Eine neue Studie zeigt, dass das Coronavirus in Italien bereits im Dezember 2019 im Abwasser nachweisbar war. Die ersten Fälle von Infizierten wurden allerdings erst Februar 2020 erkannt.
Laut der Nachrichtenagentur AFP hat Italiens nationales Gesundheitsinstitut ISS über 40 Abwasserproben untersucht. Die Proben waren zwischen Oktober und Dezember 2019 gemacht worden. Zwei verschiedene Labore mit unterschiedlichen Methoden bestätigten das Ergebnis.
Das Abwasser zeigt in gewisser Weise den Gesundheitszustand der Menschen. Nach Einführung der strengen Corona-Maßnahmen ist der Konsum von illegalen Drogen in Amsterdam stark zurückgegangen. Forscher hatten im März eine Woche nach Schließung der Cafés, Bars und Kneipen sowie der Einstellung des Flugverkehrs Abwasserproben entnommen und den Rückgang nachgewiesen.
Eine israelische Firma hat den Nachweis über das Abwasser nun weiterentwickelt. Die Technologie könne als Frühwarnsystem für Krankheitsausbrüche dienen, sagt Unternehmenschef Ari Goldfarb.
Bislang war Goldfarbs Firma Kando vor allem Industrieabwässern in der Kanalisation der Küstenstadt Ashkelon auf der Spur. "Als dann die Covid-Pandemie kam, war uns klar, dass wir unser System und unser Wissen auch hierfür nutzen können", sagt der Firmenchef.
Ob es tatsächlich funktioniert, Infektionsherde über das Abwasser zu lokalisieren, testete Kando, als die Regierung Covid-19-Patienten in einem Hotel in Aschkelon unterbrachte. Die Firma kooperierte mit Wissenschaftlern in Israel, Europa und den USA und startete ein einmonatiges Pilotprojekt.
Die durch die Analyse des Abwassers gewonnenen Erkenntnisse hätten sich mit den Angaben des Gesundheitsministeriums gedeckt, sagt Goldfarb. Sowohl die Anzahl als auch der Aufenthaltsort der Infizierten habe sich sehr genau nachweisen lassen.
Auch in Paris, Amsterdam, Valencia, Tokio, Melbourne und im US-Bundesstaat Massachusetts wurde Abwasser auf Coronaviren untersucht. "Aber wir sind die einzigen, die genau sagen können, wo der Ausbruch ist und wie groß er ist", sagt Goldfarb.
Kandos Technologie entnimmt automatisch Proben aus der Kanalisation und misst, welchen Weg das Abwasser bereits zurückgelegt hat. Die Proben werden in Laboren analysiert. Auf diese Weise kann dann der Ort bestimmt werden, an dem die Viren, die Infizierte ausscheiden, ins Abwasser gelangen. Das System könne helfen, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, ist der Firmengründer überzeugt.
Unter den neun Millionen Israelis wurden etwa 20.000 Infektionen mit dem neuen Virus nachgewiesen, gut 300 Menschen starben. Seit die Ausgangsbeschränkungen wieder gelockert wurden und Schulen wieder geöffnet sind, stieg die Zahl der Neuinfektionen erneut und es wird eine zweite Welle der Pandemie befürchtet.
Da viele Infizierte keine Symptome zeigen, könnten Abwasser-Untersuchungen als Frühwarnsystem funktionieren. Die Technologie könne das Virus "im Abwasser von asymptomatischen Menschen nachweisen, bevor ein Ausbruch passiert", sagt Goldfarb. Die Technik der Firma trug 2013 bereits dazu bei, einen Polio-Ausbruch in der Stadt Hura im Süden Israels einzudämmen.
Einige der Wasserproben werden an der Ben-Gurion-Universität in Beerscheba untersucht. Die Doktorandin Karin Janiw hat gerade neue Proben in ein Analysegerät gestellt. Der angeschlossene Bildschirm zeigt an, dass sich Coronaviren darin befinden.
Es sei zwar schwierig, das ungeklärte Abwasser zu untersuchen, sagt Janiw. Aber dennoch sei das der beste Weg, Ausbrüche nachzuweisen – wesentlich einfacher, als die ganze Bevölkerung regelmäßig zu testen. "Außerdem kann man das System auch für den Nachweis anderer Viren nutzen", sagt die Wissenschaftlerin.
Nach dem Pilotprojekt in Aschkelon haben mehrere israelische Städte Interesse an dem System angemeldet. Einen Auftrag der Regierung für einen breiten Einsatz gibt es jedoch nicht.
Firmenchef Goldfarb ist zuversichtlich, dass seine Technologie einen zweiten Lockdown mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden verhindern könnte. "Mit unseren Daten können Entscheidungsträger gezielt betroffene Gebiete absperren", sagt Goldfarb. "Der nächste Ausbruch könnte viel besser gemanagt werden."
(lw/afp)