Bei der Bildung einer neuen Regierung in Italien verhandeln die Parteien noch über einen Kandidaten für das Amt des künftigen Premierministers. Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, sagte am Sonntag nach Gesprächen mit der rechtspopulistischen Lega in Mailand:
Die europakritischen Parteien Lega und Fünf Sterne hatten vergangene Woche Gespräche zur Regierungsbildung aufgenommen und wollten bis Sonntag Staatspräsident Sergio Mattarella Ergebnisse präsentieren.
Medien berichteten jedoch, dass sich die Entscheidung über einen Ministerpräsidenten noch in die nächste Woche ziehen könnte. Spekuliert wird, dass weder Di Maio noch Lega-Chef Matteo Salvini den Posten des Regierungschefs übernehmen, sondern eine dritte, neutralere Person.
Kaum einer hätte vor der italienischen Parlamentswahl geglaubt, dass die populistische 5-Sterne-Bewegung und die rechte Lega jemals zusammenfinden würden. Zu groß erschienen die Unterschiede der beiden Parteien, die seit ein paar Tagen versuchen, ihre Programme in Einklang zu bringen.
Die Wahlversprechen kosten etliche Milliarden Euro und dürften sich kaum umsetzen lassen. Schon jetzt wird klar, dass die beiden ungleichen Partner auf Kollisionskurs mit der EU und den Euro-Partnern sind.
Selbst wenn sie sich nur auf einen Teil ihrer Versprechen einigen, wird die Rechnung üppig. So wird das von den 5 Sternen geforderte Grundeinkommen für Arme auf jährlich 17 Milliarden Euro taxiert. Würde eine Pauschalsteuer von 15 Prozent für Unternehmen und Bürger eingeführt, was die Lega fordert, könnten die Steuereinnahmen um 80 Milliarden Euro im Jahr sinken.
Die Rückabwicklung der Rentenreform: 15 Milliarden. Der Verzicht auf die Mehrwertsteuererhöhung: 12,5 Milliarden Euro. Es bleibt unklar, wie Italien seinen Verpflichtungen nachkommen will. Das Euro-Land wollte eigentlich das Staatsdefizit senken und die Verschuldung zurückfahren. Diese beträgt 130 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung. In der Euro-Zone ist nur Griechenland noch stärker verschuldet.
Sowohl die Lega als auch die Sterne hatten angekündigt, sich gegen ein "Diktat" aus Brüssel zu stemmen. Auf dem Tisch sei die "Neuverhandlung der EU-Verträge", sagte Salvini, "andernfalls erstickt Italien, und in dieser Sache scheint es mir ein gemeinsames Anliegen."
Vor allem gegen das Dublin-Abkommen zur Migration, wonach Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen sollen, in dem sie erstmals die EU betreten, wollen beide vorgehen. Denn in Italien landen traditionell viele Migranten an der Küste.
Sollten sich die Lega und die Sterne unerwarteterweise nun doch nicht auf eine Regierung einigen, droht letztendlich eine Neuwahl. Dies könnte vor allem Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi freuen. Denn ein Gericht in Mailand entschied am Wochenende, dass er nach einer rund fünf Jahren langen Ämtersperre wieder für ein politisches Amt kandidieren darf. Der Mailander Medienunternehmer war 2013 wegen Steuerbetrugs verurteilt worden und anschließend aus dem Senat ausgeschlossen worden.
(pbl/reuters/dpa)