Triggerwarnung: Im folgenden Text werden sexualisierte Gewalthandlungen und deren Folgen für Betroffene geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.
Der Tod von Mahsa Amini in der Haft löste vor sechs Monaten eine Welle von Protesten in Iran aus. Seither kämpfen die Menschen unermüdlich gegen die autoritäre Regierung an und riskieren damit ihr Leben. Das Mullah-Regime geht brutal gegen die Demonstrierenden vor – selbst gegen Kinder. Das behauptet die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.
Auspeitschungen, Elektroschocks und sexuelle Gewalt – seien Foltermethoden, die inhaftierte Kinder ertragen müssen. Laut Amnesty ist das Ziel: Mädchen und Jungen zu bestrafen, zu demütigen sowie erzwungene "Geständnisse" zu erpressen. Dafür schrecke die Revolutionsgarde, die paramilitärischen Basij, die Polizei für öffentliche Sicherheit und andere Sicherheits- und Geheimdienstkräfte offenbar vor nichts zurück. Angesichts der überwiegend jungen Teilnehmenden bei den Protesten geht Amnesty davon aus, dass Tausende Kinder inhaftiert waren.
Erst vor wenigen Tagen hatte Irans Justiz offenbart, dass mindestens 22.000 Demonstranten festgenommen worden waren. Ein Großteil der Protestteilnehmer soll inzwischen freigekommen sein. Genaue Zahlen gibt es von staatlicher Seite nicht.
Laut der Menschenrechtsorganisation wurden die Kinder unter grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen festgehalten: überfüllte Zellen, schlechter Zugang zu Toiletten und Waschgelegenheiten, Mangel an ausreichend Nahrung und Trinkwasser, extreme Kälte und längere Einzelhaft. Mädchen seien von rein männlichen Sicherheitskräften ohne Rücksicht auf ihre geschlechtsspezifischen Bedürfnisse festgehalten worden. Die Beamten sollen den Kindern auch eine angemessene medizinische Versorgung verweigert haben, selbst bei erlittenen Verletzungen durch Folter.
"Diese Gewalt gegen Kinder entlarvt eine bewusste Strategie, um den lebhaften Geist der Jugend des Landes zu zerstören", schreibt Diana Eltahawy im Bericht. Sie ist stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika. Weiter sagt sie:
Laut Eltahawy versucht das Regime über grausame Weise Kinder und Jugendliche davon abzuhalten, Freiheit und Menschenrechte einzufordern. Im Zuge der Ermittlungen hat Amnesty die Fälle von sieben Kindern detailliert dokumentiert. Dazu sprach die Menschenrechtsorganisation mit dutzenden Zeugen, darunter etwa Opfer, Familienangehörige, Anwälte und Häftlinge, die mit Kindern im Gefängnis saßen.
Die Gewalt gegen Kinder beginne demnach bereits bei der Festnahme, wo Kinder und Jugendliche in den Gefängnistransportern geschlagen und in den Haftanstalten gefoltert wurden. Dazu zählten auch Elektroschocks an Genitalien, die erzwungene Verabreichung unbekannter Tabletten sowie schwere Drohungen. Bevor sie freigelassen wurden, drohten Staatsbeamte den Kindern oft mit der Verhaftung ihrer Verwandten, falls sie sich beschwerten.
Laut Amnesty International seien unter den Opfern auch Kinder gewesen, die nicht älter als zwölf Jahre alt waren.
Schilderungen, welche die Grünen-Politikerin Lamya Kaddor sprachlos machen. Auf Twitter schreibt sie: "Autoritär geführte Länder schrecken auch vor Gewalt und Folter an Kindern und Jugendlichen nicht zurück." Dies sei ein grausames und skrupelloses Vorgehen.
Amnesty fordert eine Freilassung der inhaftierten Kinder und appelliert an die internationale Staatengemeinschaft: "Da es keine Aussicht auf wirksame, unparteiische Ermittlungen zur Folter von Kindern in Iran gibt, fordern wir alle Staaten auf, die universelle Gerichtsbarkeit über iranische Beamte auszuüben" fordert Eltahawy. Wie ernst und grausam die Lage ist, untermauert ein Zitat einer Mutter.
Warnung. Es folgen sensible Inhalte.
Ein Junge, der von staatlichen Agenten festgenommen wurde, erzählte seiner Mutter: "Ich war gezwungen zu sagen, was sie wollten, weil sie mich mit einem Schlauch vergewaltigten. Sie nahmen meine Hand und zwangen mich, Fingerabdrücke auf den Papieren zu machen."
(mit Material der dpa)