Politik
Exklusiv

Politikwissenschaftler über die CDU-Kandidaten: "Merz spielt ein cleveres Spiel"

Friedrich Merz möchte im Dezember gerne CDU-Vorsitzender und damit auch Kanzlerkandidat werden.
Friedrich Merz möchte im Dezember gerne CDU-Vorsitzender und damit auch Kanzlerkandidat werden.Bild: reuters / Christian Mang
Exklusiv

Politikwissenschaftler über die CDU-Kandidaten: "Merz spielt ein cleveres Spiel"

04.07.2020, 19:1705.07.2020, 15:54
Mehr «Politik»

Anfang Dezember will die CDU einen neuen Parteivorsitzenden wählen. Im Rennen sind bisher drei Kandidaten: der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, Außenpolitiker Norbert Röttgen und Friedrich Merz.

Es geht nicht nur um den Vorsitz, sondern höchstwahrscheinlich auch um die Kanzlerkandidatur. Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat jedenfalls deutlich gemacht, dass ihr Nachfolger Anspruch auf genau diesen Posten erheben sollte. Allerdings gibt es ja auch noch Markus Söder.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef ist zwar kein Kandidat für den CDU-Vorsitz, wohl aber für das Bundeskanzleramt. Er hält sich öffentlich zwar bisher zurück. Seine Umfragewerte sind allerdings deutlich besser als die aller anderen möglichen Kandidaten.

In der Corona-Krise stand neben Söder besonders ein Kandidat immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit: Armin Laschet. Seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung sind allerdings besonders nach mehreren Corona-Ausbrüchen in seinem Bundesland im freien Fall. Dafür hat sich Friedrich Merz gerade in Stellung gebracht: In einem Interview mit dem "Spiegel" plädiert er für ein schwarz-grünes Bündnis nach der nächsten Bundestagswahl. Es ist eine neue Strategie des CDU-Politikers, dem man bisher die geringste Nähe aller Kandidaten zu den Grünen nachgesagt hätte.

Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer erklärt im Gespräch mit watson, warum Merz plötzlich seine Strategie ändert und ergrünt, welcher Kandidat die besten Aussichten auf den CDU-Vorsitz hat und in welcher Konstellation die CDU nach der nächsten Wahl wahrscheinlich regieren wird.

watson: Wie beurteilen Sie das neue grüne Image, das sich Friedrich Merz gerade verpassen will?

Oskar Niedermayer: Ich denke, man muss da verschiedene Dimensionen unterscheiden. Das eine ist die strategische Dimension: Merz braucht wieder etwas, mit dem er sich stärker ins Gespräch bringt für seine Ambitionen auf den CDU-Vorsitz. Es war ja in den vergangenen Monaten schwierig für ihn, noch wahrgenommen zu werden. Also muss er ein Thema finden, mit dem er wieder wahrgenommen wird. Und dass das die Ökologie ist, die ja vor der Corona-Krise das beherrschende Thema war, ist nicht verkehrt. Insofern denke ich, dass es strategisch Sinn gemacht hat, sich mit diesem Thema wieder ins Gespräch zu bringen.

"Merz braucht wieder was, mit dem er sich stärker ins Gespräch bringt für seine Ambitionen auf den CDU-Parteivorsitz."

Was ist die andere Dimension?

Ob Friedrich Merz damit ergrünt ist, ist eine inhaltliche und ganz andere Frage. Das würde ich jetzt so nicht sehen aus den wenigen Äußerungen, die er gemacht hat. Was klar ist: Er hat erkannt, dass die CDU das Thema Ökologie nicht den Grünen überlassen kann. Die Grünen sind in den Augen der Bevölkerung die Partei, die in diesem Bereich eine hohe Kompetenz hat. Wenn das Thema für die Leute nach Corona wieder deutlich wichtiger wird, dann macht es schon Sinn, der Union in den Augen der Leute da mehr Kompetenz zuzuweisen.

Ist das aber auch glaubwürdig?

Man hat gemerkt, dass Merz sich durchaus in die Materie eingearbeitet hat. Er weiß, wovon er spricht und es sind ihm keine gravierenden Fehler unterlaufen. Es ist für ihn wichtig, sich als Kandidat um den Parteivorsitz bei diesem zentralen Thema gut aufzustellen.

"Dass die Union sich in einer Koalition mit den Grünen nicht mehr profilieren könnte – so sehr ist Merz dann doch nicht ergrünt."

Kann er sich damit abgrenzen, zum Beispiel von Armin Laschet?

Es ist ja klar, dass jeder, der Vorsitzender werden will, sich Kompetenz in diesen Dingen aneignen muss. Das Thema kann er nicht Laschet überlassen. Merz kann da mit Laschet mithalten, was die Expertise angeht. Eine andere Frage ist, ob man sich mit diesem Thema in den kommenden Wochen und Monaten abgrenzen kann von den anderen Kandidaten. Das wird gar nicht in dem Maße notwendig sein, weil in den nächsten Monaten immer noch das Thema Corona im Vordergrund stehen wird.

Schadet sich Merz so nicht bei seinen eigenen Anhängern, die vermutlich nicht durchweg die größten Grünen-Fans sind?

Merz hat ja auch deutlich gemacht, dass Ökologie im Einklang mit der Ökonomie gesehen werden muss und dass man die unterschiedlichsten Interessen beachten muss. Damit stellt er sich auch gegen die ökologischen Aktivisten und auch einige bei den Grünen, die ökologische Interessen einsam an die Spitze stellen wollen. Dass die Union sich in einer Koalition mit den Grünen nicht mehr profilieren könnte – so sehr ist Merz dann doch nicht ergrünt. Sondern er hat ja sehr deutlich gemacht, dass er sich zutraut, die Sichtweise der Union in einer solchen Konstellation sichtbar zu machen.

"Merz spielt ein cleveres Spiel. Er ist insofern Realist, dass er erkannt hat, dass eine wirkliche Machtoption für die Union nur in Schwarz-Grün besteht."

Also geht es ihm vor allem um strategische Fragen?

Merz spielt ein cleveres Spiel. Er ist insofern Realist, dass er erkannt hat, dass eine wirkliche Machtoption für die Union – wenn sich da nichts Dramatisches tut – nur in Schwarz-Grün besteht. Die FDP ist zu schwach für Schwarz-Gelb, selbst wenn die Union in der Stärke bleiben würde, die sie jetzt hat. Was ich sowieso nicht glaube, denn die Umfragewerte haben natürlich viel mit der gegenwärtigen Krise zu tun, das ist ganz klar. Die FDP ist zu klein, mit der AfD geht es nicht und die SPD will nicht.

Bei der SPD könnte sich das aber noch ändern. In den aktuellen Umfragen reicht es für Union und SPD.

Ja, klar. Ausschließen kann man nichts. Aber ich glaube, wenn man sich schon dazu durchringen wird, Scholz zum Kanzlerkandidaten zu machen, wäre es für viele vom linken Flügel dann doch zu viel des Guten, wieder eine Große Koalition zu machen.

Mit der AfD sehen Sie gar keine Möglichkeit?

Nein. Das ist ausgeschlossen. Selbst wenn es eine Spaltung gäbe und Meuthen mit seinen Leuten so etwas wie eine bundesweite CSU machen würden, hätte diese Rumpfpartei keine Stärke mehr. Denn die AfD zieht ihre Stärke immer noch daraus, die Leute von nationalkonservativ bis rechtsextrem einzusammeln. Und selbst wenn eine Rumpf-AfD über fünf Prozent käme, ist nicht klar, dass die CDU gleich zu einer Koalition bereit wäre. Was in ferner Zukunft ist, weiß man nie, aber für diese Bundestagswahl schließe ich das aus.

"Man darf nicht vergessen: Selbst wenn die Bevölkerung Laschet nicht gut bewertet und ihm nur bedingt Kanzlerfähigkeit zuspricht – es ist ja nicht die Bevölkerung, die ihn wählt."

Wie schätzen Sie Merz' Chancen auf den Parteivorsitz ein? Armin Laschet beispielsweise hat sehr stark an Zustimmung verloren.

Das kommt auch darauf an, wie es am Jahresende aussieht. Wenn es eine große zweite Corona-Welle gibt und die Diskussion in die Richtung geht, dass es diese wegen zu früh durchgeführter Lockerungen gegeben hat, dann hat Laschet ein ganz großes Problem, und zwar noch mehr, als er es jetzt schon hat. Wenn die Welle dagegen ausbleibt und man die Sache in den Griff bekommt, sieht es anders aus.

Laschets Umfragewerte sind aber jetzt schon schlecht.

Man darf nicht vergessen: Selbst wenn die Bevölkerung Laschet nicht gut bewertet und ihm nur bedingt Kanzlerfähigkeit zuspricht – es ist ja nicht die Bevölkerung, die ihn zum Parteichef wählt, sondern es ist ein CDU-Parteitag. Und dort sind seine Fußtruppen als NRW-Ministerpräsident nicht zu unterschätzen. Es ist ja der mit Abstand größte Landesverband. So ein Backing hat Merz eben nicht in der Partei.

Was müsste Merz dann tun?

Er müsste alles darauf setzen, die Delegierten auf dem Parteitag mit einer fulminanten Rede zu überzeugen, was im Dezember 2018, als Merz gegen Kramp-Karrenbauer unterlegen ist, schon einmal schiefgegangen ist bei ihm. In den Umfragen sind Merz' Chancen besser als die von Laschet. An Söder reichen sie nicht ran, das sagen auch alle Umfragen. Immerhin CDU-intern scheint Merz die besseren Karten bei den Wählern zu haben. Aber wie gesagt: Auf die Bevölkerung kommt es eben nicht an.

"Klar glaubt Söder, er sei ein durchaus geeigneter Kandidat, das darf man ihm unterstellen."

Söder will ja offiziell gar nicht. Oder ist vorstellbar, dass er sich doch noch umentscheidet?

Ich denke nicht, dass Söder Anspruch auf die Kanzlerkandidatur erheben wird. Auch wenn seine Umfragewerte gut sind, weiß er, wie schwierig es für Leute außerhalb Bayerns ist, einen Bayern als Kanzler zu akzeptieren. Er muss sich auch überlegen, er ist in Bayern auf vollkommen sicherem Terrain und braucht da gar nichts zu befürchten.

Die Machtoption würde ihn nicht reizen? Das ist bei einem machtbewussten Politiker wie Söder doch kaum vorstellbar.

Als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident hat er genug Einfluss auf die Bundespolitik. Ob er all das aufgeben sollte für eine sehr unsichere Kanzlerkandidatur? Denn erstens können die guten Werte der Union wieder runtergehen und zweitens ist viel davon natürlich auch auf Merkel zurückzuführen. Außerdem wird vermutlich Scholz SPD-Kanzlerkandidat. Er ist ähnlich beliebt wie Söder und wäre also ein durchaus ernstzunehmender Gegner für ihn. Da bin ich mir nicht sicher, ob er das so toll finden würde. Klar glaubt Söder, er sei ein durchaus geeigneter Kandidat, das darf man ihm unterstellen. Aber wenn er rational denkt, würde ich sagen: Er verzichtet.

Was ist mit Norbert Röttgen?

Da wird sich nichts mehr tun. Er hat nicht wirklich viele Möglichkeiten, sich da noch ins Spiel zu bringen. Es läuft auf Merz oder Laschet hinaus.

Und Jens Spahn?

Manche haben jetzt schon gesagt, die Gefahr für Laschet bestünde darin, dass Spahn das Tandem vielleicht jetzt aufkündigt und sich selbst zur Wahl stellt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Man weiß, wie Parteitagsdelegierte reagieren, wenn jemand sein Wort bricht. Mit einem gebrochenen Wort in so eine Abstimmung zu gehen, das ist gefährlich. Das weiß Spahn auch, glaube ich. Deswegen würde ich nicht erwarten, dass er jetzt noch eingreift.

Bereut Spahn vielleicht, sich vor Corona festgelegt zu haben?

Kann durchaus sein. Andererseits ist er ja auch noch jung genug, um sich zu sagen: Meine Chance kommt noch.

Melania Trump im Porträt: ihr Vermögen, ihre Herkunft und ihre Größe

Seit 1998 ist Melania Trump die Frau an Donald Trumps Seite. Die beiden lernten sich in einem New Yorker Club kennen, an einem Freitagabend während der Fashion Week, sieben Jahre später heirateten sie. "Ich war von seinem Charme und seiner Gelassenheit fasziniert", schreibt das slowenisch-amerikanische Ex-Model in ihrer Biografie "Melania" über ihren 24 Jahre älteren Mann.

Zur Story