Theresa May im britschen Unterhaus, dem Haus of Commons.Bild: reuters / HOC/JESSICA TAYLOR
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Am Ende flossen die Tränen. "Ich werde bald
den Posten verlassen, den auszufüllen die Ehre meines Lebens war",
sagte May vor gut einem Jahr vor der schwarzen Tür des
Regierungssitzes 10 Downing Street in London. Am 24. Juli 2019 war
dann Schluss. May musste ihrem Nachfolger Boris Johnson Platz machen.
Bei ihrem Amtsantritt war sie oft mit der "Eisernen Lady",
Margaret Thatcher, verglichen worden. Doch May war eher eine hölzerne
Lady. Ihr steifes Auftreten und ihre gestanzten Phrasen brachten ihr
Spitznamen wie "Maybot" ein, eine Mischung aus May und Roboter. Viel
Spott gab es für ihre ungelenken Versuche, bei Besuchen in Afrika mit
Tanzeinlagen eine gute Figur zu machen. Später nahm sie es mit Humor
und tänzelte unbeholfen zu Abbas "Dancing Queen" bei einem Parteitag
ans Rednerpult. Dabei war Tanzen nicht das einzige, was sie wirklich
nicht konnte.
Mayday, mayday
Sie war von ihrer Partei gewählt worden, um den EU-Austritt
Großbritanniens aus der EU zu bewerkstelligen – doch sie scheiterte
grandios. Viel zu spät hatte sie erkannt, dass sie die Hilfe der
Opposition brauchte, um ihr Brexit-Abkommen durchs Parlament zu
bringen. Eine vorgezogene Neuwahl im Sommer 2017 hatte ihre Situation
deutlich verschlimmert – sie hatte sich als miserable Wahlkämpferin
herausgestellt. Drei Mal wurde später "ihr" Abkommen vom Parlament
abgeschmettert.
Ihr Nachfolger Boris Johnson hatte mehr Glück, doch das
Austrittsabkommen, mit dem er das Land schließlich aus der EU führte,
ist weitgehend dasselbe. Der Unterschied: Johnson hatte weniger
Skrupel, die Partner von der nordirisch-protestantischen DUP links
liegenzulassen, mit deren Hilfe May seit der verkorksten Wahl
regierte hatte. Die No-Deal-Gegner in der eigenen Partei warf er
kurzerhand aus der Fraktion. Belohnt wurden die Haudrauf-Methoden
prompt mit einer satten Mehrheit bei einer weiteren vorgezogenen
Parlamentswahl im vergangenen Dezember. Die Briten hatten das Gezerre
um den Brexit endgültig satt.
Mehr als den Brexit verhauen
Doch der Brexit gilt nicht als einziges Feld, in dem May versagt
hat. Aus ihrer Zeit als Innenministerin (2010-2016) stammt die
Politik des "hostile environment" (der feindseligen Umgebung) für
illegale Einwanderer, die zum sogenannten Windrush-Skandal führte.
Ziel war es, Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis den Zugang zum
Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie zum Gesundheitssystem zu verwehren.
Wer keine lückenlose Dokumentation seines rechtmäßigen Aufenthalts
vorweisen konnte, wurde abgeschoben oder nach einem
Auslandsaufenthalt nicht mehr ins Land gelassen. Dem fielen Hunderte
Menschen aus der Karibik und deren Nachkommen zum Opfer, die in den
späten 40er bis 70er Jahren als Gastarbeiter nach Großbritannien
gekommen waren und nie mit offiziellen Dokumenten ausgestattet
wurden.
Was macht Theresa May heute?
Hin- und wieder macht sie ihrem
Unmut über die neue Regierung Luft. Beispielsweise, wenn es um die
Einführung eines Punktesystems für Einwanderer geht oder um die
Berufung des in Sicherheitsfragen unbedarften Brexit-Unterhändlers
David Frost zum Nationalen Sicherheitsberater. Doch meist bleibt sie
unscheinbar.
In ihrer Freizeit kassiert sie inzwischen bei Reden kräftig ab.
Zwischen 56.000 und mehr als 115.000 Pfund (umgerechnet knapp 62.000
bis 126.500 Euro) erhielt sie in den vergangenen Monaten pro
Auftritt, wie aus einem Register für Nebeneinkünfte von
Parlamentariern hervorgeht. Ein großer Teil davon floss allerdings in
eine Firma, mit der sie gemeinnützige Zwecke unterstützen will.
May könnte gut wegkommen
Was bleibt von May? Die BBC-Reporterin Laura Kuenssberg
prophezeite, die Zeit unter Theresa May könne im Nachhinein einmal
vergleichsweise milde beurteilt werden. "Ihre Amtszeit könnte in
Erinnerung bleiben als eine, in der noch nach einem Kompromiss (mit
der EU) gesucht wurde, bevor dann ein enormes, riesiges Chaos
entstand", meinte Kuenssberg im vergangenen Jahr.
Damals war von der Coronavirus-Pandemie noch keine Rede gewesen.
Betrachtet man die chaotische Bilanz der Johnson-Regierung mit mehr
als 45.000 Toten durch das Virus und der Sackgasse, in der sich die
Gespräche über ein Anschlussabkommen mit Brüssel inzwischen befinden,
scheint das nicht mehr allzu unrealistisch.
(lin/dpa)
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