
Naftali Bennett wurde als Regierungschef eines Acht-Parteien-Bündnisses vereidigt.Bild: imago images / JINI
International
Nach der Vereidigung einer neuen israelischen
Regierung haben Deutschland und die USA dem neuen Ministerpräsidenten
Naftali Bennett eine enge Zusammenarbeit zugesichert. Mit nur einer
Stimme Vorsprung war das Acht-Parteien-Bündnis unter Führung von
Bennett von der ultrarechten Jamina und Jair Lapid von der
Zukunftspartei im Parlament bestätigt worden. 60 von 120 Abgeordneten
stimmten am Sonntagabend dafür und 59 dagegen, es gab eine
Enthaltung. Dies bedeutet das vorläufige Ende der Ära des
rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der seit
2009 ohne Unterbrechung im Amt gewesen war.
Die neue Regierung versammelte sich direkt nach der Vereidigung zu
ihrer ersten Sitzung. Lapid betonte, die Regierung basiere auf
"Freundschaft und Vertrauen". Auf dem Rabin-Platz im Zentrum von Tel
Aviv feierten zahlreiche Israelis den knappen Erfolg der neuen
"Regierung des Wandels". Im Zuge einer Rotationsvereinbarung soll
erst Bennett Ministerpräsident werden und nach zwei Jahren von
Lapid von der moderaten Zukunftspartei abgelöst werden. Der
neuen Regierung sollen 27 Minister angehören. Mickey Levy von der
Zukunftspartei wurde zum Parlamentspräsidenten gewählt.
Merkel und Biden gratulieren
US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierten
Bennett. "Ich freue mich darauf, mit Ministerpräsident Bennett
zusammenzuarbeiten, um alle Aspekte der engen und dauerhaften
Beziehung zwischen unseren beiden Nationen zu stärken", erklärte
Biden. Bennett bedankte sich und schrieb bei Twitter: "Ich freue mich
auf eine Zusammenarbeit mit Ihnen, um die Verbindungen zwischen
unseren beiden Ländern zu stärken."
Deutschland werde sich weiterhin mit aller Kraft für die Sicherheit
Israels und für den Frieden im Nahen Osten einsetzen, schrieb Merkel
Bennett am Sonntagabend. "Deutschland und Israel verbindet eine
einzigartige Freundschaft, die wir weiter vertiefen wollen. In diesem
Sinne freue ich mich auf die enge Zusammenarbeit mit Ihnen", hieß es
weiter. Merkel (CDU) wünschte Bennett und den Bürgern Israels "Kraft,
Zusammenhalt und Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden
Aufgaben".
Bennetts Eröffnungsrede im Parlament wurde durch wiederholte wütende
Zwischenrufe von Mitgliedern des Netanjahu-Lagers massiv gestört.
Bennnett sprach sich darin gegen eine Rückkehr zum internationalen
Atomabkommen mit dem Iran aus. Er warnte die im Gazastreifen
herrschende islamistische Hamas vor einer "eisernen Mauer", sollte
sie erneut Ziele in Israel angreifen. Israel werde sich unter seiner
Führung für eine Annäherung an weitere arabische Staaten einsetzen.
Die Hamas kündigte derweil eine Fortsetzung des bewaffneten Kampfes
gegen Israel an.
Bennett erster Regierungschef aus nationalreligiösem Lager
Die neue israelische Regierung besteht aus acht Parteien vom rechten
bis zum linken Spektrum, darunter auch die konservativ-islamisische
Raam. Es ist das erste Mal in Israels Geschichte, dass eine arabische
Partei Teil der Regierung wird. Bennetts Jamina-Partei gilt dagegen
als siedlerfreundlich, dies könnte die künftige Zusammenarbeit
erschweren. Bennett ist auch der erste israelische Regierungschef,
der dem nationalreligiösen Lager angehört und eine Kippa trägt.
Erstmals seit zwölf Jahren wurde nun in Israel eine Regierung ohne
Netanjahu gebildet. Seine Likud-Partei ist größte Fraktion im
Parlament, bleibt aber außen vor.
Am Streit um ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer
zum Wehrdienst verpflichten sollte, war Ende 2018 Netanjahus
rechts-religiöse Koalition zerbrochen. Vier Parlamentswahlen endeten
danach immer wieder mit einer Pattsituation. Es konnte seither auch
kein neuer Haushalt verabschiedet werden.
Netanjahu: "We will be back soon"
Netanjahu sagte vor der Abstimmung im Parlament: "Wenn wir in die
Opposition gehen müssen, dann tun wir das - bis wir diese gefährliche
Regierung stürzen." Der 71-Jährige betonte, er sei schon in der
Vergangenheit aus der Opposition zurückgekehrt. "We will be back soon" ("Wir kommen bald wieder"), sagte er auf Englisch.
Er war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, seit 2009 ist er
durchgängig Regierungschef. Länger als Netanjahu hat niemand seit
Israels Staatsgründung 1948 regiert. Im Laufe seiner Amtszeit hat er
sich mit vielen Politikern tief zerstritten und deren Vertrauen
verloren. In der Kritik steht Netanjahu aber auch, weil ein
Korruptionsprozess gegen ihn läuft.
(nb/dpa)
Volt holte bei der Europawahl in Deutschland 2,6 Prozent der Stimmen. In Hochburgen wie Darmstadt (10,6) und Heidelberg (9,6) gab es echte Sensationsergebnisse. Damit war die paneuropäische Partei der große Gewinner unter den kleinen Parteien. Besonders auffällig: Sehr, sehr viele Wähler:innen waren junge Menschen.