Diese US-Präsidentschaftswahl ist eine der spannendsten der jüngsten Geschichte. Donald Trump und Joe Biden haben auch am Tag nach der Wahl beide noch realistische Chancen, die Regierung anzuführen.
Wie blicken Politikerinnen und Politiker in Deutschland auf die Wahl? Wir haben vor allem jüngere Politiker gefragt – und bange bis leicht hoffnungsvolle Antworten bekommen.
"Lange Nacht, noch längere Tage! Obwohl das finale Ergebnis noch nicht bekannt gegeben ist, ruft Trump sich zum Sieger aus und zweifelt das noch nicht vorliegende Ergebnis an.
Demokratie braucht ihre Zeit – jede Stimme zählt und muss gezählt werden. Die demokratischen Institutionen in den USA sind jetzt am Zug und müssen dafür sorgen, dass Donald Trump sich nicht über das Recht und die Institutionen erhebt. Ich vertraue darauf, dass es eine ordnungsgemäße und rechtsstaatliche Auswertung dieser wichtigen Wahl gibt."
"Ich wage keine Prognose in diesem Rennen, das doch spannender ist, als sich die meisten von uns wohl erhofft hatten. Dass Trump sich nicht nur bereits zum Sieger erklärt, sondern sogar die weitere Auszählung verhindern will, ist demokratieverachtend.
Auch wenn der Klimaschutz dank der tollen Arbeit in Bundesstaaten wie Kalifornien selbst in weiteren vier Jahren unter Trump wohl kaum zum Erliegen käme, würden die USA in der internationalen Klimadiplomatie eine große Lücke hinterlassen. Biden dagegen gibt im Einklang mit der EU das Ziel aus, dass die USA bis 2050 klimaneutral sind.
Das wäre die beste Voraussetzung für eine enge Zusammenarbeit und ein fulminantes Comeback der USA in der internationalen Klimapolitik."
"Das Ergebnis der Wahl in den USA ist offen. Es wird ein enges Rennen. Nun ist es offenkundig: Die USA, das sind die Gespaltenen Staaten von Amerika! Dass Trump jetzt behauptet, die Wahl werde ihm gestohlen, ist eine Kriegserklärung an die Demokratie. Das ist wirklich bestürzend.
Der USA drohen bange und chaotische Tage, möglicherweise auch offene Gewalt. Die Welt hält wirklich den Atem an. Ja auch die Freiheitsstatue hielte heute den Atem an, wenn sie es könnte.
Aber Entsetzen allein hilft nicht, wir müssen auch die Ursachen analysieren. Wir müssen verstehen, warum so viele Menschen sich einem Demagogen wie Trump hingeben. Warum so viele sich für die Idee einer vermeintlichen Überlegenheit entscheiden, die auf Ausgrenzung und Verachtung anderer beruht.
Auch wenn ich mir wünschen würde, dass Joe Biden am Ende die Nase vorn hat, muss ich sagen: An der Zerstörung des Gemeinwohls und der sozialen Spaltung in den USA haben leider die Demokraten ebenfalls einen großen Anteil. So oder so, müssen wir uns auch in Europa und hierzulande fragen, wie wir bei all jenen Hoffnung und Zuversicht stiften können, die sich aus guten Gründen von dem politischen System betrogen fühlen. Das ist eine Aufgabe für die gesamte demokratische Linke in Deutschland."
"Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber wenn die Demokraten niemand Inspirierenderen aufzubieten haben als Joe Biden, darf man sich auch nicht wundern."
"Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen ist global richtungsweisend, wenn es um Klimaschutz, Menschenrechte, Rassismus, soziale Gerechtigkeit und den Umgang mit der Covid-19-Pandemie geht.
Nach wie vor hoffe ich aber auf eine positive Zukunft für das transatlantische Verhältnis und das Pariser Klimaabkommen."
"In puncto digitale Bürgerrechte sind beide Präsidentschaftskandidaten kein sonderlicher Lichtblick. Nicht nur Donald Trump will das Haftungsprivileg in Section 230 von Plattformen, das Grundlage für die Funktionsweise des Internets ist, einschränken. Joe Biden will die Section 230 sogar ganz abschaffen. Für die Meinungsfreiheit gäbe das erhebliche Einschränkungen – eigentlich äußerst untypisch für die USA.
Auch beim Thema staatlicher Überwachung und Whistleblowerschutz hat man aus Bürgerrechtsperspektive bei beiden nicht viel Hoffnung. Edward Snowden findet insbesondere bei Biden keinen, der sich für ein faires Verfahren in den USA einsetzt.
Wir wissen zum jetzigen Standpunkt noch nicht, wer der nächste Präsident wird.
Das gilt insbesondere beim Thema Datenschutz und dem notwendig gewordenen Nachfolger für das 'Privacy Shield'."
"Ein Verlierer der US-Wahl steht ganz sicher schon fest, die Umfrageinstitute. Deren Angaben kommen immer mehr einem Blick in die Glaskugel gleich, als dass sie ein realistisches Stimmungsbild abgeben.
Der vielerorts prognostizierte deutliche Vorsprung für Joe Biden ist in der Wahlnacht dahingeschmolzen wie Butter in der Sonne, das Ergebnis von Donald Trump in wichtigen Swing States wie Florida oder Ohio ist deutlicher ausgefallen als je erwartet.
Sicher ist einzig: Die US-Wahl bleibt spannend bis zur Auszählung der letzten Stimme, auch wenn beide Seiten bereits vorzeitig versuchen, den Sieg für sich zu reklamieren."