Der britische Premierminister Boris Johnson hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst:
Johnson hatte am Mittwoch angekündigt, dem Unterhaus noch vor dem EU-Austritt am 31. Oktober eine Zwangspause aufzuerlegen. Königin Elizabeth II. gab dem Antrag statt. Das Parlament wird damit vom 9. September bis zum 14. Oktober ausgesetzt.
Dem Parlament bleibt damit nur noch ein Zeitfenster von wenigen Tagen, um einen EU-Austritt ohne Abkommen per Gesetz zu verhindern.
Die Wahrscheinlichkeit für einen chaotischen Brexit ohne Abkommen ist damit gestiegen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wird mit drastischen Konsequenzen für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals gerechnet.
Knackpunkt beim Brexit weiterhin: der sogenannte Backstop. Das ist eine Garantieklausel im ausgehandelten Austrittsvertrag Großbritanniens, der eine feste Grenze zwischen Irland (EU-Mitglied) und Nordirland (Teil Großbritanniens) verhindern soll. Johnson pocht darauf, diese Klausel zu streichen und durch alternative Lösungen zu ersetzen. Welche Lösungen das sein könnten, ist aber unklar.
Auch in seiner eigenen Partei löste Johnson eine heftige Kontroverse aus. Medienberichten zufolge wollte die Chefin der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, noch am Donnerstag ihren Rücktritt bekannt geben.
Auslöser für den Rückzug der Politikerin sollen demnach vor allem private Gründe sein, doch der Zeitpunkt gab Anlass für Spekulationen über einen tiefen Riss in der Partei: Davidson war Johnsons erbittertste innerparteiliche Rivalin im Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum 2016 und ist eine entschiedene No-Deal-Gegnerin. Sie galt einst als Hoffnungsträgerin der Tory-Partei.
Oppositionsführer und Labourchef Jeremy Corbyn kündigte trotz der Zwangspause einen Versuch an, den No-Deal-Brexit per Gesetz zu verhindern. Auch ein Misstrauensantrag gegen die Regierung will er "zu gegebener Zeit" einreichen. Ob sich dafür derzeit eine Mehrheit fände, ist ungewiss.
(ll/dpa)