Die Flaggen von China und Hongkong wehen vor einem Bürogebäude in Hongkong.bild: picture alliance/imageBROKER
International
22.05.2020, 06:2022.05.2020, 07:45
Mit einem höchst kontroversen Schritt will
Chinas Führung ihre Kontrolle über Hongkong verschärfen. In Umgehung
des Parlaments der chinesischen Sonderverwaltungsregion plant der
Volkskongress auf seiner Freitag beginnenden Jahrestagung in Peking,
ein eigenes Sicherheitsgesetz für Hongkong zu erlassen. Es zielt auf
die prodemokratische Opposition und dürfte sich gegen Aktivitäten
richten, die als subversiv und terroristisch eingestuft werden oder
auf eine Unabhängigkeit der früheren britischen Kronkolonie abzielen
könnten. Die Pläne dürften die Proteste in Hongkong neu anfachen.
Zu der Plenarsitzung des chinesischen Parlaments sind einige
Tausend Abgesandte unter strengen Vorsichtsmaßnahmen gegen das
Coronavirus in die Hauptstadt gereist. Wegen des Ausbruchs der
Lungenkrankheit Covid-19 war das ursprünglich im März geplante
wichtigste politische Treffen des Jahres in China zum ersten Mal in
der jüngeren Geschichte der Volksrepublik verschoben worden.
Versammlung unter erschwerten Bedingungen
Von Normalität lässt sich aber schwer sprechen, da strenge
Maßnahmen zur Vorbeugung gegen neue Infektionen mit Sars-CoV-2
getroffen werden mussten. So wurde die Sitzung von sonst zehn bis
zwölf Tagen verkürzt und wird nur bis zum 28. Mai dauern. Für die
Reise in die Hauptstadt mussten die Abgeordneten jeweils einen
Corona-Test bei der Abreise und bei der Ankunft in Peking machen.
Viele kamen in Sonderzügen, um nicht im normalen Bahnverkehr zu
reisen.
Die umstrittenen Gesetzespläne für Hongkong wurden überraschend
am Vorabend des Treffens verkündet. Der Volkskongress werde den
Entwurf für eine Verbesserung des Rechtssystems und
Umsetzungsmechanismen "zur Wahrung der nationalen Sicherheit" in der
chinesischen Sonderverwaltungsregion diskutieren, berichtete
Parlamentssprecher Zhang Yesui vor Journalisten in Peking.
China: Nationale Sicherheit als grundlegendes Interesse
Offensichtlich ist Peking zu dem Schluss gekommen, dass es wegen
des politisch aufgeheizten Klimas und des wachsenden Widerstands in
der Hafenmetropole gegen seinen Einfluss unwahrscheinlich ist, dass
Hongkongs Parlament selbst ein solches nationales Sicherheitsgesetz
verabschiedet. Der Sprecher verteidigte das Vorgehen Pekings.
Nationale Sicherheit sei von grundlegendem Interesse für das ganze
chinesische Volk - "einschließlich der Landsleute in Hongkong".
Hongkong sei ein "unabtrennbarer Teil" der Volksrepublik. Der
Volkskongress sei das höchste Staatsorgan. Die nationale Sicherheit werde mit den Gesetzesplänen "von der
nationalen Ebene aus gesichert". Auch werde damit der Grundsatz "ein
Land, zwei Systeme" verbessert, nach dem Hongkong autonom regiert
wird, sagte der Sprecher. "Es ist absolut notwendig."
Im Dezember 2019 eskalierten in Hongkong die Proteste gegen das Sicherheitsgesetz. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.bild: imago images / Hans Lucas
Seit vergangenem Sommer erlebt das sieben Millionen Einwohner
zählende Hongkong andauernde Demonstrationen, die sich gegen die
eigene Regierung, die Polizeibrutalität bei den Protesten und den
langen Arm der chinesischen Führung richtet. Erst durch die Pandemie
mit dem neuen Coronavirus waren die Demonstrationen abgeflaut. Seit
der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong autonom in eigenen Grenzen
unter chinesischer Souveränität verwaltet.
Auf der Tagung wird auch der Haushalt vorgelegt. Aufmerksam
werden Beobachter nicht nur die Neuverschuldung verfolgen, sondern
auch die Erhöhung des offiziellen Militäretats, der in den Vorjahren
meist überdurchschnittlich stark gesteigert worden war.
(lau/dpa)