Die Corona-Pandemie verlangt von vielen jungen Menschen harte Einschränkungen. Spitzenpolitiker aller Parteien appellieren nun bei watson, nicht den Mut zu verlieren.Bild: E+ / FilippoBacci
Exklusiv
24.10.2020, 05:0025.10.2020, 15:31
Wilde Feiern, private Partys. Keine Maske, kein Abstand. Wenn der Alkohol fließt, dann fallen die Hemmungen. Bisher oft kein Problem, in der Pandemie die größte Gefahr.
Die Politik sprach immer wieder davon, dass junge Menschen maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass das Coronavirus nun in der zweiten Welle Deutschland überrollte. Die Folge: Sperrstunden in den größten Städten, weniger Kontakte und das Einschränken von Privatpartys.
Doch stimmt das wirklich? Sind die Jungen die viel zitierten Superspreader?
Nicht wirklich, wie eine Studie der Tui-Stiftung zeigt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov halten sich 83 Prozent der jungen Leute zwischen 16 und 26 an die Corona-Maßnahmen. Dabei gaben 89 Prozent der Befragten an, dies vor allem zu tun, um die Gesundheit anderer zu schützen.
Doch die Wahrheit hinter der Corona-Angst: Junge Menschen treffen die Maßnahmen am härtesten. Die neuen Beschränkungen sind doch gerade dann nicht leicht zu ertragen, wenn das Leben erst so richtig anfängt. Die erste Reise nach dem Abi, ein Jahr Work & Travel in Australien, das freiwillige soziale Jahr. Leute kennenlernen, neue Erfahrungen machen, die Zukunft ausloten. Nach einem Frühjahr voller Einschränkungen, einem Sommer voller Vorsicht kommt jetzt der Herbst, der ganz schön einsam sein kann, wenn man sich isoliert fühlt.
Versteht das die Politik? Fühlt sie diese Stimmung? Watson hat bei allen großen Parteien und Spitzenpolitikern nachgefragt, welche Botschaft sie jungen Menschen in dieser schweren Zeit mitgeben wollen. Das haben sie geantwortet:
Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler und Bundesfinanzminister
"Ich verstehe alle, die jeden Tag voll auskosten, die feiern und Freunde treffen wollen"
Versteht die Ungeduld vieler junger Menschen: Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz.Bild: Getty Images Europe / Jens Schlueter
"Corona ist ein fieses Virus. Ich verstehe alle, die jeden Tag voll auskosten, die feiern und Freunde treffen wollen. Ich verstehe die Ungeduld. Auch ich kann nicht erwarten, dass wir wieder unser normales Leben zurückbekommen. Und doch wird das noch einige Zeit dauern, bis eine wirksame Impfung zur Verfügung steht und wir Corona ignorieren können.
Ich sehe, was viele von Euch schon leisten, weil Ihr verzichtet, weil Ihr anpackt, weil Ihr Eure Eltern, Eure Großeltern und Eure Nachbarn unterstützt.
Lasst uns das Beste aus dieser vertrackten Pandemie-Lage machen! Wenn wir vernünftig sind, zusammenhalten und aufeinander achten, kriegen wir das gemeinsam schon hin. Jeder kann seinen Beitrag leisten, damit wir weiter vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Krise kommen.
"Wir sollten weiter alles tun, um die zu schützen, die wir lieben und deren Gesundheit uns wichtig ist."
Die aktuellen Einschränkungen zum Schutz vor Corona sind für viele nervig, für andere bedrückend und für wieder andere auch wirtschaftlich eine Zumutung. Leider sind sie nötig, um Schlimmeres zu verhindern.
Wir sollten weiter alles tun, um die zu schützen, die wir lieben und deren Gesundheit uns wichtig ist. Und es gibt eine Zeit nach Corona – und darauf sollten wir uns alle freuen."
Robert Habeck (Die Grünen), Parteivorsitzender
"Gerade aber für die jungen Leute bedeuten die Einschränkungen eine lange Durststrecke"
Macht sich Sorgen aufgrund der Corona-Pandemie und fordert mehr Unterstützung für die Jugend: Robert Habeck.Bild: Getty Images Europe / Carsten Koall
"Wir sind in einer kritischen Phase. Wir stehen zwar im internationalen Vergleich in Deutschland noch gut da, aber die Lage spitzt sich zu. Jetzt rächen sich mangelnde Koordinierung zwischen Bund und Ländern und die fehlende Vorsorge auch acht Monate nach Beginn der Pandemie im Land. Das ist umso schlimmer, weil der Anstieg der Infektionen im Herbst absehbar war.
Die Pandemie ist für alle im Land eine große Herausforderung. Gerade aber für die jungen Leute bedeuten die Einschränkungen eine lange Durststrecke – nicht nur, was ihr soziales Leben anbetrifft, sondern auch ganz existenzielle Fragen: Berufsperspektiven stehen in Frage, der Lebensunterhalt ist gefährdet, weil Nebenjobs wegfallen, die mühsam ersparten Rücklagen sind teilweise aufgezehrt.
"Junge Menschen tragen wenig bis keine Verantwortung dafür, dass die Welt so ist wie sie ist, aber sie müssen die Kosten der Zukunft tragen."
Die Pandemie verlangt von uns allen Solidarität, gerade besonders gefährdeten Menschen gegenüber. Aber genauso muss die Gesellschaft diese Solidarität auch der Jugend entgegenbringen. Das heißt unter anderem konkret: Neue Schulschließungen müssen wir dringend verhindern – Schülerinnen und Schüler dürfen nicht wieder zum Hauptopfer der Krise werden.
Der Rettungsschirm für in Not geratene Studierende ist unzureichend. Es braucht eine grundlegende BAföG-Reform mit höheren Fördersätzen und Freibeträgen sowie weniger Bürokratie. Und grundsätzlich gilt: Wenn wir nicht Klimaschutz und Investitionen in Bildung voranbringen, verschulden wir uns an der Zukunft der jungen Generation. Junge Menschen tragen wenig bis keine Verantwortung dafür, dass die Welt so ist wie sie ist, aber sie müssen die Kosten der Zukunft tragen."
Sahra Wagenknecht (Linke), Bundestagsabgeordnete
"Geht raus und macht Sport mit Freunden"
Hofft, dass junge Menschen die Zeit in der Wohnung nicht nur für Gaming verwenden: Sahra Wagenknecht.Bild: Getty Images Europe / Jens Schlueter
"Klar, es gab schon bessere Zeiten. Das einzige, was hilft, ist trotz allem etwas draus zu machen. Am besten nicht nur neue Gaming Highscores.
"Die Krise schränkt ein, aber Eure Fantasie und Kreativität sind stärker."
Geht raus und macht Sport mit Freunden. Entdeckt Neues, nicht nur online, sondern vielleicht auch mal ganz old school: Bücherlesen kann viel spannender sein als alles, was Instagram und YouTube zu bieten haben.
Die Krise schränkt ein, aber Eure Fantasie und Kreativität sind stärker. Nutzt sie."
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident NRW
"Die Pandemie können wir nur gemeinsam meistern"
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet meint, dass man aus der Krise lernen kann.Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
"Egal ob in der Schule, am Ausbildungsplatz oder beim Treffen mit Freunden: Nichts ist in der Corona-Zeit wie es einmal war. Nur wenig ist so richtig unbeschwert. Das belastet uns alle – auch und gerade junge Menschen.
"Gesellschaft zusammenhalten! Darauf kommt es jetzt an. Gemeinsam Jung und Alt!"
Die Pandemie können wir nur gemeinsam meistern. Jeder von uns ist jetzt gefragt: Kontakte reduzieren, Abstands- und Hygieneregeln beachten und Menschen aus Risikogruppen schützen. Und wir können aus der Krise lernen: Die Digitalisierung voranbringen und unsere Gesellschaft zusammenhalten! Darauf kommt es jetzt an. Gemeinsam Jung und Alt!"
Christian Lindner (FDP), Parteivorsitzender
"Gerade jungen Menschen verlangt die Pandemie viel ab"
FDP-Chef Christian Lindner hofft darauf, dass wir bald wieder zu mehr Normalität zurückkehren können. Bild: Getty Images Europe / Carsten Koall
"Gerade jungen Menschen verlangt die Pandemie viel ab. Das reicht von der Sorge um den Start ins Berufsleben bis hin zu einem Freizeitverhalten, das nicht wie sonst möglich ist.
"Je vernünftiger sich alle verhalten, desto eher werden wir all die Freiheiten zurückgewinnen können."
Der Staat sollte nur soweit in unser Leben eingreifen, wie es zur Pandemiebekämpfung notwendig und verhältnismäßig ist.
Ich bin mir aber sicher: Je vernünftiger sich alle verhalten, desto eher werden wir all die Freiheiten zurückgewinnen können, die wir im Moment schmerzlich vermissen."
Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung
"Ich möchte an alle appellieren: Erwachsen werden und erwachsen sein hat viel mit Verantwortung übernehmen zu tun"
Erinnert sich an ihre Zeit als Teenager: Dorothee Bär.Bild: Getty Images Europe / Pool
"Gerade als Teenager und im Studium waren mir Ausgehen und Freunde zu treffen unglaublich wichtig. Insofern kann ich sehr gut nachfühlen, was die Beschränkungen in der Pandemie für die junge Generation bedeuten.
Gerade in dieser Findungsphase ist der Austausch mit den Peers gefühlt unverzichtbar. Ich möchte aber an alle appellieren: Erwachsen werden und erwachsen sein hat viel mit Verantwortung übernehmen zu tun. Die Eltern können und tun es nicht mehr für einen. Als junger Erwachsener bekommt man viele neue Freiheiten – das ist sehr beflügelnd. Aber Freiheit heißt auch Verantwortung – das zu erkennen macht das Erwachsensein aus.
"Organisiert Eurer Sozialleben so, dass Ihr die Corona-Vorsichtsmaßnahmen AHA einhalten könnt."
Denkt an Eure Großeltern, die durch das Coronavirus besonders gefährdet sind. Denkt auch an Euch selbst – es gibt immer wieder Fälle, von jungen gesunden Menschen, die das Virus ungemein hart trifft. Niemand kann und soll sich über Monate komplett isolieren. Aber bitte: Organisiert Eurer Sozialleben so, dass Ihr die Corona-Vorsichtsmaßnahmen AHA (Abstand – Hygiene – Alltagsmaske) einhalten könnt: Trefft Euch mit einem Freund zum Spazierengehen im Park oder im sehr kleinen Kreis, wo man Abstand halten kann.
Bitte meidet Partys und Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen, das sind bekanntermaßen die Brandbeschleuniger bei der Ausbreitung des Virus. Und schließlich: Zeigt auch, dass Ihr die digitale Generation seid: Nutzt die kostenlose Corona-Warn-App. Das kann Leben retten."
Kevin Kühnert (SPD), Juso-Chef und stellvertretender Parteivorsitzender
"Lasst euch keinen Generationenkonflikt aufdrängen"
Juso-Chef Kevin Kühnert wünscht sich Solidarität in der Krise.Bild: Getty Images Europe / Jens Schlueter
"Die Corona-Situation erfordert zwei Botschaften. Die eine lautet: Haltet durch und lasst uns solidarisch miteinander sein. Wir Jüngeren gehören zu sehr mobilen Generationen, es liegt jetzt also ganz besonders an uns, dass die Infektionszahlen nicht weiter außer Kontrolle geraten. Haltet Abstand, tragt Alltagsmasken, lüftet ordentlich durch und nutzt die WarnApp.
"Dem Gerede von der angeblichen Party-Generation müsst ihr nicht alleine widersprechen, das machen wir gemeinsam."
Die andere Botschaft ist: Lasst euch keinen Generationenkonflikt aufdrängen. Weder müssen eure Großeltern sich zu Hause für euch einschließen, noch müsst ihr euch entschuldigen, wenn ihr euch mit anderen auf ein Bier trefft. Dem Gerede von der angeblichen Party-Generation müsst ihr nicht alleine widersprechen, das machen wir gemeinsam.
Diejenigen, die euch nun mit billigen Sprüchen angreifen, haben einen großen Nachteil: Sie waren selbst mal jung und wissen ganz genau, dass das Leben mit 18 anders läuft als mit 50. Lasst uns versuchen, ihre Vorurteile nicht auch noch zu bestätigen."
Ria Schröder (FDP), Bundesvorstand
"Bislang werden die Bedürfnisse junger Menschen ignoriert, verniedlicht oder sogar verspottet"
Die Stimme der Jugend in der FDP: Ria Schröder.Bild: www.imago-images.de / bAnnegret Hilse / SVEN SIMON
"Die Corona-Pandemie verlangt uns allen viel ab. Jeder von uns vermisst etwas momentan, etwa ausgelassenes Feiern, Reisen oder größere Familienfeiern. Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie sind schließlich starke Eingriffe in die persönliche Freiheit von uns allen. Davon auch mal genervt zu sein ist vollkommen okay, es gab für uns junge Menschen bisher keine annähernd vergleichbare Situation.
Wichtig sind jetzt zwei Aspekte: Erstens sind wir alle gefordert, gemeinsam die Pandemie einzudämmen. Dafür gilt zuallererst Rücksicht auf unsere Mitmenschen zu nehmen. Ganz konkret heißt das: Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen. Und private Partys sind gerade auch nicht klug oder rücksichtsvoll, unabhängig davon, ob sie erlaubt sind oder nicht.
"Auch mal genervt zu sein ist vollkommen okay."
Zweitens ist wichtig, dass wir Jungen uns in die politische Debatte einmischen. Bislang werden die Bedürfnisse junger Menschen ignoriert, verniedlicht oder sogar verspottet und wir kommen kaum vor, wenn es um die Anti-Corona-Maßnahmen geht. Dabei sind wir dramatisch davon betroffen: Studentinnen und Studenten verlieren ihren Nebenjob, wenn Restaurants und Clubs schließen müssen. Schwächelt die Wirtschaft, werden weniger Azubis oder Berufsanfänger*innen eingestellt. Bei einem erneuten Lockdown wird es wieder keinen Präsenzunterricht in den Schulen oder Unis geben – und bei digitalem Unterricht bleiben immer noch zu viele außen vor. Das alles müssen wir zusammen verhindern!
Dazu gehört auch, dass wir von den Regierungen einfordern, dass sie ihre Entscheidungen nicht in kleinen, exklusiven Runden beschließen, sondern das sie in den Landesparlamenten, im Bundestag und in der Gesellschaft offen diskutiert werden – und zwar auch mit uns Jungen."
Cem Özdemir (Die Grünen), Bundestagsabgeordneter
"Auf den infektiösen großen Hochzeiten und Familienfeiern waren sicher auch nicht nur 16-Jährige"
Auch er vermisst die Normalität des Alltags: Cem Özdemir.Bild: Getty Images Europe / Thomas Lohnes
"Ich kann ehrlich gesagt nicht glauben, dass wir uns jetzt gegenseitig vorwerfen, was wir vermissen. Dass junge Menschen es vermissen, Freunde zu treffen, auf Partys und Konzerte zu gehen und so den Alltag hinter sich zu lassen, ist absolut verständlich. Das geht im Übrigen nicht nur jungen Menschen so. Ich vermisse all das auch.
"Junge Menschen pauschal als Sündenböcke zu verurteilen, spaltet uns und bringt uns bei der Bekämpfung des Virus keinen Deut weiter."
Auf den infektiösen großen Hochzeiten und Familienfeiern waren sicher auch nicht nur 16-Jährige. Junge Menschen pauschal als Sündenböcke zu verurteilen, spaltet uns und bringt uns bei der Bekämpfung des Virus keinen Deut weiter. Im Gegenteil, wir müssen zusammenhalten und Verständnis aufbringen für die Sorgen und Bedürfnisse unserer Mitmenschen.
Genauso wie die allermeisten älteren Menschen akzeptieren die allermeisten jungen Menschen, dass soziale Kontakte aktuell anders ablaufen müssen. Je besser wir uns an die Regeln halten, desto schneller werden wir diese Zeit überstehen.
Auch in der Politik dürfen wir uns jetzt nicht dazu hinreißen lassen, wie Statler und Waldorf aus der Muppet Show von der Seite zu meckern. Es ist unsere Aufgabe als Politik, zu überlegen, was wir trotz oder gerade wegen der Krise für junge Menschen tun können."
Sawsan Chebli (SPD), Staatssekretärin in Berlin
"An der pauschalen Verurteilung junger Lebendigkeit werde ich mich nicht beteiligen"
Sawsan Chebli möchte sich "an der pauschalen Verurteilung junger Lebendigkeit nicht beteiligen" Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
"Das Bedürfnis nach Kontakt ist legitim. Junge Menschen leiden vielleicht noch mehr unter den Kontakteinschränkungen als Ältere – und halten sich dennoch mit übergroßer Mehrheit daran. Für diese überwältigende Solidarität und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen in dieser Krise, gerade bei den jungen Menschen, können wir alle dankbar sein.
"Wir dürfen nicht so tun, als wüssten wir immer, was wir tun. Wir sind alle zusammen überfordert."
Wir muten den jungen Menschen gerade sehr viel zu. Sie stehen im Moment unter Generalverdacht. An der pauschalen Verurteilung junger Lebendigkeit werde ich mich nicht beteiligen. Ich setze vielmehr auf die Verantwortung von uns allen und habe dabei vor allem höchsten Respekt vor den Pflegekräften, die unter widrigsten Bedingungen dafür sorgen, dass das Gesundheitssystem nicht kollabiert.
Wir dürfen nicht so tun, als wüssten wir immer, was wir tun. Wir sind alle zusammen überfordert. Und wir werden gemeinsam aus dieser Überforderung lernen, um mit kommenden Krisen besser umzugehen. Davon bin ich fest überzeugt: Dass vor allem die jungen Menschen eine Menge lernen – und uns eine Menge beibringen können. Das Leben ist stärker als die Pandemie!"
Dietmar Bartsch (Linke), Fraktionsvorsitzender
"Ich wünsche mir, dass sich die jungen Menschen von der aktuellen Lage nicht entmutigen lassen"
Wünscht sich, dass sich junge Menschen von der Krise nicht entmutigen lassen: Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei.Bild: www.imago-images.de / Reiner Zensen
"Auch wenn die meisten jungen Menschen nicht Teil der Risikogruppen sind, verlangt ihnen die Situation einiges ab. Vor allem etwas, was jungen Menschen tendenziell ein wenig abgeht: Geduld.
An sich ist Geduld keine schlechte Eigenschaft, die es zu trainieren lohnt, aber die politischen Probleme erlauben wenig davon. Das machen die Corona-Krise und ihre sozialen Folgen überdeutlich: Die Kosten der Krise werden immens sein, die Verwerfungen Jahrzehnte nachwirken.
"Die Politik braucht jugendliche Ungeduld."
Deswegen wünsche ich mir, dass sich die jungen Menschen von der aktuellen Lage nicht entmutigen lassen und dass sie nicht zu früh zu geduldig werden. Die Politik braucht jugendliche Ungeduld, wenn es um Probleme wie die soziale Ungerechtigkeit oder den Klimawandel geht."
Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Parteivorsitzender
"Ich halte es für unerlässlich, dass die Politik den jungen Menschen vernünftige Perspektiven aufzeigt"
Fordert bessere Maßnahmen, um mehr Normalität zu ermöglichen: FDP-Vize und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki.Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
"Ich halte es für unerlässlich, dass die Politik den jungen Menschen vernünftige Perspektiven aufzeigt, wie es zu einer Rückkehr zum 'normalen' Leben kommen kann. Jede Ausnahmesituation ist besser zu bewältigen, wenn klar wird, wann diese Ausnahme zu Ende ist.
"Die Rückkehr zu einem Leben ohne Kontaktverbote kann gelingen, wenn ausreichend viele Schnelltests zur Verfügung stehen."
Weil wir das Virus wahrscheinlich nicht besiegen können, müssen wir damit zu leben lernen. Die Rückkehr zu einem Leben ohne Kontaktverbote kann gelingen, wenn ausreichend viele Schnelltests zur Verfügung stehen, die problemlos bei jeder Veranstaltung ausgegeben werden können, und die innerhalb weniger Minuten feststellen, ob man infektiös ist oder nicht – sei es vorm Club-Besuch, im Fußballstadion oder bei der Abi-Party.
Sobald dies möglich ist, können wir dort auch auf die Beschränkungen verzichten."
Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident Sachsen-Anhalt
"Ich freue mich, dass gerade viele junge Menschen die Herausforderungen der Corona-Pandemie so gut bewältigen"
Hofft, dass wir aus der Krise lernen werden: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff.Bild: Getty Images Europe / Jens Schlueter
"Ich freue mich, dass gerade viele junge Menschen die Herausforderungen der Corona-Pandemie so gut bewältigen, sich an die – ohne Frage unangenehmen – Regeln halten und damit Verantwortung gegenüber älteren und besonders gefährdeten Menschen übernehmen.
"Gemeinsam werden wir diese Krise meistern."
Wir wissen heute schon sehr viel mehr über das Virus als noch vor einem halben Jahr und können entsprechend reagieren. So wollen wir trotz steigender Fallzahlen die Auswirkungen der Pandemie möglichst gering und die Schulen offen halten.
Gemeinsam werden wir diese Krise meistern und ich bin mir sicher, dass wir auch aus ihr lernen, zum Beispiel wie wichtig gegenseitige Rücksichtnahme ist."
Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin
"Ich kann die jungen Menschen verstehen"
Fordert auf, jeden seinen Beitrag zu leisten, um die Pandemie aufzuhalten: Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller.Bild: Getty Images Europe / Thomas Niedermueller
"Die Corona-Pandemie, die uns weltweit in eine Krise gebracht hat, stellt uns alle gerade vor eine große Herausforderung. Und ich kann die jungen Menschen verstehen. Sie wollen ihre Geburtstage feiern, sich mit ihren Freunden treffen, reisen, die Unbeschwertheit der Jugend genießen. Aber die Krise zwingt uns alle gerade dazu, Verzicht zu üben.
"Es liegt an jedem von uns, die Pandemie aufzuhalten."
Auf jeden einzelnen kommt es gerade jetzt an, auf die Jungen, genauso wie auf die Älteren. Es liegt an jedem von uns, die Pandemie aufzuhalten. Und das schaffen wir nur, wenn wir unsere Kontakte einschränken und uns an die Regeln halten.
Das ist jetzt wichtiger denn je. Und ich bitte wirklich alle in diesen schweren Zeiten, sich daran zu halten. So schwer es auch fällt. Nur so können wir zu unserer gewohnten Normalität zurückfinden."
Paul Ziemiak (CDU), Generalsekretär
"Die Solidarität zwischen Jung und Alt ist in diesen Zeiten wichtiger denn je"
Sagt, Solidarität ist aktuell wichtiger denn je: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak.Bild: Getty Images Europe / Sascha Schuermann
"Diese schwere Krise können wir nur gemeinsam meistern. Die Solidarität zwischen Jung und Alt ist in diesen Zeiten wichtiger denn je.
Viele junge Menschen übernehmen Verantwortung, in dem sie für Ältere zum Beispiel einkaufen gehen."
Bernd Riexinger (Linke), Parteivorsitzender
"Wer zu Weihnachten die Großeltern besuchen möchte, sollte ihnen keine Keime mitbringen"
Appeliert an den gesellschaftlichen Zusammenhalt: Bernd Riexinger.Bild: www.imago-images.de / PRESSEFOTOGRAFIE UDO GOTTSCHALK
"Krisen sind Zeiten, in denen gesellschaftlicher Zusammenhalt besonders wichtig ist. Während aber für die großen Konzerne und ihre Anteilseigner meist schon gesorgt wird, brauchen die 'Heldinnen und Helden' der Krise, die sonst mit Applaus abgespeist werden, unser aller Solidarität.
"Auch Infektionsschutz ist praktische Solidarität."
Aber auch Infektionsschutz ist praktische Solidarität: Wer zu Weihnachten die Großeltern besuchen möchte, sollte ihnen keine Keime mitbringen."
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
"Auch junge Menschen haben sehr viel geopfert"
Versteht, dass junge Menschen in diesem jahr viel opfern mussten: Ministerpräsidentin Malu Dreyer.Bild: Getty Images Europe / Sean Gallup
"Bei Euch sind entscheidende Momente dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie sicherlich anders gelaufen, als erhofft: Die Abschlussfeier ausgefallen, eine lang ersehnte Reise abgesagt oder einfach ein Sommer ohne Festivals.
Mir ist klar: Es geht hier nicht um irgendeine Party, sondern um Erinnerungen, die es nicht geben wird und Nähe, die es nicht gegeben hat. Dazu kamen vielleicht sogar finanzielle Probleme. Auch junge Menschen haben sehr viel geopfert. Ihr habt verzichtet, um andere zu schützen.
"Ich weiß, je länger wir uns einschränken müssen, desto schwerer fällt es. Aber wir dürfen das Erreichte nicht aufs Spiel setzen!"
Diese Solidarität macht mich stolz und dafür möchte ich euch danken! Doch das alles darf nicht umsonst sein! Ich weiß, je länger wir uns einschränken müssen, desto schwerer fällt es. Aber wir dürfen das Erreichte nicht aufs Spiel setzen!
Besonders deutlich wird das jetzt, kurz vor der Weihnachtszeit. Weihnachten wird in diesem Jahr anders werden – damit wir trotzdem schöne Feiertage mit unseren Liebsten verbringen können, müssen wir das Virus unter Kontrolle bekommen. Deshalb: Tragt Maske, haltet Abstand und beachtet die Hygieneregeln. Gemeinsam können wir viel bewirken!"
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident Niedersachsen
"Ich weiß, dass wir euch mit den Corona-Regeln das Leben sehr schwer machen"
Stephan Weil appelliert an die Vernunft junger Menschen.Bild: Getty Images Europe / Alexander Koerner
"Liebe Jugendliche, ich weiß, dass wir euch mit den Corona-Regeln das Leben sehr schwer machen – das fängt in den Schulen und Unis an und geht bis zu abgesagten Konzerten, geschlossenen Clubs und fehlenden Sportaktivitäten.
Doch ihr als junge Erwachsene seid auch diejenigen, die einen starken Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben und zwar im negativen wie im positiven Sinn.
Wenn wir uns an die AHA-Regeln und weitere Vorgaben halten, tragen wir sehr dazu bei, möglichst schnell zur Normalität zurückzukehren. Vielen Dank für eure Unterstützung – #Flattenthecurve!"
Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident Schleswig-Holstein
"Die Flüchtlingskrise oder die Klimakrise haben gezeigt, dass junge Menschen Herausforderungen annehmen"
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident ist beeindruckt vom Mut und Selbstbewusstsein der jungen Generation.Bild: www.imago-images.de / Political-Moments
"Die Corona-Pandemie trotzt der jungen Generation mit Kontaktbeschränkungen, weniger Freizeitangeboten und Zukunftssorgen eine ganze Menge ab.
Mut macht mir dabei, dass so viele junge Menschen selbstbewusst mit dieser Situation umgehen, das Beste daraus machen und eigenverantwortlich Projekte stemmen.
Die Flüchtlingskrise oder die Klimakrise haben gezeigt, dass junge Menschen Herausforderungen annehmen und nach Lösungen suchen. Daher sollten wir sie auch in der Pandemie dabei unterstützen, Verantwortung zu übernehmen."
Winfried Kretschmann
(Die Grünen), Ministerpräsident Baden-Württemberg
"Junge Menschen sind Teil der Lösung"
Findet, dass junge Menschen auch ihren Beitrag in der Krise leisten: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.Bild: Getty Images Europe / Andreas Gebert
"Junge Menschen sind Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. Sie leisten einen ganz wichtigen Beitrag, damit wir als Gesellschaft wieder aus der Krise rauskommen."
Katja Kipping (Linke), Parteivorsitzende
"Die Corona-Krise zeigt uns gerade, wie sich eine ganze Gesellschaft im Nu umkrempeln lässt"
Für sie zeigt die Krise auch, was alles möglich ist: Katja Kipping.bild: getty images europe /
"Die Corona-Krise zeigt uns gerade, wie sich eine ganze Gesellschaft im Nu umkrempeln lässt. Masken, Reisebeschränkungen, Rekordsummen zum Abfedern der wirtschaftlichen Folgen… Wer hätte das alles noch vor einem Jahr für möglich gehalten?
Das ist aber auch ermutigend. Es zeigt, was wir bewegen können, wenn wir nur wirklich wollen. Das macht auch Mut beim Kampf gegen Klimawandel, Armut und Hunger."
Lars Klingbeil (SPD), Generalsekretär
"Wir müssen mit dem Bashing aufhören"
Las Klingbeil ärgert sich auch, wenn Konzerte abgesagt werden müssen. Jedoch: "Alle müssen jetzt etwas leisten, wenn wir aus dieser Krise rauskommen wollen"Bild: Getty Images Europe / Carsten Koall
"Wir müssen mit dem Bashing aufhören. Junge Leute müssen gerade auf so viele Dinge verzichten, die Spaß machen und das Leben prägen: Reisen, Partys, Konzerte, Sportevents. Mir wäre das als junger Mensch auch nicht leicht gefallen. Vor allem nicht in einer Phase des Lebens, wo man diese Freiräume braucht, wo man sich findet und seine Persönlichkeit bildet.
"Alle müssen jetzt etwas leisten, wenn wir aus dieser Krise rauskommen wollen."
Mich ärgert es heute auch, wenn Konzerte abgesagt werden, auf die ich mich gefreut habe. Nur: Alle müssen jetzt etwas leisten, wenn wir aus dieser Krise rauskommen wollen.
Wenn wir jetzt gemeinsam die Fallzahlen eindämmen, sind viele Dinge auch weiter oder schneller wieder möglich."
Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident Saarland
"Nicht die jüngere Generation treibt die Zahlen nach oben, sondern unvernünftiges Verhalten"
Findet die Vorwürfe gegenüber der jüngeren Generation falsch: Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlands. Bild: www.imago-images.de / bBeckerBredel
"Die Corona-Krise hat uns mit voller Wucht getroffen – wir alle spüren die Auswirkungen, wenn auch je nach Lebenslage oder Alter in unterschiedlichen Ausprägungen. Hier lohnt es sich, immer wieder die Perspektive zu wechseln.
Gerade jüngere Menschen tragen dabei momentan eine doppelte Last: Sie müssen nicht nur auf vieles verzichten, sondern werden auch noch von Teilen der Gesellschaft zum Sündenbock für die steigenden Neuinfektionen gemacht. Diesen Vorwurf kann ich nicht teilen.
"In Zeiten wie diesen sollten wir nicht einzelne Generationen gegeneinander ausspielen."
Mein Eindruck ist, dass es keinen Konflikt gibt zwischen Alt und Jung, nicht die jüngere Generation treibt die Zahlen nach oben, sondern unvernünftiges Verhalten – und das zieht sich quer durch alle Altersklassen. In Zeiten wie diesen sollten wir nicht einzelne Generationen gegeneinander ausspielen, sondern uns bewusstmachen, dass wir alle im selben Boot sitzen. Die Eindämmung der Corona-Pandemie ist eine Gemeinschaftsleistung und wir können den Kampf gegen das Virus nur zusammen gewinnen."