Im US-Kongress tobt ein Streit über Finanzhilfen für die Post. Der Zwist hängt direkt mit der Präsidentschaftswahl zusammen. Präsident Donald Trump sagte dem Sender Fox am Mittwoch, seine Republikaner hätten die Forderung der Demokraten nach zusätzlichem Geld für die Post zurückgewiesen. Die Demokraten werfen Trump vor, gezielt darauf zu setzen, dass der ohnehin schlecht aufgestellte Staatsbetrieb bei dem erwarteten Briefwahl-Ansturm für die Wahl im November große Probleme bekommt.
Die Briefwahl ist in diesem Jahr besonders wichtig, weil viele US-Bürger angesichts der Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus langen Schlangen vor den Wahllokalen aus dem Weg gehen wollen. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass etwa die Hälfte aller US-Wähler ihre Stimmzettel per Post abgeben könnten.
Trump hat wiederholt erklärt, er sehe in der Briefwahl eine Möglichkeit für Wahlbetrug, ohne dies näher zu erläutern. Seine Gegner werfen ihm vor, damit eine Anfechtung des Wahlergebnisses nach einer möglichen Niederlage vorzubereiten. In Umfragen liegt Trump hinter seinem Herausforderer Joe Biden. Viele Demokraten befürworten dagegen eine Ausweitung der Briefwahl, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden. Sie machen zudem geltend, dass Afroamerikaner und ärmere Bürger stärker von der Epidemie betroffen sind – Gruppen, die traditionell eher für Demokraten stimmen.
Laut Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln, steckt hinter Trumps Vorgehen eine klare Strategie. Zu watson sagt Jäger, der im Mai ernannte Chef der US-Post, Louis DeJoy, stehe vor der Aufgabe, die defizitär arbeitende Post zu restrukturieren.
Das falle zusammen mit einer Zeit besonderer Herausforderungen für die Post: Erstens hätten während der Corona-Epidemie die Online-Einkäufe zugenommen. Und zweitens würden für die Wahlen im November bis zu 100 Millionen Briefwähler erwartet. Deshalb sei die Kostensenkung durch Überstundenverbot einerseits wirtschaftlich als Unternehmenspolitik zu betrachten – und andererseits politisch als Versuch des Präsidenten, über seinen Chef der Bundespost die Wahlbeteiligung zu hintertreiben.
Die US-amerikanische Post USPS (United States Postal Service) und ihre Infrastruktur seien für die Durchführung der Briefwahl sehr wichtig, so Jäger weiter. "Mit über 30.000 Stationen und fast 550.000 Mitarbeitern hat die US-Post ein Netz, das in kurzer Frist niemand ersetzen kann." Dazu sei sie in der Verteilung von Briefen führend. "Es ist unrealistisch, dass die Verteilung der Briefwahlunterlagen jetzt kurzfristig anders organisiert werden könnte. Entweder die US-Post bewältigt dies oder sie ist der Ausgangspunkt für harsche Auseinandersetzungen."
Die Zeit arbeite für Trump, erklärt Jäger. "Denn schon in vier Wochen beginnen die vorzeitigen Wahlen in einigen Bundesstaaten. Je länger sich die Suche nach einer Einigung hinzieht, desto eher mag ihm das nutzen." Doch Trumps Gedanken gehen laut Jäger vermutlich noch weiter:
(om/mit Material von reuters)