Friedrich Merz freut sich über die Einigung beim Bürgergeld.Bild: dpa / Michael Kappeler
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Erst hatten unionsgeführte Länder das Bürgergeld im Bundesrat blockiert, jetzt geht es offenbar doch: Nach tagelangem Ringen haben die Ampel und die CDU/CSU den Weg für das geplante Bürgergeld freigemacht. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse.
Doch nicht alle sind glücklich damit, dass sich die Union offenbar in bestimmten Streitfragen durchsetzen konnte.
Die Initiative #IchBinArmutsbetroffen organisiert Proteste, um auf die Situation der Menschen aufmerksam zu machen.Bild: dpa / Paul Zinken
Susanne Hansen, Sprecherin der Initiative #IchBinArmutsbetroffen machte ihrem Ärger gegenüber watson Luft.
"Die Bürgergelddebatte macht mich tatsächlich wütend", schreibt Hansen auf Anfrage von watson. "Es ist unfassbar, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Union bewusst Falschinformationen verbreitet und Stimmung macht." Auch ärgert sich Hansen darüber, dass die Debatte "hinter verschlossenen Türen" stattgefunden habe und die Union offenbar mit ihrem Standpunkt zu Sanktionen gegen Bürgergeld-Empfänger:innen durchsetzen konnte. Die Ampel-Koalition sei eingeknickt, meint die 54-Jährige.
Bürgergeld: CDU will Gesetz nun zustimmen
Die Union hingegen ist happy. Nach dem Kompromiss mit der Ampel-Koalition halten CDU und CSU das Gesetz jetzt für akzeptabel. Zu seiner Überraschung sei die Ampel-Koalition sehr weitgehend bereit gewesen, Kompromisse zu machen, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Dienstag in Berlin. "Damit ist das Gesetz, so wie es jetzt in dieser Form vorliegt, aus unserer Sicht zustimmungsfähig." Dies werde er, wenn der Vermittlungsausschuss dem Gesetz so zustimmen werde, auch der Unionsfraktion vorschlagen.
CDU-Verhandlungsführer Hermann Gröhe freut sich, dass man der Ampel einen Strich durch die Rechnung machen konnte.Bild: dpa / Michael Kappeler
"Dieses Gesetz wird weiter den Namen Bürgergeldgesetz tragen. Aber es wird nicht mehr dem Inhalt nach das Bürgergeld sein, das die Koalition ursprünglich geplant hat", meinte Merz weiter.
Er verwies darauf, dass die vorgesehene Vertrauenszeit, in der es keine Sanktionen geben sollte, komplett gestrichen worden sei. Verweigere ein Leistungsbezieher die Mitwirkung, werde es vom ersten Tag an Sanktionen geben. Die Leistungen würden im ersten Monat um zehn Prozent gekürzt, im zweiten Monat um weitere zehn Prozent und ab dem dritten Monat der Mitwirkungsverweigerung um 30 Prozent.
Unions-Verhandlungsführer Hermann Gröhe (CDU) betonte: "Der von der Ampel – in Sonderheit von SPD und Grünen – gewünschte Systemwechsel findet nicht statt."
Kai Whittaker sitzt für die CDU im Ausschuss für Arbeit und Soziales.Bild: imago images/ Christian Spicker
"Das ist unfassbar", findet die Sprecherin der Initiative #IchBinArmutsbetroffen, Susanne Hansen. Sie zitiert zudem den Unionspolitiker Kai Whittaker, der in der vergangenen Woche in der "Phoenix Runde" zu Gast war. Dort sagte er:
"Worum es uns oft geht, sind die drei von 100 Leuten, die sanktioniert werden, und da wollen wir schlicht und ergreifend, dass diese drei Leute es nicht in Zukunft einfacher haben, wenn sie gegen Regeln verstoßen und davon kommen, während sich 97 Prozent ganz korrekt verhalten."
Für Hansen, die selbst armutsbetroffen ist, handelt die Union populistisch. Und sie sagt: "Ich frage mich ehrlich besorgt, welches Ziel die CDU mit dieser populistischen Politik verfolgt." Sie ist der Auffassung, die CDU verbreite bewusst Fake News, "um Arme gegen Ärmste auszuspielen und Missgunst zu säen".
"Wenn wir uns bekämpfen, verbünden wir uns nicht und begehren nicht auf!"
Susanne Hansen, Sprecherin der Initiative #IchBindArmutsbetroffen
Denn:
"Wenn wir uns bekämpfen, verbünden wir uns nicht und begehren nicht auf! Das scheint das Ziel der Politiker:innen zu sein, deren christdemokratischen Parteien in den vergangenen Jahren besonders häufig mit Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht und mit dem Verdacht, sich zu bereichern, konfrontiert wurden."
Die aktuelle Situation armutsbetroffener Menschen sei die Folge von 16 Jahren christdemokratischer Politik im Bund – unterstützt von der SPD, meint Hansen weiter. "Sie ist politisch gewollt! Dies zu verschleiern, ist verwerflich!"
(Mit Material von dpa)
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