Boris Johnson und die Briten sind not amused.Bild: dpa / Hannah Mckay
International
In einer neuen Eskalation des
Impfstoff-Streits zwischen Brüssel und London ist ein Vertreter der
EU ins britische Außenministerium einbestellt worden. Das erfuhr die
Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen in London am
Dienstagabend. Grund sei eine Äußerung von EU-Ratspräsident Charles
Michel zu einer angeblichen Sperre für Impfstoff-Exporte des Landes
gewesen. Es handle sich dabei um eine Falschbehauptung, die auf
verschiedenen Ebenen innerhalb der EU immer wieder vorgebracht worden
sei, so die Quelle.
"Die britische Regierung hat nicht einmal den Export einer
einzigen Covid-19-Impfung blockiert", teilte ein
Downing-Street-Sprecher am Dienstagabend mit. Alle Verweise auf ein
britisches Export-Verbot oder jegliche Einschränkungen für Impfstoffe
seien komplett falsch. Ein gleichlautendes Schreiben schickte der
britische Außenminister Dominic Raab zudem an den EU-Ratspräsidenten.
EU-Ratspräsident Michel sorgte in London mit Aussage für Wirbel
Michel hatte zuvor in seinem Newsletter das Programm zu
Impfstoffbeschaffung der EU-Kommission verteidigt. Behauptungen, die
EU betreibe Impf-Nationalismus seien schockierend, schrieb er.
Beispielsweise stamme der größte Teil des in Israel verabreichten
Impfstoffs aus Belgien. Die EU habe nie aufgehört zu exportieren.
EU-Ratspräsident Charles Michel.Bild: ap / John Thys
Anders sei das in den USA und Großbritannien. "Das Vereinigte
Königreich und die Vereinigten Staaten haben eine regelrechte Sperre
verhängt für den Export von Impfstoffen oder Impfstoff-Komponenten,
die auf ihrem Gebiet produziert werden", schrieb Michel. Später legte
er sogar noch nach. Er suggerierte dabei, Großbritannien habe die
Exporte auf indirektem Wege gestoppt. "Froh, wenn die britische
Reaktion zu mehr Transparenz und erhöhten Exporten in die EU und
Drittländer führt", schrieb er auf Twitter und fügte hinzu: "(Es
gibt) verschiedene Wege, um Sperren oder Beschränkungen für
Impfstoffe/Medikamente einzuführen."
London hatte Brüssel kürzlich wegen des Stopps einer Lieferung
von Astrazeneca-Impfstoff an Australien kritisiert.
Die EU hatte einen Export-Kontrollmechanismus eingeführt, nachdem das
britisch-schwedische Unternehmen seine Lieferzusage erheblich
gekürzt hatte. Großbritannien ist von den Lieferproblemen
Astrazenecas aber nicht betroffen. Nach Angaben von Geschäftsführer
Pascal Soriot hat London in seinem Vertrag mit Astrazeneca
vereinbart, dass die Werke auf britischem Boden zuerst nur für den
britischen Markt produzieren dürfen. Das scheint aber der Abmachung
mit Brüssel zu widersprechen.
(hau/dpa)
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