Laurent ist schlauer wie wir. (Und ja, das war Absicht).Bild: Annette Birschel/dpa
International
11.07.2018, 12:0212.07.2018, 06:44
Immer wenn die Bässe laut durch das alte
Haus an der Prinsengracht in Amsterdam dröhnen, lernt Laurent. "Er
lernt am liebsten ohne Kopfhörer", sagt seine Mutter Lydia Simons und
rollt mit gespieltem Entsetzen die Augen. Laurent sitzt neben ihr am
großen runden Esstisch und grinst. Zur Zeit muss er nicht
lernen. Er hat gerade erst sein Abitur bestanden und wurde dafür fast
schon weltberühmt. Denn Laurent ist erst acht Jahre alt.
Hochbegabt, Genie, Wunderkind. Schon jetzt wird der
belgisch-niederländische Junge mit einem IQ von 145 von Medien mit
Einstein und Stephen Hawking verglichen. Doch er macht nicht den
Eindruck, als ob ihn das sehr einschüchtern würde. Laurent ist ein
freundliches, zurückhaltendes Kind. "Ich will Dinge gerne wissen."
Ob sich Laurent auch in diesem Quiz gut schlagen würde?
Das war schon immer so, erinnert sich Mutter Lydia. "Warum,
warum, warum, fragte er immer." Inzwischen ist es häufiger
andersherum, räumt sie ein. Dann fragt sie den Achtjährigen. "Er kann
gut erklären und hat Geduld", bestätigt Vater Alexander. "Wenn er
jemanden mag." Laurent grinst.
Als hochbegabt gilt, wer einen Intelligenzquotienten von über 130
hat. Nur rund zwei Prozent der deutschen Bevölkerung fallen darunter,
wie die Wiesbadener Stiftung "Kleine Füchse" informiert. Ab einem IQ
von 140 wird von Höchstbegabung gesprochen. "Einen IQ von 145 oder
höher erreichen nur noch 0.1 Prozent – also nur einer von 1000
Menschen", sagt Isabel Vöhringer, die leitende Psychologin der
Stiftung.
Was Laurent einmal werden will? Das weiß er noch nicht genau. Was
er studieren will hingegen schon: Mathematik. Das war auch sein
Lieblingsfach auf dem Gymnasium im belgischen Brügge, wo er in nur
wenigen Monaten die Oberstufe durchlief. In der Regel sind die
Schüler 18 Jahre alt, wenn sie dort das flämische Abitur machen, wie
ein Mitarbeiter der Schule sagt.
Laurent ist schon ganz knuffig – wer übrigens auch mal ganz süß war:
Auch Erdkunde und Geschichte fand Laurent toll. "Am
interessantesten fand ich den Kalten Krieg." Sein Vater ist Belgier,
seine Mutter Niederländerin. Da beide voll eingespannt in ihrer
Zahnarztpraxis waren, wuchs der kleine Laurent sechs Jahre lang bei
den Großeltern im belgischen Ostende auf.
Laurent mit seiner Familie.Bild: dpa
Bevor er nach Brügge wechselte, kam Laurent im Januar 2017
zunächst auf ein Privatgymnasium in Amsterdam. Das ging eigentlich
schon in der ersten Woche schief, erinnert sich seine Mutter. "Kaum
hatte der Lehrer eine Frage gestellt, gab Laurent die Antwort", sagt
Lydia Simons. "Das fanden die anderen Kinder natürlich auch nicht
schön." Schließlich wurde ein maßgeschneidertes Unterrichtspaket für
ihn entwickelt. Und ganz wichtig: Er bekam Einzelunterricht.
Laurent, sagt sein Vater, blühte auf. "Wenn er echt gefordert
wird, dann geht es rasend schnell, zu schnell für uns."
Der Junge absolvierte Grundschule und Gymnasium im Rekordtempo.
In Amsterdam machte er noch ein Praktikum bei einem Kardiologen. In
den Sommerferien besuchte er Sonder-Kurse für Hochbegabte. Und nun
bekam er das Abiturzeugnis.
In mancher Hinsicht ist er wie jeder andere Abiturient auch
Doch als Laurent das schmucklose Diplom im A4-Format in der Hand
hielt, reagierte er wie viele Abiturienten. "Dafür habe ich nun so
hart gearbeitet." Laurent kichert leise, als er an den Moment zurück
denkt. "Aber ich bin auch echt stolz."
Nach dem Sommer will er mit dem Studium beginnen. Die Familie
reist nun durch Europa auf der Suche nach einer geeigneten
Universität. Nein, der achtjährige Junge wird nicht gemeinsam mit
20-Jährigen im Hörsaal sitzen. Vermutlich könnte er kaum über den
Tischrand schauen. Er wird Einzelunterricht von Professoren bekommen. "Mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit in Belgien oder den
Niederlanden", weiß Laurent. Am liebsten in der Nähe von Oma und Opa
und seinen Freunden.
Doch erst mal sind da noch die Sommerferien. Auch ein kleines
Genie kann das Nichtstun genießen. "Wir fahren nach Marbella", sagt
er und freut sich: "Da kann ich mit Jet-Ski fahren und schwimmen." Und er fährt mit seinen Eltern in den Europa-Park in
Baden-Württemberg.
Jetzt aber muss er noch ein paar Interviews geben. "Das ist mal
schön, aber manchmal auch doof", sagt er sehr diplomatisch. Denn die
Fragen könnten ganz schön nerven. Die Eltern hoffen aber, dass
Laurent nach dem ganzen Wirbel in Ruhe gelassen wird und das tun
kann, was er am liebsten will: nachdenken und Lernen.
(pb/dpa)
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