Erdogan und Macron bei einem Treffen in Istanbul (Archivbild). bild: imago images / Depo Photos
International
29.11.2019, 20:0529.11.2019, 20:21
Kurz vor dem Jubiläumsgipfel der Nato in
London spitzen sich Spannungen zwischen den Bündnispartnern weiter zu.
- Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf am Freitag dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor, eine "kranke Ideologie" zu verfolgen, weil dieser die Nato als hirntot bezeichnet hatte.
- "Lassen Sie erstmal Ihren Hirntod überprüfen", forderte Erdogan in Richtung Macron.
- Frankreich kündigte daraufhin an, den türkischen Botschafter in Paris zu einem Gespräch ins Außenministerium einzubestellen. "Das ist keine Aussage, das sind Beleidigungen", hieß es aus dem Élyséepalast.
Was hinter der "Hirntot"-Aussage von Macron steckt:
Bei dem zweitägigen Gipfel in London soll in der kommenden Woche
eigentlich das 70-jährige Bestehen des Militärbündnisses gefeiert
werden. Seitdem Macron die Allianz jüngst als "hirntot" bezeichnete,
gibt es allerdings heftige Diskussionen über den Zustand der Nato und
mögliche Verbesserungen.
Macron kritisiert konkret, dass es bei wichtigen strategischen
Entscheidungen keine Koordinierung unter den Nato-Partnern gebe. Ein
Negativ-Beispiel ist die im Bündnis nicht abgesprochene
Militäroffensive des Nato-Partners Türkei in Nordsyrien, die durch
einen ebenfalls nicht abgesprochenen Rückzug der USA möglich geworden
war.
Anderes mögliches Streitthema beim Gipfel sind die
Verteidigungsausgaben. Um das Risiko eines neuen Eklats zu mindern,
präsentierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg US-Präsident
Donald Trump am Freitag nach oben revidierte Zahlen zu den
Verteidigungsausgaben der Alliierten. Demnach wird sich die Summe der
Mehrausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas von Anfang
2016 bis Ende 2020 auf 130 Milliarden US-Dollar (118 Mrd. Euro)
belaufen. Bis Ende 2024 sollen es sogar rund 400 Milliarden Dollar
sein.
Die Zahlen aus Deutschland dürften Trump freuen
Einen erheblichen Anteil an der positiven Entwicklung trägt
Deutschland, das 2019 erstmals seit Jahren wieder mehr Geld für
Verteidigung ausgeben wird als Frankreich. Nach neuen Nato-Zahlen
kommt die Bundesrepublik im laufenden Jahr auf 47.88 Milliarden Euro,
Frankreich hingegen nur auf 44.36 Milliarden Euro. Dies entspricht
einer Differenz von rund 3.5 Milliarden Euro. Noch im vergangenen
Jahr hatte Frankreich rund 600 Millionen Euro mehr ausgegeben als
Deutschland, 2013 waren es sogar noch 4.8 Milliarden Euro mehr
gewesen.
Trump beklagt seit langem eine unfaire Lastenteilung in der Nato
und attackiert vor allem Deutschland wegen des vergleichsweise
niedrigen Anteils seiner Verteidigungsausgaben am Staatsetat. Bei
einem Nato-Gipfel im Sommer 2018 hatte Trump sogar einen Austritt der
USA aus dem Bündnis nicht ausgeschlossen, sollten nicht alle
Bündnispartner sofort zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für
Verteidigung ausgeben.
(ll/dpa)
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