Aus China gehen gerade groteske Bilder um die Welt: Zahlreiche Videos in den sozialen Netzwerken zeigen Aufnahmen von Menschen, die aus der strengen Corona-Quarantäne ausbrechen. Berichten zufolge aus Angst, sonst nicht mehr an Nahrungsmittel zu kommen. Sie zeigen Menschen, die aus den Fenstern klettern und sich abseilen, weil laut Medienberichten ihre Wohnungstüren von außen versiegelt wurden.
Die meisten Länder, so auch Deutschland, stellen sich mit Blick auf die Impfkampagne inzwischen auf ein Leben "mit dem Coronavirus" ein – nicht so China, wo mit größter Strenge weiterhin mit dem Konzept "Zero Covid" gearbeitet wird, der Ausmerzung des Virus durch gestoppte Weiterverbreitung.
Nun kommen von dort Videos, die anzusehen kaum auszuhalten ist: etwa von noch lebenden Katzen in verschlossenen Plastiksäcken. Sie sollen im Zuge der Anti-Corona-Strategie getötet werden. Andere Aufnahmen zeigen Hunde, die mit Stöcken erschlagen werden. Gleichzeitig patrouillieren Roboter durch die verlassenen Straßen der 26-Millionen-Einwohner-Stadt Shanghai und verkünden aktuelle Regeln.
China zählt gut zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie zu den letzten Ländern weltweit, die an einer sogenannten Null-Covid-Strategie festhalten: Mit strikten Lockdowns und Massentestungen sowie mit der Tötung von streunenden Hunden und Katzen sollen sämtliche Ansteckungen vermieden werden. Außerdem werden regelmäßig ganze Straßenzüge desinfiziert:
Shanghai ist dementsprechend seit zwei Wochen ganz oder teilweise abgeriegelt. Etwa 25 Millionen Menschen wurden angewiesen, zu Hause zu bleiben. Zehntausende wurden in Quarantänezentren gebracht.
Wie der Schweizer Reporter Fabian Eberhard berichtet, kommt es wegen der Restriktionen vielerorts zu Gewalt. In einem Tweet schrieb er: "In Shanghai werden gerade die übelsten Science-Fiction-Fantasien wahr. Die autoritäre Regierung zwingt 26 Millionen Menschen in den Lockdown – mit totalitären Mitteln." Polizisten und regierungstreue Nachbarschaftskomitees würden Menschen in Häuser einmauern und Infizierte aus den Wohnungen zerren.
Doch einem Teil der Bevölkerung reicht es.
Die Videos von ausrastenden Menschen verschaffen einen Einblick in die Stimmung mancher Menschen im Land: Die Nerven liegen offensichtlich blank – und viele widersetzen sich den Restriktionen ihres Regimes.
Mit immerhin mäßigem Erfolg: Unter dem zunehmenden Druck haben die Behörden in Shanghai eine Lockerung des Lockdowns angekündigt. Bewohnern von Stadtteilen ohne registrierte Neuinfektionen werde es demnach Schritt für Schritt erlaubt, ihre Wohnungen wieder zu verlassen, teilten die Behörden am Montag mit. Die Einzelheiten blieben zunächst aber vage.
Nach Angaben des Behördenvertreters Gu Honghui sollen die Stadtteile entsprechend ihrer Infektionszahlen in drei verschiedene Stufen eingeteilt werden. "Differenzierte Präventions- und Kontrollmaßnahmen" würden damit die "tatsächlichen Umstände" vor Ort widerspiegeln, sagte er. In den Wohngebieten, in denen in den vergangenen 14 Tagen keine neuen Fälle mehr aufgetreten seien, dürften die Bewohner wieder vor die Tür.
Derzeit sind viele Straßen menschenleer, wie Drohnen-Aufnahmen der Nachrichtenagentur Reuters – hier in Shanghai – zeigen:
Die USA ziehen wegen des anhaltenden Lockdowns nicht zwingend notwendiges Personal aus ihrem Konsulat in der ostchinesischen Hafenmetropole ab. Wie ein Sprecher der US-Botschaft am Dienstag in Peking berichtete, werden die Diplomaten und ihre Familien mit kommerziellen Flügen abreisen.
Unterdessen wurde berichtet, dass Exil-Franzosen in der chinesischen Metropole Shanghai wegen des strikten Corona-Lockdowns dort nicht an der Wahl des nächsten französischen Präsidenten teilnehmen konnten. Die dortigen Wahllokale wurden am Sonntag auf Geheiß der chinesischen Behörden nicht geöffnet, wie die französische Botschaft in Peking mitteilte.
Man setze alles daran, den Franzosen in Shanghai eine Abstimmung beim zweiten Wahlgang am 24. April zu ermöglichen.
(ast / mit Material von dpa)