Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Dienstagabend bei "Markus Lanz" im ZDF.screenshot zdf Gesundheit & Psyche
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will es langsam angehen: Statt einer Besteuerung oder eines Mengenverbots von Zucker und Salz in Lebensmitteln will die Ministerin auf freiwillige Zusagen der Lebensmittelindustrie setzen.
- Weniger Zucker im Kinder-Müsli, nicht mehr so viel Salz in der Tiefkühlpizza – fast ein Jahr nach dem Beschluss einer "Reduktionsstrategie" im Bundeskabinett liegen acht freiwillige Vereinbarungen mit Verbänden vor. Weitere sollen folgen, hieß es aus dem Ministerium.
- Klöckners Verzicht auf eine klare gesetzliche Regelung ist umstritten: Von Verbraucherschützern und Medizinern kommt jedoch Kritik an, aus ihrer Sicht, "zu laschen" Zielen der Ministerin.
- So mancher in Berlin sagt Klöcker eine zu große Nähe zu Lobbyisten nach.
Frisches Futter bekamen diese Zweifler im Sommer dieses Jahres, als die Ministerin in einem Twitter-Video den Chef des umstrittenen Lebensmittel-Giganten Nestlé lobte. Dessen Konzern habe "zehn Prozent der Inhalte reduziert; weitere 5 Prozent sollen folgen" hieß es damals.
Kritiker, darunter auch mehrere ranghohe Oppositionspolitiker warfen Klöckner vor, ein "Werbevideo" mit dem umstrittenen Lebensmittelkonzern gedreht zu haben.
Auch der Chef der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker zeigte sich im Sommer kritisch: "Nestlé hat gerade im Bereich Kinderlebensmittel ein völlig unausgewogenes überzuckertes Sortiment." Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg stellte später fest, dass es sich bei dem Video nicht um Schleichwerbung gehandelt habe.
Klöckners Nestlé-Video bleibt unvergessen: Am Dienstagabend holte ZDF-Talker Markus Lanz das umstrittene Video aus dem Archiv hervor – Klöckner rechtfertigte sich. Auch mit anderen Industrie-Funktionären habe sie ähnliche Beiträge gedreht.
Klöckner am Mittwochabend im ZDF. zdf-screenshot
Klöckner erklärte, sie sei durch das Video nicht zur "PR-Frau von Nestlé" geworden – ihr sei es bei dem Treffen gelungen, den Konzern-Boss zu einer Reduzierung von Zucker und Salzen in Höhe von fünf Prozent bis 2023 zu bringen.
Lanz stellte in der Folge die Gretchenfrage: "Warum sagen Sie ihm das nicht einfach an?" Ein verbindliches Zuckerreduktionsgesetz sei doch zwingender als eine freiwillige Vereinbarung, so der ZDF-Moderator. Klöckner zog sich auf ihre übliche Argumentationslinie zurück, wonach sie "keine Rezepte" mache – ihre Strategie sei schneller als jedes Gesetz.
Ende des Jahres würde man das Vorgehen prüfen – Klöckner weiß aber schon jetzt: "Wir sind führend in Europa." Eine gesetzliche Regelung sei "viel zu kurz gesprungen". Lanz konterte: "Sie können doch das eine tun, ohne das andere zu lassen."
Darauf ging Klöckner nicht ein: Ihr "komplettes Ernährungskonzept" werde die Deutschen gesünder machen, da ist Klöckner sicher. Ganz ohne zwingende Gesetze für die Lebensmittelindustrie.
(pb)
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