Donald Trump will eine Anordnung für eine Polizeireform vorlegen.Bild: ap / Patrick Semansky
International
Der Tod von George Floyd hat die USA erschüttert, nun heizt der Tod eines weiteren Schwarzen die Debatte über Rassismus und Polizeigewalt an. Präsident Trump ist schwer in die Kritik geraten – er will die Vorwürfe mit eigenen Reformen kontern.
Nach wochenlangen Protesten gegen Rassismus und
Polizeigewalt infolge des Todes von George Floyd hat US-Präsident
Donald Trump eine Anordnung zur Polizeireform angekündigt. "Das
übergeordnete Ziel ist, dass wir Recht und Ordnung wollen", sagte
Trump am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus. "Und wir wollen, dass das
fair, gerecht und sicher geschieht." Welche Reformen er konkret
plant, wollte Trump erst bei einer Pressekonferenz am Dienstag um
18 Uhr unserer Zeit im Rosengarten des Weißen Hauses
anlässlich der Unterzeichnung der Verfügung verkünden.
"Wir werden einige gute Lösungen haben", sagte Trump. Er fügte hinzu,
die meisten Polizisten seien "großartige Menschen". Aus dem Weißen
Haus hieß es am Montagabend, die Anordnung sehe unter anderem Anreize
der Bundesregierung für Polizeibehörden vor, die Beamte besser
ausbildeten. "Schlechte Polizisten", die durch übermäßige
Gewaltanwendung aufgefallen seien, sollten früher ausgesiebt werden
können. Auch sollten Sozialarbeiter verstärkt zum Einsatz kommen.
Die USA werden seit Wochen von Protesten gegen Rassismus und
Polizeigewalt erschüttert. Auslöser war der Tod des Afroamerikaners
George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis
(Minnesota) am 25. Mai. Ein weißer Polizeibeamter hatte ihm fast neun
Minuten lang sein Knie auf den Hals gedrückt, obwohl Floyd ihn darum
bat, ihn atmen zu lassen.
Angeheizt wurden die Proteste durch einen erneuten tödlichen Einsatz
von zwei weißen Polizisten gegen einen Schwarzen in Atlanta (Georgia)
am Freitagabend. Beim Tod von Rayshard Brooks bei einer
Polizeikontrolle gab es erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit
der eingesetzten Gewalt. Die Obduktion ergab, dass der 27-Jährige an
Organschäden und Blutverlust durch zwei Schussverletzungen im Rücken
starb, wie CNN unter Berufung auf die Gerichtsmedizin berichtete.
In Atlanta protestieren nach dem Tod des Schwarzen Rayshard Brooks durch Schüsse aus einer Polizeiwaffe viele Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt.Bild: ap / Ben Gray
Der Vorfall in Atlanta wurde von der Bodycam eines Polizisten
festgehalten. Trump sagte, es habe sich um "eine furchtbare
Situation" gehandelt. Der Präsident hat den Tod von George Floyd
mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche Demonstrationen
betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus
zu positionieren und zu wenig Verständnis für den Zorn über
Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu zeigen.
Der Tod Brooks' in Atlanta befeuerte die Debatte um Polizeigewalt,
Rassismus und Reformen der Sicherheitskräfte. Die Staatsanwaltschaft
kündigte an, diese Woche über eine Anklage gegen die beteiligten
Polizisten entscheiden zu wollen. Videoaufnahmen der Ereignisse in
Atlanta am Freitagabend zeigen die Interaktion zwischen zwei weißen
Polizisten und Brooks, an dessen Ende einer der Beamten Schüsse auf
ihn abgab. Der 27-Jährige starb nach einer Operation im Krankenhaus.
Brooks war am Steuer seines Wagens eingeschlafen, als er in der
Schlange an einem Schnellrestaurant wartete. Die Bodycam des
eintreffenden Polizisten hielt fest, was dann passierte: Brooks wurde
aufgeweckt und angewiesen, sein Auto außerhalb der Schlange zu
parken. Er gab an, etwas getrunken zu haben. Die Unterhaltung lief in
ruhigem Ton ab - und das länger als 20 Minuten, wie US-Medien
berichteten. Brooks verneinte die Frage, ob er eine Waffe bei sich
trage, und willigte ein, abgetastet zu werden. Der Beamte bestellte
einen Kollegen hinzu, um einen Alkoholtest durchzuführen.
Die Polizisten stellten fest, dass Brooks zu viel getrunken hatte, um
Auto zu fahren, und wollten ihm Handschellen anlegen. Dann ging alles
ganz schnell: Brooks wollte sich der Festnahme entziehen, die drei
Männer fielen auf den Boden. In der Auseinandersetzung gelang es ihm,
die Elektroschockpistole (Taser) des Beamten zu greifen und sich zu
befreien. Es folgte eine kurze Verfolgungsjagd - vorbei an mehreren
Autos, die in der Schlange des Restaurants warteten. Brooks drehte
sich im Laufen um und aktivierte den Taser, woraufhin der Beamte
hinter ihm seine Dienstwaffe zog und schoss.
Die Bürgermeisterin Atlantas, Keisha Lance Bottoms, kündigte am
Montag Polizeireformen an. Polizisten müssten "Beschützer sein, nicht
Krieger". Sie erlasse Verordnungen, um die Gewaltanwendung durch
Polizisten auf das Nötigste zu begrenzen. Alle Beamte müssten künftig
immer wieder in Deeskalation geschult werden, erklärte sie.
Zudem müssten alle Polizisten künftig bei exzessiver Gewaltanwendung
durch Kollegen einschreiten und diese auch melden, um Strafen zu
entgehen, sagte die Bürgermeisterin. Es gebe keine Maßnahmen, die
Brooks zu seiner Familie zurückbringen könnten, aber sie werde sich
künftig "jeden Tag dafür einsetzen, dass so etwas nicht wieder
passiert". Die nun angeordneten Veränderungen seien nur der "erste
Schritt" eines Reformprozesses. Brooks' Tod habe sie "wütend und
traurig" gemacht.
Die New Yorker Polizei löst unterdessen eine Einheit zur
Verbrechensbekämpfung mit 600 Zivilpolizisten auf, denen besonders
oft Gewalt im Einsatz nachgesagt wurde. "Das ist ein großer Schritt",
sagte Polizeichef Dermot Shea am Montag in New York. Die Entscheidung
seien vergleichbar mit der Abschaffung des grundlosen Durchsuchens
("Stop and Frisk"), bei dem besonders häufig Schwarze brutal
vernommen wurden. Die betroffenen Polizisten waren oft auf den
Straßen der Millionenmetropole undercover unterwegs, Aktivisten
sagten ihnen häufig aggressives Verhalten gegen Minderheiten nach.
(se/dpa)
Die Welt steuert politisch und sozial auf immer turbulentere Zeiten zu. Kriege, Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen, Terrorismus und die Kluft in der Gesellschaft zwischen Arm und Reich haben in den vergangenen Jahren tiefe Spuren hinterlassen. Besonders betrifft das diejenigen, die noch lange mit den Folgen der aktuellen Probleme leben müssen: junge Menschen.