Bei seiner ersten Generaldebatte als neuer Bundeskanzler haben sich Friedrich Merz und die Oppositionsführerin Alice Weidel eine heftige Auseinandersetzung geliefert. Die Fraktionsvorsitzende der AfD trat am Mittwochmorgen als erste ans Rednerpult.
An Merz ließ sie dabei kein gutes Haar: Sie nannte ihn einen "Papierkanzler", einen "Lügenkanzler", warf ihm Wortbruch und Wahlbetrug vor.
Dabei ist bemerkenswert: Weidel selbst wurde in der Vergangenheit mehrfach von Faktencheckern für falsche oder irreführende Aussagen kritisiert – deutlich häufiger als Merz.
Doch dies hält sie nicht davon ab, Merz diesbezüglich anzugehen: "Für die bitter enttäuschten Bürger sind Sie schon jetzt der Lügenkanzler, Herr Merz, dessen gebrochene Wahlversprechen ganze Kataloge füllen."
Sie warf der schwarz-roten Regierung vor, die "Ampel-Politik eins zu eins" fortzusetzen. Den Vorwurf des "Wortbruchs" begründete sie unter anderem damit, dass das Versprechen einer Stromsteuersenkung für alle aus dem Koalitionsvertrag wegen knapper Kassen zunächst nicht umgesetzt wird. "Ihr Wort ist nichts wert, selbst wenn es schwarz auf weiß in ihrem dürftigen Koalitionsvertrag steht", sagte Weidel. Die Regierung beruft sich bei der Entscheidung auf den Finanzierungsvorbehalt im Koalitionsvertrag.
Weidel nannte Merz außerdem einen "Papierkanzler", der sich von der SPD vorführen lasse. Seine Kanzlerschaft gehe "als größter Wahlbetrug in die deutsche Geschichte ein".
Worte, die der Bundeskanzler nicht auf sich sitzen lassen wollte. Direkt zu Beginn seiner Rede wies er die "pauschale und undifferenzierte Herabwürdigung der Arbeit der neuen Bundesregierung mit aller Entschiedenheit" zurück. Weidel warf er vor, eine "rein nationalistische Rede" gehalten zu haben. Der CDU-Chef betonte:
Bevor Merz als zweiter Redner des Tages ans Mikro trat, schaltete sich auch die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ein und mahnte, dass sich die Abgeordneten im Plenum nicht gegenseitig herabwürdigen oder der Lüge bezichtigen dürften.
Es sollte nicht bei der einzigen Bemerkung bleiben.
Auch der Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn, unterbrach kurz seine Rede. Er sprach gerade über die Situation der Menschen in der Corona-Pandemie, wollte auf die Kosten zu sprechen kommen, hielt dann jedoch inne. Offenbar reagierte er damit auf Zwischenrufe der AfD. "Hatten Sie sich nicht eigentlich ein paar neue Regeln gegeben? So viel zu merken ist davon noch nicht", bemerkte Spahn.
Auch hier schaltete sich Klöckner wieder ein, erinnerte Weidel daran, dass die AfD noch Redezeit habe. "Jetzt hat der Redner das Wort", sagte Klöckner und wollte sich nicht auf eine Diskussion mit der AfD-Fraktionsvorsitzenden einlassen.
In einem jüngst von der AfD erstellten Verhaltenskodex heißt es, die Mitglieder seien um ein "gemäßigtes Auftreten im Parlament" bestrebt. Konkrete Auflagen für Reden und Zwischenrufe wurden im Entwurf bisher jedoch nicht festgehalten. Rede und Tonfall von Weidel waren an diesem Montagmorgen dann auch jedenfalls gewohnt heftig.
(Mit Material von dpa)