Studierende haben mittlerweile das Universitätsgebäude gestürmt.Bild: imago images / ZUMA Wire/ Syndi Pilar
International
30.04.2024, 18:4902.05.2024, 14:44
Die pro-palästinensischen Demonstrationen an der New Yorker Elite-Universität Columbia spitzen sich weiter zu. In der Nacht zu Dienstag (Ortszeit) drangen Demonstrierende in ein Gebäude ein, wie US-Medien berichteten. Es handle sich um die Hamilton Hall, die auch 1968 während eines Protests gegen den Vietnam-Krieg besetzt worden war.
Auf Videos ist zu sehen, wie vermummte Personen mit schwarz-weißen Palästinensertüchern Fenster einschlagen und den Eingang des Gebäudes mit Stühlen und Tischen verbarrikadieren. Die Aktivist:innen haben die Halle auch kurzerhand in "Hinds Hall" umbenannt, wohl zu "zu Ehren" von Hind Rajab, ein sechsjähriges palästinensisches Mädchen, das vom israelischen Militär getötet wurde.
Nach Angaben der Studierendenzeitung "Columbia Spectator" befanden sich mehrere Dutzend Protestierende in der Hamilton Hall. Hunderte weitere demonstrierten demnach vor dem Gebäude. Die Polizei halte sich außerhalb des Universitätsgeländes für den Fall bereit, dass es Verletzte gebe.
Die Studierendengruppen "Columbia Students for Justice in Palestine" und "Columbia University Apartheid Divest" kündigten an, die Hamilton Hall nicht zu verlassen, bis ihre Forderungen erfüllt würden. "Ein Gebäude zu besetzen, ist ein geringes Risiko im Vergleich zum täglichen Widerstand der Palästinenser im Gazastreifen", hieß es in einer auf der Plattform X verbreiteten Stellungnahme.
Die radikalen Studierendengruppen sehen die Aktionen in der Tradition von Studierendenprotesten in den USA, etwa im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg in den 1960er-Jahren.
Die Columbia währenddessen empfahl Studierenden und Mitarbeiter:innen, aus Sicherheitsgründen am Dienstag nur in dringenden Fällen den Campus aufzusuchen. Eine Sorge um Sicherheit, die offenbar nicht ganz unberechtigt war, wie das polnische Nachrichtenaggregat "Visegrád 24" auf X in einem Video demonstriert.
Columbia: Protestierende bedrängen Studierende
Darin zu sehen sind maskierte Protestler:innen, die einen Studenten bedrängen. Laut dem Medium soll es sich dabei um einen jüdischen Studenten handeln. Unsanft wird dieser von der Masse weggeschoben. "Das ist ein Übergriff", macht der bedrängte Student deutlich. Die Protestierenden interessiert das offenbar wenig. Am Ende des Videos ist "Shut him down" (auf deutsch: "Schalte ihn aus") zu hören.
Die Demonstrierenden kritisieren das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und fordern Solidarität mit den Palästinenser:innen. Außerdem verlangen sie von der Hochschule, finanzielle Beziehungen mit Israel zu beenden. Die Universität lehnte das am Montag ab.
Am Montag hatte die Universität angekündigt, Student:innen zu suspendieren, wenn sie ein Protestcamp auf dem Universitätsgelände nicht bis zum Nachmittag verließen.
Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich
hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden?
Hier findest du unseren Broadcast-Channel.
Wie angespannt die Stimmung auf beiden Seiten – also den Israel-Supporter:innen und den Unterstützer:innen der Palästinenser:innen – ist, zeigt auch ein Video des Schauspielers Walter Masterson. Als Sturmtruppler verkleidet wollte der mit Pro-Israel-Demonstrierenden über Star Wars und das Imperium diskutieren. Für Masterson offensichtlich eine geeignete Metapher für das Vorgehen Israels gegenüber den Palästinenser:innen (oder, um in seiner Metapher zu bleiben, die Rebellen-Allianz).
Zur Erinnerung: Die Hamas hatte am 7. Oktober vergangenen Jahres etwa 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte daraufhin mit einer Bodenoffensive und Luftschlägen in dem Küstengebiet. Durch die Angriffe Israels wurden nach Angaben der von Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden seit Kriegsbeginn etwa 34.500 Menschen getötet. An vielen Ecken wird der Vorwurf, Israel begehe einen Genozid, laut. Selbst enge Verbündete, wie etwa die USA, kritisieren Premierminister Benjamin Netanjahu mittlerweile öffentlich.
Die pro-israelischen Demonstrierenden können mit dieser Provokation offenbar wenig anfangen und scheuchen Masterson lautstark und schubsend davon. Von seiner undifferenzierten Kritik am Staat Israel wollten sie wohl nichts wissen. Generell wirkt es, als seien unter den Protestierenden an der Columbia wenig Grautöne für den komplizierten Konflikt in Nahost vorhanden.
Vor knapp zwei Wochen hatte ein Einsatz der New Yorker Polizei an der Columbia für Aufsehen und Kritik gesorgt. In der Folge kam es in Dutzenden Universitäten in den USA zu Protesten und den Aufbau von Zeltlagern. Seitdem wurden landesweit laut "New York Times" mehr als 800 Menschen festgenommen, darunter auch Hochschulpersonal. Einigen wird Antisemitismus und die Verharmlosung der islamistischen Hamas vorgeworfen, deren Ziel unter anderem die Vernichtung des Staates Israel ist.
Israels Präsident Izchak Herzog nannte die "entsetzlichen antisemitischen Aktionen" an der Columbia zutiefst beunruhigend. "Die amerikanische Wissenschaft muss sich der Bedrohung bewusst werden", schrieb Herzog auf X. Er sprach von "einer klaren und gegenwärtigen Gefahr für die akademische Freiheit und für das Leben der Juden auf dem Campus." Herzog forderte Maßnahmen, um Antisemitismus auf dem Campus zu verhindern.
(Mit Materia der dpa)
Donald Trump muss im US-Wahlkampf ein dickes Brett bohren, wenn er noch ins Weiße Haus einziehen will. Beunruhigende Nachrichten über seinen geistigen Zustand und seine Haltung zu Adolf Hitler haben ihm zuletzt viel negative Presse eingetragen. Der 78-Jährige kann dennoch auf eine treue Anhängerschaft bauen.