Die beinahe fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2 soll nach Aufnahme des Betriebs 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Russland nach Deutschland befördern.Bild: X01295 / Tobias Schwarz
International
Im Streit um die deutsch-russische
Pipeline Nord Stream 2 verzichtet die Regierung von US-Präsident Joe
Biden auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft. In einem am
Mittwoch übermittelten Bericht von US-Außenminister Antony Blinken an
den Kongress heißt es, der Verzicht auf Strafmaßnahmen gegen die Nord
Stream 2 AG im schweizerischen Zug, deren deutschen Geschäftsführer
Matthias Warnig und vier weitere Mitarbeiter sei im "nationalen
Interesse" der USA. Als Begründung wurde angeführt, dass solche
Sanktionen "die US-Beziehungen mit Deutschland, der EU und anderen
europäischen Verbündeten und Partnern" negativ beeinflusst hätten.
In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Bericht heißt es
weiter, auf Grundlage der US-Sanktionsgesetze gegen die
Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und das russisch-türkische Projekt
Turkstream würden Strafmaßnahmen gegen vier russische Schiffe
erlassen, die Rohre verlegten. Auch gegen vier russische
Institutionen verhängten die USA Sanktionen. Die Nord Stream 2 AG und
Warnig hätten zwar ebenfalls gegen die Sanktionsgesetze verstoßen,
hieß es. Blinken habe aber entschieden, auf Strafen zu verzichten.
Damit werde Raum geschaffen für Gespräche auf diplomatischer Ebene
mit Deutschland, um die Risiken der Pipeline für die Ukraine und die
europäische Energiesicherheit anzusprechen.
USA weiter gegen Pipeline
Blinken bekräftigte am Mittwoch einer Mitteilung seines
Ministeriums zufolge, die USA seien weiter gegen die beinahe
fertiggestellte Pipeline. "Unser Widerstand gegen die
Nord-Stream-2-Pipeline ist unbeirrt." Er fügte hinzu: "Auch wenn wir
nicht immer einer Meinung sind, bleiben unsere Bündnisse stark." Die
transatlantischen Beziehungen blieben eine Angelegenheit der
Nationalen Sicherheit.
Bereits am Dienstag hatte die US-Nachrichtenseite "Axios" über
den Verzicht auf Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG und gegen
Warnig berichtet. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte am Mittwoch in
Berlin: "Das empfinden wir als einen konstruktiven Schritt, den wir
gerne mit unseren Partnern in Washington weiter besprechen werden."
Die russische Regierung interpretierte den Verzicht als einen Schritt
hin zu einer Normalisierung der angespannten Beziehungen mit
Washington. Heftige Kritik am demokratischen US-Präsidenten Joe Biden
kam aus den Reihen der Republikaner im Kongress.
Maas sagte, Nord Stream 2 sei das einzige Thema, bei dem
Deutschland und die USA "fundamental unterschiedliche Auffassungen"
hätten. Man müsse nun sehen, "dass dieses Projekt unsere wirklich
hervorragende Zusammenarbeit nicht weiter in irgendeiner Weise
belastet". Die kommenden drei Monate bis zum nächsten Bericht des
US-Außenministeriums an den Kongress zu Nord Stream 2 müssten genutzt
werden, um die problematischen Teile des Projekts noch einmal zu
besprechen. Die Berichte sind alle 90 Tage fällig.
Pipeline soll Erdgas von Russland nach Deutschland befördern
Die beinahe fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2 soll nach
Aufnahme des Betriebs 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von
Russland nach Deutschland befördern. Die USA befürchten eine zu
starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas durch das Projekt.
Auch osteuropäische Staaten wie Polen und die baltischen Länder
lehnen die Pipeline ab. Befürworter halten den Amerikanern entgegen,
sie seien nur auf bessere Absatzchancen für ihr Flüssiggas in Europa
aus.
Biden hatte Nord Stream 2 wiederholt als "schlechten Deal für
Europa" bezeichnet. US-Außenminister Antony Blinken hatte bei der
Anhörung im Senat vor seiner Bestätigung im Amt im Januar über die
schon damals fast fertiggebaute Pipeline gesagt: "Ich bin
entschlossen, alles zu tun, was wir können, um diese Fertigstellung
zu verhindern." Blinken traf sich am Mittwochabend im isländischen
Reykjavik mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow.
(pas/dpa)
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