Über die Frage der finanziellen Unterstützung für Studenten in der Corona-Krise ist ein Streit in der großen Koalition entbrannt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kritisiert den Vorschlag der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), den Betroffenen zinslose Darlehen anzubieten, gegenüber watson scharf.
"Frau Karliczek beweist mal wieder kein bis gar kein Gespür. Ihr Vorschlag, Studierenden während der Corona-Krise zinslose Kredite zu gewähren, geht meilenweit an der Realität vorbei", sagte Klingbeil zu watson.
Es geht konkret um Studenten, die keinen Anspruch auf Bafög und zugleich wegen der Corona-Krise ihren Job verloren haben, sodass sie nun in finanziellen Nöten sind. Nach Karliczeks Vorstellung sollen diese ein zinsloses Darlehen beantragen können. An dieser Lösung arbeite sie "mit Hochdruck", schrieb Karliczek am Freitag an die Kultusministerkonferenz (KMK).
Klingbeil kritisiert: "Woher sollen Studenten denn bitte das Geld nehmen, ein solches Darlehen nach der Krise zurückzuzahlen, wenn gerade jetzt reihenweise die Nebenjobs wegbrechen? Das ginge nur mit doppelter Arbeit neben dem Studium und das kann ja wohl kein seriöser Vorschlag einer Bildungsministerin sein."
Stattdessen bräuchten die jungen Leute jetzt schnelle, unbürokratische Hilfen, um ohne Nebeneinkünfte über die Krisenmonate zu kommen. "Deshalb muss das BAföG jetzt vorübergehend für alle Studierenden geöffnet werden, die durch die Krise unverschuldet in Not geraten", fordert Klingbeil.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung will sich zu einzelnen Äußerungen von Politikern nicht äußern, verteidigt gegenüber watson jedoch die Pläne.
Ein Sprecher des Ministeriums teilt mit: "Studierende, die aufgrund der Corona-Pandemie durch einen Jobverlust in finanzielle Engpässe geraten, brauchen in der gegenwärtigen Ausnahmesituation eine unbürokratische, schnelle und wirksame Unterstützung. Dafür ist ein zinsloses Darlehen als Überbrückungshilfe vorgesehen. Die Gespräche und organisatorischen Vorbereitungen zu diesem Thema laufen aktuell unter Hochdruck."
SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Montag, die Sozialdemokraten seien "erstaunt" darüber, mit welchem "Beharrungsvermögen" sich die Ministerin dagegen stemme, Studenten "wirkliche und unbürokratische Hilfen zu gewähren". Die bisherigen Vorschläge der Ministerin reichten nicht aus.
Die Studenten bräuchten "richtige Hilfe" und nicht nur einen Kredit, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Oliver Kaczmarek, den Zeitungen. Anderen Gruppen wie Soloselbstständigen, Mittelständlern und Unternehmern würden in der Krise Zuschüsse gewährt. Er sehe keinen Grund, "warum wir ausgerechnet den Studierenden allein Kredite anbieten sollten", sagte Kaczmarek. Er forderte, für die Betroffenen kurzzeitig das Bafög zu öffnen.
Karliczek hatte einen solchen Schritt in dem Brief an die KMK als "nicht zielführend" abgelehnt. Zum einen solle das Bafög "nicht als reiner Zuschuss missverstanden werden". Zum anderen würde ein solches Vorgehen "ein entsprechendes parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren nach sich ziehen", was zu lange dauere.
Unterstützung für die Forderung der SPD kam hingegen vom Deutschen Studentenwerk (DSW). Wenn Studenten ohne Bafög - wie von Karliczek angestrebt - einen Kredit aufnehmen müssten, würden sie "doppelt bestraft", sagte DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde den RND-Zeitungen. "Sie haben jetzt ihren Job verloren und müssen hinterher noch mehr arbeiten, um den Kredit abzuzahlen." Stattdessen solle für die Betroffenen das Bafög vorübergehend geöffnet werden.
(hau/mit Material von afp)