Eine Frau hält bei einer Demonstration eine große historische Flagge von Belarus.Bild: AP / Dmitri Lovetsky
International
Der Druck auf den autoritären Staatschef Lukaschenko steigt Tag für Tag mehr. Doch er klammert sich weiter an die Macht. Nun will die Opposition noch mehr Arbeiter zu Streiks motivieren - und so den "letzten Diktator Europas" zum Aufgeben zwingen.
18.08.2020, 08:4318.08.2020, 14:23
Die Opposition in Belarus (Weißrussland) will
angesichts der tagelangen Massenproteste auch die Streiks in der
Ex-Sowjetrepublik ausweiten. Der Ausstand in allen wichtigen
Staatsbetrieben solle so den Machtapparat zum Aufgeben zwingen, sagte
Maria Moros, Wahlkampfleiterin der Oppositionellen Swetlana
Tichanowskaja. "Wir machen der scheidenden Macht begreiflich, dass es kein Zurück geben wird."
Seit mehr als einer Woche gehen landesweit
die Menschen auf die Straßen und fordern den Rücktritt von
Langzeitpräsident Alexander Lukaschenko. Menschen in vielen wichtigen
Betrieben legten bereits ihre Arbeit nieder.
Der wirtschaftliche Schaden, der durch die Streiks entstehe, treffe
vor allem den Machtapparat, sagte die Aktivistin Moros in einer
Videobotschaft.
"Sie verstehen nur diese Sprache."
Die Machtelite
benötige das Geld für ihr eigenes Wohlbefinden oder auch für die
Einsatzkräfte bei den Protesten. Arbeitern, die Angst um ihre
Existenz haben, sicherte die Opposition über einen Solidaritätsfonds
finanzielle Hilfen zu. Die Betriebe gelten als elementar für das Aufrechterhalten des Staates. Experten gehen davon aus, dass der
Staatschef über die Arbeitsniederlegungen nach 26 Jahren an der Macht
am schnellsten zum Aufgeben gedrängt werden kann.
"Es lebe Belarus"
Die Proteste gegen die Führung in Minsk waren ausgebrochen, nachdem
Lukaschenko nach einer von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl
dennoch zum Sieger erklärt wurde. Bei den Demonstrationen wurden
mindestens zwei Menschen getötet, mehr als 150 verletzt und rund 7000
Demonstranten festgenommen. Die meisten von ihnen sind jedoch wieder
auf freien Fuß. Es sind die größten Proteste, die Belarus in seiner
Geschichte je erlebte.
Belarus, Minsk: Zahlreiche Demonstranten haben sich auf dem Unabhängigkeitsplatz versammelt, um gegen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko zu protestieren.Bild: dpa / Ulf Mauder
Auch zu Beginn der zweiten Protestwoche forderten wieder Tausende
Menschen im ganzen Land bei Demonstrationen Neuwahlen und die
Freilassung der letzten politischen Gefangenen. Am Montagabend
sammelten sich unzählige Menschen vor einem Gefängnis und zentralen
Plätzen in Minsk. Sie riefen "Freiheit", "Hau ab" und "Es lebe Belarus".
Die Oppositionelle Tichanowskaja war vergangene Woche unter Druck der
belarussischen Behörden in das EU-Land Litauen zu ihren Kindern geflüchtet.
Tichanowskaja hatte aus dem Exil bekannt gegeben, die Verantwortung
übernehmen und als nationale Anführerin handeln zu wollen. Nach
Angaben ihres Teams soll bereits am Mittwoch ein Koordinierungsrat
zusammenkommen, um die Machtübergabe vorzubereiten.
Lukaschenko hatte aber mehrfach betont, nicht die Macht abgeben zu
wollen. Es werde aktuell nicht zu Neuwahlen kommen. Er halte aber
eine - vage angedeutete - Verfassungsänderung für möglich, nach der
es irgendwann neue Abstimmungen geben könnte. Experten bewerten dies
jedoch als Versuch, Zeit zu gewinnen und die politische Krise
irgendwie zu überstehen.
Druck aus dem Ausland steigt
Auch der Druck aus dem Ausland steigt auf Lukaschenko. Für Mittwoch
hat die EU einen Videogipfel angesetzt, um die Ereignisse in dem
osteuropäischen Land zu besprechen. Gleichzeitig warnte EU-Ratschef
Charles Michel vor einer Intervention von außen. "Es sollte keine
Einmischung von außen geben", teilte er mit. Brüssel brachte wegen
der Polizeigewalt bereits am Freitag neue Sanktionen gegen
Unterstützer des Staatschefs Lukaschenko auf den Weg.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach nach Angaben aus
Litauen mit Staatspräsident Gintanas Nauseda über die Lage in
Belarus. Merkel dankte der Mitteilung aus Vilnius zufolge Litauen für
seine Hilfe. Auch sei die Kanzlerin am Zustand und den Zukunftsplänen
der Lukaschenko-Gegnerin interessiert gewesen.
Nauseda hatte zuvor auch mit seinem Amtskollegen aus Polen, Estland
und Lettland beraten. Die vier Staatschefs, die angesichts der
blutigen Proteste eine von Lukaschenko bereits abgelehnte Vermittlung
angeboten haben, riefen im Anschluss zu Neuwahlen in Belarus auf.
(pcl/dpa)
Bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 tötete die Hamas 1139 Menschen. Darunter auch die Eltern von Maoz Inon. Im Interview blickt er zurück auf diesen schwarzen Tag, sagt, weshalb er den Mördern seiner Eltern vergeben hat und warum er sich jetzt für Frieden einsetzt.
Heute jährt sich der Angriff der Hamas auf Israel. Was löst dieser Jahrestag in Ihnen aus?