EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Bild: dpa / Armando Franca
International
Wegen der Knappheit bei Corona-Impfstoffen
sollen alle Exporte solcher Mittel aus der Europäischen Union künftig
erfasst und genehmigt werden. Dies kündigte die EU-Kommission am
Montag an. Hintergrund ist der Streit mit dem Hersteller Astrazeneca
, der vorerst weniger Impfstoff an die EU liefern will
als zugesagt. Die EU ist erbost und verlangt die volle vereinbarte
Menge. Für Mittwoch ist eine weitere Krisensitzung mit dem Hersteller
geplant, wie Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Montagabend
ankündigte.
Die Antworten der Firma seien nicht befriedigend gewesen - weder
in einer internen Sitzung mit den EU-Staaten am Nachmittag noch in
einer weiteren Zusammenkunft am Abend. "Mit unseren Mitgliedstaaten
haben wir von Astrazeneca eine detaillierte Planung für
Impfstofflieferungen gefordert sowie die Zeitpunkte, wann die
Verteilung an die Mitgliedstaaten stattfinden wird", schrieb
Kyriakides auf Twitter.
EU hatte bis zu 400 Millionen Impfstoffdosen bestellt
Bereits am Nachmittag hatte sie gesagt, die EU wolle, dass die
bestellten und vorfinanzierten Impfstoff-Dosen so bald wie möglich
ausgeliefert werden: "Wir möchten, dass unser Vertrag vollständig
erfüllt wird." Aus Kommissionskreisen hieß es abends, die EU fordere
das Unternehmen auf, "das Lieferangebot für das erste Quartal
deutlich nachzubessern". Von rechtlichen Schritten oder einer Klage
ist aber noch nicht die Rede. Es gehe jetzt um die "rasche
Auslieferung einer größtmöglichen Menge an Impfdosen".
Die EU-Kommission hatte im August mit der Firma die Lieferung von
bis zu 400 Millionen Impfstoffdosen vereinbart. Die Behörde zahlte
nach eigenen Angaben 336 Millionen Euro dafür, die Produktion schon
vor der EU-Zulassung hochzufahren. Nach Darstellung der EU-Kommission
hätte der Konzern seit Oktober Mengen für die EU auf Halde fertigen
müssen.
Astrazeneca verweist auf Probleme in der europäischen Lieferkette
Astrazeneca hatte aber am Freitag erklärt, dass nach der für
diese Woche erwarteten Zulassung zunächst weniger Impfstoff als
vereinbart an die EU geliefert werde. Statt 80 Millionen
Impfstoffdosen sollen es nach EU-Angaben bis Ende März nur 31
Millionen sein. Zur Begründung hieß es, es gebe Probleme in der
europäischen Lieferkette.
Doch steht die Vermutung im Raum, vorproduzierte Impfstoffdosen
könnten an andere Abnehmer verkauft worden sein. Kyriakides sagte:
"Die EU will wissen, wo genau welche Dosen bisher von Astrazeneca
produziert wurden und an wen sie geliefert wurden." Der
CDU-Europapolitiker Peter Liese kritisierte, Astrazeneca liefere
"offensichtlich in andere Teile der Welt, auch nach Großbritannien,
ohne Verzögerung".
EU plant Transparenzregister
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte in Berlin:
"Wir müssen als EU wissen können, ob und welche Impfstoffe aus der EU
ausgeführt werden. Nur so können wir nachvollziehen, ob unsere
EU-Verträge mit den Herstellern fair bedient werden. Eine
entsprechende Pflicht zur Genehmigung von Impfstoff-Exporten auf
EU-Ebene macht Sinn."
Dies verfolgt die EU-Kommission mit ihrem "Transparenzregister",
das nach Angaben aus EU-Kreisen binnen weniger Tage eingeführt werden
soll. Kyriakides sagte, alle Firmen, die Covid-19-Impfstoffe in der
EU produzierten, müssten künftig vorab anmelden, wenn sie in
Drittstaaten exportieren wollten. Humanitäre Lieferungen seien nicht
betroffen.
Die Kommission steht selbst in der Kritik, weil sie
Rahmenverträge mit den Herstellern ausgehandelt hat, vorerst aber nur
relativ wenig Corona-Impfstoff in den 27 Ländern ankommt. Die
Impfkampagne lahmt, während sich neue Virus-Varianten ausbreiten und
die Staaten das tägliche Leben und auch das Reisen weiter
einschränken.
Auch dazu machte die EU-Kommission am Montag einen Vorschlag. So
sollen für bestimmte Länder und Regionen strengere Test- und
Quarantäne-Regeln eingeführt werden. In Deutschland gelten schon seit
Sonntag für mehr als 20 Länder mit besonders hohen Infektionszahlen
neue Regeln bei der Einreise. Auch andere EU-Länder haben ihre
Vorgaben schon verschärft.
(hau/dpa)
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