
Kein grünes Licht für Trump: Blick auf das Kapitol, den Sitz des US-Kongresses in Washington.Bild: dpa / Liu Jie
International
Erstmals in der Amtszeit von Donald Trump hat der
US-Kongress ein Veto des Präsidenten gekippt. Nach dem
Repräsentantenhaus überstimmte am Freitag auch der Senat Trumps Veto
gegen das Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt mit der dafür
nötigen Zweidrittelmehrheit. Das massive Gesetzespaket kann nun trotz
fehlender Unterschrift Trumps in Kraft treten. Damit handelte sich
der Präsident kurz vor dem Ablauf seiner Amtszeit am 20. Januar eine
schwere Niederlage im Kongress ein, wo sich auch seine Republikaner
in dieser Frage in großer Zahl gegen ihn stellten.
81 Senatoren stimmten für das Gesetzespaket (bei 13 Gegenstimmen) – und kippten damit Trumps Veto erfolgreich. Ebenso eindeutig war am
Montag das Votum im Repräsentantenhaus ausgefallen. Bereits bei der
ursprünglichen Verabschiedung des Pakets hatte es in beiden
Kongresskammern sehr große Mehrheiten für die Gesetzespläne gegeben.
Der Präsident hatte sich unter anderem wegen eines Streits über die
Reglementierung von Online-Plattformen und wegen einer möglichen
Umbenennung von Militärstützpunkten gegen den Entwurf gestemmt.
Abzug von US-Soldaten aus Deutschland nun vorerst blockiert
Das Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt umfasst mehr als 4500
Seiten und sieht ein Budget von rund 740 Milliarden Dollar (611
Milliarden Euro) vor. Trotz aller Differenzen zwischen Republikanern
und Demokraten ist dem Verteidigungshaushalt traditionell und seit
Jahrzehnten die Unterstützung beider Parteien sicher. Weil es
politisch als undenkbar gilt, dass das Militärbudget nicht zustande
kommt, sind üblicherweise auch zahlreiche Regelungen Teil des Pakets,
die nicht direkt mit der Finanzierung der Streitkräfte zu tun haben.
Demokraten und Republikaner haben darin diesmal festgeschrieben, dass
der von Trump geplante massive Abzug von US-Soldaten aus Deutschland
vorerst blockiert wird. In dem Gesetzestext heißt es, der
US-Verteidigungsminister müsse in einem Bericht an den Kongress
darlegen, ob ein solcher Abzug im nationalen Interesse der USA wäre.
Frühestens 120 Tage danach dürfe die Zahl der in der Bundesrepublik
stationierten US-Soldaten die Grenze von 34 500 unterschreiten. Zudem
sieht das Gesetz vor, dass angedrohte Sanktionen gegen die
deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgeweitet werden.
Trump wollte Online-Plattformen wie Twitter stärker reglementieren
Als Begründung für sein Veto hatte Trump erklärt, das Gesetz
widerspreche der Außenpolitik seiner Regierung und der nationalen
Sicherheit. Ihm ist etwa die nach Protesten gegen Rassismus
vorangetriebene Umbenennung mehrerer Militärstützpunkte ein Dorn im
Auge. Trump kritisierte außerdem, dass Online-Plattformen nicht
stärker reglementiert würden. Er hatte sich gewünscht, dass der
Kongress mit dem Gesetz eine Regelung ändern würde, die
Online-Plattformen davor schützt, für von ihren Nutzern
veröffentlichte Inhalte geradestehen zu müssen. Trump nannte die
Regelung "eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit und
Integrität der Wahlen". Kritiker werfen ihm hingegen vor, er wolle
damit nur Rache an Twitter und Facebook üben, die unter anderem
irreführende und falsche Behauptungen des Präsidenten seit einiger
Zeit mit Warnhinweisen versehen.
Dass der von ihm angeordnete Abzug von Soldaten aus Afghanistan,
Südkorea und Deutschland nun per Gesetz begrenzt werden soll, hält
Trump für verfassungswidrig. Der Präsident sei laut Verfassung
Oberbefehlshaber der Streitkräfte, erklärte er. Die Entscheidung, wie
viele Soldaten wo zum Einsatz kommen sollten, liege daher bei ihm.
In seiner Amtszeit hatte Trump zuvor bereits acht Mal ein Veto gegen
Gesetzespläne aus dem Kongress eingelegt. In den Parlamentskammern
war jedoch in keinem dieser Fälle die notwendige Zweidrittelmehrheit
zustande gekommen, um sein Veto zu überstimmen. Im Repräsentantenhaus
haben die Demokraten die Mehrheit, im Senat die Republikaner.
Generell setzt sich der Kongress äußerst selten über Vetos hinweg.
Vor Freitag war das nach Angaben des Senats seit 1789 erst 111 Mal
passiert – bei mehr als 1500 Vetos, die ein Präsident gegen
Gesetzesentwürfe eingelegt hatte.
Am Sonntag kommen beide Kongresskammern in neuer Konstellation
zusammen. Parallel zur Abstimmung über einen neuen Präsidenten war im
November auch das Repräsentantenhaus neu gewählt worden, etwa ein
Drittel der Sitze im Senat standen ebenfalls zur Abstimmung. Das
Votum zu Trumps Veto war also das große Finale in der auslaufenden
Legislaturperiode beider Kammern.
Streit auch über Hilfszahlungen wegen Corona
Die abschließende Abstimmung im Senat dazu hatte sich um mehrere Tage
verzögert, wegen eines erbitterten Streits über eine Anhebung von
Hilfszahlungen an Bürger angesichts der Corona-Pandemie und der
dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise. Trump hatte eine deutliche
Aufstockung ins Gespräch gebracht – was die ihm sonst verhassten
Demokraten unterstützten, während sich die Republikaner in der Frage
gespalten zeigten. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat,
Mitch McConnell, verweigerte Trump auch in dieser Frage die
Gefolgschaft und blockierte die Pläne. Trump beklagte sich am Freitag
auf Twitter darüber und schrieb, dies sei weder fair noch klug. Zuvor
hatte er mit Blick auf den Widerstand gegen sein Veto bereits
geschimpft, die republikanische Führung sei "schwach" und "müde".
Seit der Wahl im November, deren Ergebnis Trump bis heute nicht
anerkennt, hat sich der abgewählte Präsident zunehmend isoliert und
mit diversen zuvor treu ergebenen Verbündeten gebrochen. Der Demokrat
Joe Biden hatte die Präsidentenwahl gewonnen und soll am 20. Januar
vereidigt werden. Bis dahin ist Trump mit allen Rechten im Amt.
(andi/dpa)
Der neue US-Präsident Donald Trump liefert Schlagzeilen in Fließband-Geschwindigkeit. Er droht mit Zollen, will am liebsten Kanada und Grönland einverleiben, schmeißt LGBTQIA+-Errungenschaften seines Vorgängers Joe Bidens über Bord und verlässt etwa die Weltgesundheitsorganisation.