Nebst der Verteidigung gegen die russischen Eindringlinge ist für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj jener gegen die Korruption in den eigenen Reihen der selbst erklärte, zweitwichtigste Kampf, den sein Land führt.
Nun gelang den ukrainischen Antikorruptionsbehörden offenbar ein großer Schlag, der sowohl als wichtiger Erfolg, aber auch als Symbol für die tiefe Verankerung des Problems im ukrainischen Staat gesehen werden kann: die Verhaftung von Wsewolod Knjasjew, seines Zeichens Präsident des Obersten Gerichtshofs der Ukraine.
Laut der Zeitung "Ukrajinska Prawda" wurden rund drei Millionen US-Dollar bei Knjasjew sichergestellt. An das Geld soll er gelangt sein, indem er sich bestechen ließ. Nebst dem obersten Richter wurden Razzien bei 18 weiteren Richtern durchgeführt.
Der Zeitung zufolge soll es sich bei den Geldern, die Knjasjew erhielt, um Zahlungen handeln, die ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zugunsten des Oligarchen Konstantin Schewago begünstigen sollten. Demnach hatte das Gericht über die Eignungsanteile der Bergbaufirma Ferexpo zu entscheiden, wobei Schewago bevorteilt wurde.
Korruption ist in der Ukraine ein großes Problem. Im Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) der unabhängigen Organisation Transparency International rangierte die Ukraine im Jahr 2022 nur auf Rang 116 von 180 gelisteten Ländern und damit in derselben Region wie beispielsweise Sierra Leone, El Salvador oder Algerien.
Zu wenig für die angestrebte Aufnahme in die EU, welche einen Beitritt der Ukraine seit jeher unter anderem von einer niedrigeren Korruptionsrate im Land abhängig macht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betont deshalb immer wieder, dass seine Regierung alles unternehme, um dem Korruptionsproblem Herr zu werden.
In der Vergangenheit, auch während des Krieges gegen Russland, wurden deshalb immer wieder hohe Beamte, Justizvertreter und Militärs verhaftet oder entlassen, die es mit den Prinzipien ihrer Aufgabe nicht ganz so genau genommen haben sollen.
(con/watson.ch)