Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump setzen seine Anwälte besonders auf ein Argument: Der Präsident habe gar keine richtige Straftat begangen – deswegen gebe es keine Grundlage für ein Impeachment. Die oppositionellen Demokraten und zahlreiche Verfassungsrechtler weisen diese Darstellung entschieden zurück.
Hintergrund des Streits ist die vage Formulierung in der US-Verfassung, wann ein Impeachment gegen den Präsidenten möglich ist. In Artikel zwei, Abschnitt vier der Verfassung werden "Verrat, Bestechung oder andere hohe Verbrechen und Vergehen" genannt. Das US-Repräsentantenhaus hat Trump in der Ukraine-Affäre "hohe Verbrechen und Vergehen" vorgeworfen, konkret Amtsmissbrauch und eine Behinderung des Kongresses.
Dabei handelt es sich tatsächlich nicht um gesetzlich verankerte Straftatbestände wie Meineid oder Mord. Das war nach Einschätzung von Experten aber auch gar nicht die Absicht der Väter der US-Verfassung Ende des 18. Jahrhunderts. Sie wollten demnach vielmehr verhindern, dass Regierungsverantwortliche oder Beamte ihre Amtsbefugnisse missbrauchen – und auch dann abgesetzt gezogen werden können, wenn sie keine konkrete Straftat begangen haben.
So definierte Alexander Hamilton, einer der Verfassungsautoren, hohe Verbrechen und Vergehen als Taten, die aus einem "Fehlverhalten" öffentlich Verantwortlicher, aus "Missbrauch oder Verletzung von öffentlichem Vertrauen" bestehen. Verfassungsrechtler sehen einen Amtsmissbrauch zum persönlichen Vorteil, wie er Trump in der Ukraine-Affäre vorgeworfen wird, als Paradebeispiel dafür.
Im Senatsprozess soll der von Trump angeheuerte Staranwalt Alan Dershowitz darlegen, warum es aus seiner Sicht ohne Straftat kein Impeachment geben kann. Allerdings hatte Dershowitz Ende der 1990er Jahre mit Blick auf das Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton genau das Gegenteil vertreten. Zu seinem Sinneswandel sagte er kürzlich, er habe sich nun tiefergehend mit der Frage befasst und liege heute "viel richtiger" als damals.
(afp/lin)