Nach einer wochenlangen Eskalation im globalen Zollstreit haben die Finanzminister der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer bei ihrem Treffen am Sonntag in Buenos Aires über die Zukunft des Welthandels beraten.
Und obwohl die USA dabei ein wenig einlenkten, stellten sie Bedingungen, die für die Europäer inakzeptabel scheinen. Wie die Bundesregierung die Verhandlungen sieht und wovor der Internationale Währungsfond (IWF) warnt, erklären wir hier.
Im internationalen Handelsstreit haben sich die USA gegenüber Europa und Japan gesprächsbereit gezeigt. Beim Treffen der G20-Finanzminister in Buenos Aires am Wochenende schlug Finanzminister Steven Mnuchin erneut vor, die Handelsbarrieren innerhalb der Gruppe der sieben traditionellen Industriestaaten (G7) fallenzulassen.
Frankreich hielt dagegen: Bevor sich die EU zu Handelsgesprächen bereiterkläre, müsste US-Präsident Donald Trump die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie seine Drohung mit Zöllen auf Autos zurückziehen.
Der Vertreter des EU-Rats bei der G20, Hubert Fuchs, schlug moderatere Töne an. Der Verzicht auf die Stahl- und Aluminiumzölle sei keine Voraussetzung für Handelsgespräche. Er begrüßte den Vorstoß Mnuchins. "Selbst der Finanzminister der USA spricht sich für fairen und freien Handel aus. Das Problem ist, dass die USA unter fairem und freien Handel etwas anderes verstehen."
Der IWF warnte unterdessen die führenden Industrie- und Schwellenländer der G20-Gruppe vor einer Eskalation des von Trump angezettelten Handelsstreits. Im schlimmsten Falle könnte das weltweite Wirtschaftswachstum um einen halben Prozentpunkt niedriger ausfallen, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde.
In einem Entwurf für eine Abschlusserklärung kommen die G20 zum dem Schluss, dass durch den Handelsstreit und andere politische Krisen die Risiken für das Wachstum der Weltwirtschaft gestiegen sind. Sie riefen daher zu mehr Dialogbereitschaft auf. Zudem sollten sich Länder mittels Reformen gegen Risiken wappnen. Die Minister unterstrichen zudem die Gültigkeit der Ergebnisse des G20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs vor einem Jahr in Hamburg. Der Handel treibe das Wachstum der Weltwirtschaft voran, und daher seien multilaterale Abkommen wichtig.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warnte vor einer Verschärfung des Handelsstreits. "Sie können sich vorstellen, wenn wir einen Schnupfen bekommen im deutsch-amerikanischen oder im europäisch-amerikanischen Verhältnis, dann bekommen viele um uns herum eine Lungenentzündung. Deshalb ist es eine hochriskante Sache", sagte er im Deutschlandfunk. Der Konflikt müsse so schnell wie möglich beendet und jede Möglichkeit genutzt werden, um aus der Spirale gegenseitiger Drohungen herauszukommen.
Deutsche Wirtschaftsverbände forderten ein selbstbewusstes Auftreten der EU. "Europa darf sich nicht erpressen lassen", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, der "Welt am Sonntag".
Der Zollstreit zwischen der Europäischen Union und den USA könnte nach Einschätzung der Bundesregierung die europäische Integration aber auch vorantreiben. "Eine wahrscheinlich gar nicht angestrebte Folgewirkung der Politik des amerikanischen Präsidenten könnte ein unglaublich beschleunigter Integrationsprozess der Europäischen Union sein", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Sonntag beim Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankchefs in Buenos Aires.
Mit Spannung wird die Reise von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Handelskommissarin Cecilia Malmström am Mittwoch nach Washington erwartet. Sie wollen mit Trump über den Handelsstreit sprechen. Trump hat den Streit mit den europäischen Partnern entfacht, indem er Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium verhängt hat. Die EU hat darauf mit ähnlichen Zöllen etwa auf Motorräder und Whiskey reagiert. Trump drohte daraufhin mit zusätzlichen Zöllen auf Autos, die vor allem deutsche Hersteller treffen würden.
Sollte US-Präsident Donald Trump im Konflikt um immer neue Zölle nicht einlenken, erwägt die EU weitere Gegenmaßnahmen. "Die EU verhandelt als Gemeinschaft. Es gibt keine bilateralen Verhandlungen einzelner Staaten der Europäischen Union", sagte Scholz.
(reuters/dpa/jd)