Die Fußballweltmeisterschaft in Katar ist mehr als umstritten. Da ist die prekäre Menschenrechtslage im Emirat, die nicht vorhandenen Rechte von Frauen sowie der LGBTQI-Community. Da sind die vielen Toten, die der Bau der Stadien und der Infrastruktur im Vorfeld der WM gefordert hat.
Die Kritik an dem Großereignis reißt nicht ab. Wie viele Menschen am Ende die Spiele verfolgen werden, wird sich zeigen. Genauso, wie die weitere Entwicklung im Emirat und bei der Fifa.
Wie bewerten die sportpolitischen Sprecher:innen der Parteien das Großereignis? Watson hat nachgefragt.
Der sportpolitische Sprecher der FDP, Philipp Hartewig, hält die WM-Vergabe an Katar für einen Fehler. Grund für die Einschätzung: die massiven Menschenrechtsverletzungen und das zweifelhafte Vergabeverfahren.
Auf Anfrage von watson erklärt Hartewig:
Für alle politischen Akteure gelte es, den Prozess ganz konkret zu unterstützen und aktiv voranzutreiben.
Trotz der Kritik wolle Hartewig die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft verfolgen. Er begründet das so: "Ich will auch die Unterstützung für die deutsche Nationalmannschaft zum Ausdruck bringen. Ich werde die WM von Deutschland aus als Fußballfan verfolgen."
Mehr als ein Boykott würde andauernde Aufmerksamkeit helfen, meint der FDP-Politiker. Politische Akteure müssten ihre Kritik bei den Verantwortlichen immer wieder anbringen und medial den Finger in die Wunde legen.
Ähnlich bewertet Sabine Poschmann die Situation. Sie ist die sportpolitische Sprecherin der SPD. Auf watson-Anfrage erklärt sie:
Auch die Lage der Rechte von Frauen und Menschen aus der LGBTQ-Community bleibe äußerst problematisch. "Wie nicht zuletzt die unsäglichen und inakzeptablen Äußerungen des WM-Botschafters Khalid Salman zeigen", meint Poschmann.
In Zukunft, stellt die SPD-Politikerin klar, dürften Sportgroßveranstaltungen nicht mehr ohne Berücksichtigung der Menschenrechtslage vergeben werden. Es sei deshalb gut, dass die Fifa ihre Vergabekriterien bereits 2016/17 angepasst habe. "Wir werden die FIFA bei künftigen Vergaben daran messen", kündigt sie an.
Die Ablehnung der WM verdeutlichten viele Fußballfans durch Spruchbandaktionen in den Bundesligastadien. Trotzdem halte es Poschmann für notwendig, dass sich die Politik nicht aus der Verantwortung zieht. Sie sagt:
Ein offizieller politischer Boykott hingegen wäre aus Sicht der Sportpolitikerin kontraproduktiv. Und auch die Frage, ob die WM vor dem heimischen Bildschirm verfolgt würde, müsse jede:r für sich beantworten. Poschmann sagt:
Angesichts der widrigen Umstände habe sie aber für jede:n Verständnis, der oder die Protest durch einen Boykott der TV-Übertragungen ausdrücke.
"Eine Weltmeisterschaft im Winter zu veranstalten und dafür sämtliche Ligen zu unterbrechen, ist für den Fußballsport nicht zielführend", erklärt Tina Winklmann. Sie ist die sportpolitische Sprecherin der Grünen. Was aber trotz aller Kritik an Katar zu erkennen sei: Verbesserungen durch die Aufmerksamkeit. "Diese müssen dann auch nach der WM Bestand haben und ausgebaut werden", erklärt Winklmann.
Was sich verbessern müsste, fasst die Sportpolitikerin zusammen:
Aufgrund ihres Terminkalenders könne die Grünen-Politikerin noch nicht absehen, ob sie die Spiele der WM verfolgen kann. "Ich drücke unseren Jungs aber die Daumen, dass sie bestmöglich abschneiden und unverletzt wieder nachhause kommen", sagt Winklmann. Wie Politiker:innen mit der WM umgingen, sei ihnen selbst überlassen. Winklmann und ihre Fraktion stünden aber an der Seite des Sports und der Menschenrechte. Die Partei habe deshalb 11 Forderungen an die Fifa formuliert – damit Vergaben in Zukunft an Menschenrechte und Nachhaltigkeit geknüpft würden.
Der sportpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, André Hahn, hat sich nach eigenen Angaben bereits mehrfach für den Dialog und gegen einen Boykott ausgesprochen. Hahn erklärt diese Einstellung auf watson-Anfrage so:
Deshalb habe er sich den Boykottaufrufen nicht angeschlossen, obwohl er Verständnis dafür habe. Hahn sagt:
Auch andere Politiker:innen sollten selbst entscheiden können, ob und wie sie die WM verfolgen möchten. Von der Regierung erwarte Hahn, dass die Einhaltung der Menschenrechte nicht nur als nicht verhandelbares Kriterium für den Sport gelten müsse. Sondern auch für die Wirtschaft, den Handel und andere Formen internationaler Zusammenarbeit.
Stephan Mayer, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU hat bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht auf die watson-Anfrage geantwortet.