Ob Ibiza-Affäre oder "Greta-Gate": Auch 2019 war ein Jahr voller Skandale und vermeintlicher Aufreger. Einige haben die politische Landschaft ihres Ursprungslandes gehörig durchgeschüttelt, andere sorgten eher für Belustigung bei vielen Menschen.
Wir nehmen euch mit auf einen Jahresrückblick von jeweils fünf Skandalen in Politik, Sport und Entertainment.
Im Mai 2019 veröffentlichten die "Süddeutsche" und der "Spiegel" Ausschnitte eines Videos, das den damaligen österreichischen Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache in einer Villa auf Ibiza zeigt. Die Aufnahmen stammen aus dem Juli 2017, wenige Monate vor der Parlamentswahl in Österreich.
Im Gespräch mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Tochter stellte Strache der Frau in Aussicht, dass sie für Parteispenden an die FPÖ Staatsverträge erhalten würde.
Es folgten Straches Rücktritt als Vize-Kanzler und der Bruch der österreichischen Regierung, bestehend aus der rechtspopulistischen FPÖ und der konservativen ÖVP. Mittlerweile wurde Strache aus der FPÖ ausgeschlossen, gegen ihn wird nun auch wegen der Veruntreuung von Parteigeldern ermittelt.
Seit Januar 2019 beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit der sogenannten Berater-Affäre.
Der Vorwurf: Bei der Vergabe von Beraterverträgen wurden im Bundesverteidigungsministerium Vergabekriterien nicht eingehalten. Insgesamt wurden in dem Ministerium in den Jahren 2015 und 2016 mindestens 200 Millionen Euro für externen Sachverstand ausgegeben.
Eine zentrale Frage ist dabei auch die Rolle der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die mittlerweile als EU-Kommissionschefin in Brüssel sitzt. Ende 2019 wurde die Affäre neu befeuert, als bekannt wurde: Vom Handy von Ursula von der Leyen, das als Beweismittel dienen sollte, wurden Daten gelöscht.
Auch diese Affäre wird in einem Untersuchungsausschuss im Bundestag aufgearbeitet: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte bereits 2018 Verträge zur Erhebung der Pkw-Maut mit zwei Betreibern abgeschlossen, als noch nicht sicher war, ob die Maut wirklich rechtlich zulässig sein würde.
Bekanntlich war sie das nicht, der Europäische Gerichtshof erklärte den deutschen Maut-Plan im Sommer für rechtswidrig.
Scheuers Ministerium kündigte umgehend die Verträge, die Betreiber fordern nun aber viel Geld vom Bund. Die Firmen teilten mit, ihnen stünden für den entgangenen Gewinn 560 Millionen Euro zu.
Bei der AfD gäbe es viel zu besprechen: Verdacht auf Verwicklung in Drogengeschäfte, Finanzierung eines Grabsteins, der rechtsextremen Freikorps gedenkt, Beschimpfung von Journalisten, Antisemitismus-Vorwürfe, ein Auftritt bei einem neurechten Verleger und viele weitere Vorfälle sorgten für Schlagzeilen.
Schwer aber wiegen nach wie vor die Vorwürfe, dass die AfD illegale Parteispenden angenommen haben soll.
Der US-Präsident ist ein wandelnder Skandal. Es waren aber nicht die Vorwürfe in der Russland- oder der Schweigegeld-Affäre, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump nach sich zogen – sondern ein Telefonat im Juli mit dem ukrainischen Präsidenten.
Bei dem Gespräch bat Trump seinen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj um Ermittlungen gegen Hunter Biden und seinen Vater Joe, seinen wohl größten Konkurrenten im Rennen um das Weiße Haus 2020. Außerdem steht der Vorwurf im Raum, Trump habe Militärhilfe für die Ukraine im Wert von über 400 Millionen Dollar zurückgehalten, um seinen Willen zu bekommen.
Im Dezember klagte das Repräsentantenhaus Trump offiziell an, er ist damit der dritte Präsident in der Geschichte der USA, der sich einem Impeachment-Verfahren im Senat stellen muss.
Trump wird wohl auch diesen Skandal überstehen. Im Senat bräuchte es eine zweidrittel Mehrheit, um ihn des Amtes zu entheben. Die Republikaner aber, die im Senat die Mehrheit halten, stehen weiterhin hinter Trump.
Es war das erste Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft: Im Frühling trat die DFB-Elf in Wolfsburg gegen Serbien an. Dabei beschimpfen drei Zuschauer einzelne deutsche Spieler rassistisch.
Nur einer der Männer wurde letztlich zu einer Strafe von 2400 Euro verurteilt. Er hatte "Sieg Heil" skandiert.
Es war bei weitem nicht der einzige rassistische Vorfall im Fußball. Immer wieder sahen sich Spieler in der Premier League oder englische Nationalspieler rassistischen Attacken in diesem Jahr ausgesetzt. In Frankreich wurde ein Erstliga-Spiel nach homophoben Rufen unterbrochen.
Über einen rassistischen Vorfall in Deutschland aber ist noch zu reden:
Der Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies sprach beim Tag des Handwerks in Paderborn über den Klimawandel und "Afrikaner", die aufhören sollten, "wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren". Er entschuldigte sich hinterher für die Aussage.
Zahlreiche Kommentatoren warfen Tönnies für seine Aussagen Rassismus vor, auch wir.
Anders sah das der Ehrenrat des FC Schalke 04. Die Rassismus-Vorwürfe gegen Tönnies seien unbegründet, teilte der Ehrenrat im August mit, allerdings habe Tönnies gegen das Diskriminierungsverbot im Leitbild von Schalke verstoßen. Er musste letztlich drei Monate sein Amt als Aufsichtsratsboss ruhen lassen.
Ende November kehrte Tönnies als Aufsichtsratboss und ins Stadion zurück.
Die Leichtathletik-WM in Doha/Katar war von Anfang an umstritten. Für Aufregung sorgten dann aber die Bilder einer neuen Kamera. Die war nämlich in den Startblocks der Läufer angebracht – und filmte die Sportlerinnen und Sportler aus einem sehr privaten Winkel.
Sprint-Star Gina Lückenkemper und weitere Athletinnen kritisierten die neue Technik scharf. Der Deutsche Leichtathletik-Verband beschwerte sich ebenfalls über die Kameras. Und erreichte, dass die Bilder erst gezeigt wurden, wenn die Athleten im Block saßen.
Kommen wir zu den USA und einem ganzen Haufen von Skandalen, die sich um den Football-Spieler Antonio Brown drehen. Der Wide Receiver sollte eigentlich bei den Oakland Raiders spielen, kam aber zu keinem Einsatz.
Erst konnte Brown nicht trainieren, weil er sich bei einer sogenannten Kryotherapie, einer Art Frost-Therapie, Erfrierungen am Fuß zugezogen hatte. Dann wollte er nicht trainieren, weil er seinen alten Helm aufgrund neuer Regularien nicht mehr in der NFL tragen durfte.
Schließlich wechselte er im September zu den New England Patriots um Quarterback-Star Tom Brady. Er kam sogar zu einem Einsatz in der NFL, wurde aber schon Ende September wieder entlassen, nachdem neue Vorwürfe wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung gegen ihn laut wurden.
Jüngst spielte Brown bei den New Orleans Saints vor, aber die Ermittlungen gegen ihn laufen noch.
Die Bilder vom Salut-Jubel aufgereihter türkischer Fußballer waren der große Aufreger bei der EM-Qualifikation im Oktober. Die Kicker salutierten in der Kabine – und auch auf dem Platz.
Die türkischen Nationalspieler wollten damit ihre Solidarität für die Soldaten der Türkei, die in Nordsyrien einmarschierten, ausdrücken – ein Einsatz, der nach Ansicht der deutschen Bundesregierung völkerrechtswidrig ist.
Deutschland diskutierte in der Folge über zwei Likes. Die beiden deutschen Nationalspieler Ilkay Gündogan und Emre Can hatten ein Bild der Jubelszene bei Instagram mit "Gefällt mir" markiert.
Politische Botschaften sind während der Spiele der Quali verboten. Die Uefa verhängte dennoch nur eine milde Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro gegen den türkischen Verband.
Es war wohl die Doku des Jahres: "Leaving Neverland" über Michael Jackson. In dem Film erzählen James Safechuck und Wade Robson schockierend und in schwer zu ertragender Detailtiefe, wie der Sänger sie sexuell missbraucht haben soll, als sie noch Kinder waren.
Angefangen habe der Missbrauch, als er sieben war, sagt Robson in der Dokumentation. Es wird beschrieben, wie Jackson sich systematisch an die Kinder annäherte, schließlich mit ihnen in einem Zimmer schlief und nach einer Zeit wieder abstieß. Robsons Mutter spricht von einem "Muster": "Alle zwölf Monate hatte er einen neuen Jungen an seiner Seite."
Der Film sorgte für viel Aufsehen. Zahlreiche Michael-Jackson-Fans warfen den beiden Männern vor zu lügen.
Riesen-Drama bei "Germany's Next Topmodel": Kandidatin Vanessa stieg eine Woche vor dem Finale aus, obwohl sie zu den Favoritinnen gehört hatte. Das gab es noch nie in der Geschichte der ProSieben-Show.
Erst erklärte Vanessa, nicht über die Gründe für ihre Entscheidung reden zu wollen. Dann berichtete sie unter Tränen, ProSieben habe ihren offiziellen "GNTM"-Insta-Account gesperrt. Am Tag danach sprach sie davon, der Sender habe "eine Grenze überschritten".
Drama, Drama, Drama. Am Ende erklärte Vanessa auf Instagram: Ihre Mutter habe sie nach der Ausstrahlung einer Folge angerufen und weinend gesagt: "Mein Kind ... Wer ist das da im Fernseher? Das bist nicht du. Das ist nicht meine Vanessa." Da habe sie sich zum Ausstieg entschieden.
Die diesjährige "GNTM"-Staffel um Heidi Klum gewann übrigens Simone Kowalski.
Witze über alte Leute: Geht gar nicht. Das dachten sich auch zahlreiche Zuschauer beim ZDF-"Fernsehgarten" im August, als Entertainer Luke Mockridge auftauchte.
Mockridge witzelte: "Woran erkennt man alte Menschen? Sie haben graue Haare, sind schrumpelig und riechen nach Kartoffeln."
ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel war entrüstet: "Ich mache diese Sendung seit 19 Jahren. Das, was Luke Mockridge da abgezogen hat, ist an Unkollegialität nicht zu überbieten."
Denn der Auftritt war offenbar so nicht abgesprochen. Oder etwa doch? Wie bei jedem guten Skandal stellte sich auch beim "Fernsehgarten"-Gate die Frage: Wer wusste wann was?
Ein Mitarbeiter der Produktionsfirma plauderte später aus, sehr viele seien beim "Fernsehgarten" eingeweiht gewesen. ZDF-Showchef widersprach indes.
Am Ende stand fest: Der Auftritt war gute Werbung für Mockridges neue Sendung "Greatnightshow" auf Sat.1.
Die ganzen Gerüchte und Aufreger um Bushido in diesem Jahr könnten wohl auch eine Skandal-Liste alleine füllen.
Da ist der ganze Komplex um den Rapper und den Berliner Clan-Chef Arafat Abou-Chaker. Anfang des Jahres tauchten die Gerüchte auf, Abou-Chaker habe seinen einstigen Geschäftspartner Bushido erpresst. Im Oktober erhob die Berliner Staatsanwaltschaft eine umfangreiche Anklage, etwa 100 Seiten lang, gegen Abou-Chaker und drei seiner Brüder. Die Vorwürfe gegen den Clan-Chef: schwere räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Beleidigung.
Da ist außerdem der ganze Streit zwischen Bushido und Rapper Fler. Die beiden dissten sich gegenseitig heftig in Songs. Ein Gericht urteilte jüngst, dass Fler eines seiner Lieder umschreiben muss.
Fler wirft Bushido vor, in der Causa Abou-Chaker nicht ehrlich zu sein und ihm, Fler, die Polizei auf den Hals zu hetzen. Im September eskalierte dieser Streit, als Fler in eine Polizeikontrolle geriet, einem Beamten Schikane vorwarf und ihn einen "Fanboy" nannte.
Mitte Dezember erschien Bushidos neues Album "CCN4": mit einer ganzen Menge an Beleidigungen gegenüber Prominenten.
Prinz Andrew ist der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II. Er steht wegen seiner Freundschaft zu dem verurteilten Sexualstraftäter und mutmaßlichen Menschenhändler Jeffrey Epstein in der Kritik. Eine Frau wirft Andrew vor, sie mehrmals zum Sex gezwungen zu haben.
Für Empörung sorgte Prinz Andrew im Herbst, als er der BBC ein Interview gibt und sein Verhältnis zu Epstein verteidigt. Nach massiver Kritik an seinen fahrigen Äußerungen kündigte der Prinz an, seine öffentlichen Ämter bis auf weiteres niederzulegen.
Epstein selbst nahm sich laut offiziellen Angaben im August in Untersuchungshaft das Leben. Dabei sollte der Amerikaner eigentlich unter permanenter Beobachtung stehen.
(ll)