Susanne Eisenmann, CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl in Baden-Württtemberg, bei der Präsentation ihrer Kampagne Ende Januar. Bild: www.imago-images.de / Arnulf Hettrich
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"Diese Ausschreitungen haben mich nachhaltig schockiert": CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann über die Zukunft junger Menschen in Baden-Württemberg
Am Sonntag beginnt in Deutschland das Superwahljahr. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wählen die dazu berechtigten Bürger einen neuen Landtag – und entscheiden damit über die politische Zukunft zweier Bundesländer, in denen insgesamt fast ein Fünftel aller Einwohner Deutschlands lebt.
In Baden-Württemberg geht es unter anderem darum, ob Winfried Kretschmann, seit 2011 der erste und bisher einzige grüne Ministerpräsident Deutschlands, weiter regiert – und wenn ja, mit welcher Partei seine Grünen eine Mehrheit finden. Kretschmanns Herausforderin ist Susanne Eisenmann. Die CDU-Politikerin ist seit 2016 als Kultusministerin zuständig für Schulen und Jugendarbeit im Land und bewirbt sich nun um das Amt der Ministerpräsidentin.
Watson hat Eisenmann vor der Wahl gefragt, was sie als Ministerpräsidentin für junge Menschen in Baden-Württemberg täte – und was aus ihrer Sicht der Hintergrund der Stuttgarter Krawallnacht im Sommer 2020 war, bei der Jugendliche in der Innenstadt randalierten und Geschäfte plünderten.
watson: Frau Eisenmann, im vergangenen Sommer haben die Krawalle durch Jugendliche in Stuttgart bundesweit Aufsehen erregt: Hat sich dabei gezeigt, dass die Landesregierung die Interessen junger Menschen vernachlässigt hat?
Nein, definitiv nicht. Es war – anders, als oftmals behauptet – kein Partyvolk, das vor geschlossenen Türen gestanden oder nach Alternativen gesucht hätte.
Sondern?
Vielmehr gehört zur Wahrheit, dass eine Polizeikontrolle am Eckensee aus mangelndem Respekt gegenüber der Polizei zunächst eskalierte und sich daraus eine Gruppendynamik entwickelte, die über soziale Netzwerke eine erhebliche Zahl an krawall- und gewaltorientierten jungen Menschen mobilisierte.
Sie klingen schockiert...
Diese Ausschreitungen haben mich nachhaltig schockiert, ja, sie sind ein echtes No-Go. Ich spreche mit vielen Jugendlichen und Heranwachsenden, die unter den coronabedingten Einschränkungen besonders gelitten haben. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Gesprächspartner und all die, die normal ticken, zum Beispiel nicht mit Sturmhaube und Baseballschläger ins Stuttgarter Nachtleben aufbrechen.
Wie wollen Sie als Ministerpräsidentin vermeiden, dass junge Menschen sich abgehängt fühlen?
Indem wir die Angebote vor Ort stärken und die Innenstädte und Begegnungsstätten für junge Menschen attraktiv halten. Dabei müssen wir die Städte und Gemeinden noch besser unterstützen.
Wie genau soll das funktionieren?
Eine zentrale Rolle spielen dabei unsere Vereine – sei es bei Sport, Kultur, Musik oder Brauchtum – und unsere kulturellen Angebote oder kommunalen Jugendtreffs, die integrativ wirken und alle Gesellschaftsschichten zueinander bringen. Wir brauchen ein offenes Ohr für ihre Belange. Klar ist, dass wir sie nach der Corona-Pandemie nicht vergessen dürfen, sondern stärken müssen.
"Es gilt, diesen Chancenreichtum und die Lebensfreude, die in Baden-Württemberg herrscht, noch besser zu kommunizieren."
Baden-Württemberg hat bei jungen Menschen in Deutschland oft noch ein eher spießiges Image. Was würden Sie als Ministerpräsidentin tun, um das zu ändern?
Diesem Eindruck widerspreche ich. Baden-Württemberg ist ein lebendiges, liebenswertes Land, in dem gerade junge Menschen durch die hervorragenden Hochschulen, die flächendeckend verankerte starke duale Ausbildung bei mittelständischen Unternehmen, die attraktiven Innenstädte und die kulturelle Vielfalt optimale Bedingungen vorfinden, um sich bestmöglich entwickeln zu können und sich niederzulassen.
Das muss aber auch bei den jungen Menschen deutschlandweit ankommen.
Es gilt, diesen Chancenreichtum und die Lebensfreude, die in Baden-Württemberg herrscht, noch besser zu kommunizieren.
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