Eine Corona-Teststelle in Ostalbkreis: In ganz Deutschland befinden sich 6000 Menschen in Quarantäne. Entweder weil sie positiv getestet wurden oder Kontakt zu einer infizierten Person hatten.Bild: www.imago-images.de / Marius Bulling via www.imago-images.de
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Wie streng ist die Corona-Quarantäne in Deutschland?
Leere Bars und Cafés, komplett verwaiste Straßen und Plätze: So zeigt sich das Leben in Italien, insbesondere im stark vom Coronavirus betroffenen Norden. Seit vergangener Woche herrscht im ganzen Land eine strenge Ausgangssperre. Und die wird auch kontrolliert. Die Polizei patrouilliert und bei Verstößen drohen Strafen von 240 Euro oder bis zu drei Monaten Haft.
Derzeit ist noch unklar, ob auch in Deutschland eine landesweite Ausgangssperre beschlossen wird. Nach den letzten Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen ist es aber immer wahrscheinlicher, dass ein kompletter "Shutdown" kommen wird. Wie das konkret aussehen soll, ist noch unklar.
Einige Menschen befinden sich allerdings auch in Deutschland bereits in Quarantäne. Sie betrifft diejenigen, die in den vergangenen 14 Tagen in einem Risiko-Gebiet wie Tirol in Österreich oder Norditalien waren oder mit Infizierten Kontakt hatten. Und natürlich diejenigen, die positiv auf den Coronavirus getestet wurden.
Quarantäne je nach Wohnort unterschiedlich
Aber wie genau die Quarantäne aussieht, hängt stark davon ab, wo der Betroffene wohnt. Denn: Die Bundes- und Landesregierungen können zwar gesetzliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Verbreitung empfehlen – dabei stützen sie sich auf die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts (RKI) und auf das Infektionsschutzgesetz (kann man hier nachlesen).
Über die konkrete Durchsetzung entscheiden aber die jeweiligen Gesundheitsämter in den Landkreisen und Kommunen. Wie unterschiedlich diese Maßnahmen ausfallen, zeigt die Recherche von watson.
Unsere Recherche:
Watson hat bei den verschiedenen Gesundheitsämtern in Deutschland nachgefragt, wie die Quarantänemaßnahmen aussehen und vor allem, wie durchgesetzt wird, dass die Quarantäne auch eingehalten wird.
Tübingen setzt auf Freiwilligkeit
Tübingen war eine der ersten Städte mit Corona-Fällen. Bereits Ende Februar waren dort zwei Fälle bekannt geworden, inzwischen gibt es 80 bestätigte Corona-Infektionen im Kreis Tübingen. Wie die Quarantäne dieser 80 Personen und von möglichen Kontaktpersonen kontrolliert wird, möchte das Tübinger Gesundheitsamt aber nicht näher aufschlüsseln. Auf Anfrage von watson teilte das Landratsamt Tübingen lediglich mit:
"Wir setzen vor allem auf den gesunden Menschenverstand der Leute."
Landratsamt Tübingen
Scheinbar ist das Vertrauen auf Kooperation durch die Betroffenen bei den Gesundheitsämtern weiter hoch. Auch die Stadt Bremen teilt auf Anfrage mit:
"Das Vorgehen bislang ist, dass das Gesundheitsamt mündlich die Anordnung der Quarantäne ausspricht und das Ordnungsamt diese dann schriftlich erklärt. Die Erfahrungen damit sind bislang sehr gut, die häusliche Quarantäne wurde eingehalten, von daher sind Strafen bislang nicht nötig gewesen."
Und weiter: "Der Kontakt mit Personen in Quarantäne erfolgt in der Regel telefonisch. Dabei wird auch die Einhaltung der Quarantäne überprüft."
Essen kontrolliert durch Anrufe und Fiebertagebuch
Ganz anders die Stadt Essen. In Essen sind aktuell 71 Coronafälle bekannt. Diese werden nach Auskunft der Stadt gegenüber watson jedoch sehr eng betreut und kontrolliert:
"Während einer Quarantäne müssen zum einen ein tägliches Fiebertagebuch geführt sowie der Kontakt mit dem Gesundheitsamt gehalten werden. Durch den Austausch gewinnt man Hinweise, ob eine Quarantäne eingehalten wurde."
Auch würde das soziale Umfeld des Betroffenen kontrollieren, ob derjenige auch wirklich zu Hause bleibt. Sollte das alles nicht helfen, wären auch Bußgelder möglich:
"Wenn wir als Verwaltung eine Meldung über einen Verstoß gegen die Quarantäne erhalten, können wir eine solche auch durchsetzen. Das bedeutet, dass geschultes Personal zum einen nochmal zusätzlich belehrt, darüber hinaus können Ordnungs- und Strafgelder fällig werden."
In letzter Instanz können Verstöße auch mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren sanktioniert werden. Theoretisch können die Gesundheitsämter bei der Durchsetzung auch Amtshilfe durch die Polizei anfordern.
Auch das Bezirksamt Pankow im Norden Berlins gibt an, telefonisch mehrfach zu kontrollieren, ob die Quarantäne eingehalten wird und sich nach dem neuesten Stand der Krankheit zu informieren.
Zwangseinweisung in ein Krankenhaus als letzte Maßnahme
In Frankfurt (Oder) ist bisher eine infizierte Person gemeldet worden. Dort droht man bei Nichteinhaltung der Quarantäne auch mit drastischen Mitteln. Denn das Infektionsschutzgesetz sieht als letzte Maßnahme eine Zwangseinweisung von infizierten Personen vor:
"Kommt die betroffene Person den die Absonderung betreffenden Anordnungen nicht nach oder ist nach bisherigen Verhalten anzunehmen, dass solchen Anordnungen nicht ausreichend Folge geleistet wird, so ist eine zwangsweise Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus, dem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses oder anderen geeigneten Einrichtungen möglich."
Stadtverwaltung Frankfurt (Oder) gegenüber watson
Auch in Dortmund erwähnt man die Zwangseinweisung als letzte Maßnahme, allerdings macht die Stadt gegenüber watson darauf aufmerksam: "Das ist bei uns nicht notwendig gewesen. Den betroffenen Menschen geht es darum, gesund zu werden und ihre Angehörigen zu schützen. Daher halten sie die Quarantäne-Maßnahmen auch ein."
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