Die deutsche Fußballnationalmannschaft fliegt mit dem Statement "Diversity Wins" zum Trainingslager in den Oman.Bild: imago images
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Die Fußballweltmeisterschaft in Katar ist mehr als umstritten. Da ist die prekäre Menschenrechtslage im Emirat, die nicht vorhandenen Rechte von Frauen sowie der LGBTQI-Community. Da sind die vielen Toten, die der Bau der Stadien und der Infrastruktur im Vorfeld der WM gefordert hat.
Die Kritik an dem Großereignis reißt nicht ab. Wie viele Menschen am Ende die Spiele verfolgen werden, wird sich zeigen. Genauso, wie die weitere Entwicklung im Emirat und bei der Fifa.
Wie bewerten die sportpolitischen Sprecher:innen der Parteien das Großereignis? Watson hat nachgefragt.
Philipp Hartewig (FDP): Unterstützung der Nationalmannschaft
Der sportpolitische Sprecher der FDP, Philipp Hartewig, hält die WM-Vergabe an Katar für einen Fehler. Grund für die Einschätzung: die massiven Menschenrechtsverletzungen und das zweifelhafte Vergabeverfahren.
Philipp Hartewig ist der sportpolitische Sprecher der Freien Demokraten.Bild: dpa / Robert Michael
Auf Anfrage von watson erklärt Hartewig:
"Eine Vergabe einer Sportgroßveranstaltung zu diesen Bedingungen darf es nie wieder geben. Dies sicherzustellen, liegt vor allem in der Verantwortung der Sportverbände, die ihre Vergabeentscheidung zwingend an die Einhaltung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie Nachhaltigkeit knüpfen müssen."
Für alle politischen Akteure gelte es, den Prozess ganz konkret zu unterstützen und aktiv voranzutreiben.
Trotz der Kritik wolle Hartewig die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft verfolgen. Er begründet das so: "Ich will auch die Unterstützung für die deutsche Nationalmannschaft zum Ausdruck bringen. Ich werde die WM von Deutschland aus als Fußballfan verfolgen."
Mehr als ein Boykott würde andauernde Aufmerksamkeit helfen, meint der FDP-Politiker. Politische Akteure müssten ihre Kritik bei den Verantwortlichen immer wieder anbringen und medial den Finger in die Wunde legen.
Sabine Poschmann (SPD): Kritik sinnvoller als Boykott
Ähnlich bewertet Sabine Poschmann die Situation. Sie ist die sportpolitische Sprecherin der SPD. Auf watson-Anfrage erklärt sie:
"Zwar hat es in Katar mit Blick auf den Schutz von Arbeitnehmerrechten Reformen gegeben, die Umsetzung läuft aber nicht zufriedenstellend und es kommt weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen."
Die sportpolitische Sprecherin der SPD, Sabine Poschmann, wird die WM-Spiele Deutschlands verfolgen.Bild: Andreas Amann
Auch die Lage der Rechte von Frauen und Menschen aus der LGBTQ-Community bleibe äußerst problematisch. "Wie nicht zuletzt die unsäglichen und inakzeptablen Äußerungen des WM-Botschafters Khalid Salman zeigen", meint Poschmann.
In Zukunft, stellt die SPD-Politikerin klar, dürften Sportgroßveranstaltungen nicht mehr ohne Berücksichtigung der Menschenrechtslage vergeben werden. Es sei deshalb gut, dass die Fifa ihre Vergabekriterien bereits 2016/17 angepasst habe. "Wir werden die FIFA bei künftigen Vergaben daran messen", kündigt sie an.
Die Ablehnung der WM verdeutlichten viele Fußballfans durch Spruchbandaktionen in den Bundesligastadien. Trotzdem halte es Poschmann für notwendig, dass sich die Politik nicht aus der Verantwortung zieht. Sie sagt:
"Daher ist es richtig, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits im Vorfeld der WM nach Katar gereist ist und dort die Einhaltung von Menschenrechten und die Umsetzung der Reformen eingefordert hat. Nur wenn unsere Bundesregierung im beharrlichen Dialog bleibt, kann es gelingen, positive Veränderungen in Katar anzustoßen."
Gemeinsam mit dem DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf (l.) war Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in Katar.Bild: dpa / Britta Pedersen
Ein offizieller politischer Boykott hingegen wäre aus Sicht der Sportpolitikerin kontraproduktiv. Und auch die Frage, ob die WM vor dem heimischen Bildschirm verfolgt würde, müsse jede:r für sich beantworten. Poschmann sagt:
"Ich persönlich werde – wenn es die Zeit zulässt – die Spiele des deutschen Teams im Fernsehen verfolgen, denn natürlich drücke ich unserer Mannschaft die Daumen und habe als sportpolitische Sprecherin meiner Fraktion ein Interesse an dem Turnier."
Angesichts der widrigen Umstände habe sie aber für jede:n Verständnis, der oder die Protest durch einen Boykott der TV-Übertragungen ausdrücke.
Tina Winklman (Grüne): Winter-WM nicht zielführend
"Eine Weltmeisterschaft im Winter zu veranstalten und dafür sämtliche Ligen zu unterbrechen, ist für den Fußballsport nicht zielführend", erklärt Tina Winklmann. Sie ist die sportpolitische Sprecherin der Grünen. Was aber trotz aller Kritik an Katar zu erkennen sei: Verbesserungen durch die Aufmerksamkeit. "Diese müssen dann auch nach der WM Bestand haben und ausgebaut werden", erklärt Winklmann.
Was sich verbessern müsste, fasst die Sportpolitikerin zusammen:
- die Situation der Arbeitsmigrant:innen
- die Stärkung von Frauen-, LGBTIQ+- und Menschenrechten
- die Achtung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit
- die Einhaltung von verbindlichen und transparenten Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards bei der Durchführung der Fifa-WM
Aufgrund ihres Terminkalenders könne die Grünen-Politikerin noch nicht absehen, ob sie die Spiele der WM verfolgen kann. "Ich drücke unseren Jungs aber die Daumen, dass sie bestmöglich abschneiden und unverletzt wieder nachhause kommen", sagt Winklmann. Wie Politiker:innen mit der WM umgingen, sei ihnen selbst überlassen. Winklmann und ihre Fraktion stünden aber an der Seite des Sports und der Menschenrechte. Die Partei habe deshalb 11 Forderungen an die Fifa formuliert – damit Vergaben in Zukunft an Menschenrechte und Nachhaltigkeit geknüpft würden.
André Hahn (Linke): Aktiver Beitrag zur Völker-verständigung
Der sportpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, André Hahn, hat sich nach eigenen Angaben bereits mehrfach für den Dialog und gegen einen Boykott ausgesprochen. Hahn erklärt diese Einstellung auf watson-Anfrage so:
"Nur so kann meines Erachtens auch der Sport einen aktiven Beitrag für Frieden, Völkerverständigung und die Durchsetzung der Menschenrechte leisten."
André Hahn ist sportpolitischer Sprecher seiner Partei und Mitglied beim FC Bundestag.Bild: dpa-Zentralbild / Daniel Schäfer
Deshalb habe er sich den Boykottaufrufen nicht angeschlossen, obwohl er Verständnis dafür habe. Hahn sagt:
"Auch wenn bei mir die sonst übliche Freude auf große Fußballturniere diesmal nicht wirklich aufkommen will, werde ich die WM und vor allem die Spiele der deutschen Nationalmannschaft verfolgen."
Auch andere Politiker:innen sollten selbst entscheiden können, ob und wie sie die WM verfolgen möchten. Von der Regierung erwarte Hahn, dass die Einhaltung der Menschenrechte nicht nur als nicht verhandelbares Kriterium für den Sport gelten müsse. Sondern auch für die Wirtschaft, den Handel und andere Formen internationaler Zusammenarbeit.
Stephan Mayer, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU hat bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht auf die watson-Anfrage geantwortet.
Die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und dem abgeschotteten Nordkorea hat sich offenbar intensiviert. Erst am 4. November besuchte Nordkoreas Außenministerin Choe Son Hui Moskau. Dabei traf sie sich mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und unterstrich die Zusammenarbeit.