Endlich wieder Kinderlachen auf der Straße, endlich wieder Joggen im Park, endlich wieder zum Friseur. Nach wochenlangem Stillstand wegen der Corona-Pandemie lockern einige Staaten vorsichtig und schrittweise ihre teils einschneidenden Beschränkungen im Alltags- und Wirtschaftsleben.
So können etwa bald mehr Kinder wieder zur Schule oder in die Kita gehen, Bürger öfter Sport im Freien machen und Läden unter strengen Auflagen wieder öffnen.
Die Lage in einzelnen Staaten:
Italien hebt ab dem 4. Mai eine Reihe von Beschränkungen auf und erlaubt etwa wieder mehr Sport im Freien und mehr Bewegungsmöglichkeiten in der eigenen Region. Das kündigte Ministerpräsident Giuseppe Conte am Sonntagabend zusammen mit seinem Plan zur Öffnung des Landes an. Auch die Wirtschaft soll in mehreren Etappen starten. Italiens Schulen bleiben aber bis zu den Sommerferien geschlossen, sie öffnen erst im September wieder.
Italien registrierte seit Februar mehr als 26.600 Corona-Tote. Insgesamt zählte der Zivilschutz fast 200.000 Menschen, die sich mit dem Sars-CoV-2-Erreger infiziert hatten – es gibt aber eine hohe Dunkelziffer. Nach Wochen des steilen Anstiegs der Zahlen gab es dennoch zuletzt positive Signale. So entspannte sich die Lage in den lange überfüllten Krankenhäusern.
Seit diesem Montag dürfen in der Schweiz etwa Friseurgeschäfte, Kosmetik- oder Nagelstudios sowie Baumärkte und Gartencenter wieder öffnen. Ärzte und Physiotherapeuten können ihre Praxen auch wieder für nicht dringende Termine öffnen, Krankenhäuser dürfen wieder seit Beginn der Krise aufgeschobene Eingriffe vornehmen. Maskenpflicht besteht in der Schweiz nicht, aber die Läden müssen verschärfte Hygieneauflagen einhalten und für Abstand zwischen den Kunden sorgen.
Schulen und weitere Geschäfte sollen in zwei Wochen wieder öffnen. Wenn die Zahl der Infektionen nicht deutlich steigt, sollen ab 8. Juni auch Berufs- und Hochschulen sowie Museen, Bibliotheken und Zoos wieder öffnen.
Nach einer viertägigen weitgehenden Ausgangssperre in der Millionenmetropole Istanbul und 30 weiteren Städten und Provinzen in der Türkei dürfen die Menschen ihre Häuser wieder verlassen. Das Ausgehverbot lief in der Nacht zu Montag ab. Die Maßnahme war seit Donnerstag, einem Feiertag in der Türkei, in Kraft. Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der am Freitag begonnen hatte, ist in der Türkei das Fastenbrechen in Gruppen untersagt.
Die Behörden erlassen seit drei Wochen in 31 Städten und Provinzen weitgehende Ausgangssperren übers Wochenende. Zudem gilt ein Ausgehverbot für Menschen ab 65 Jahren und – mit Ausnahmen – für unter 20-Jährige. Gesundheitsminister Fahrettin Koca teilte am Sonntagabend via Twitter mit, an einem Tag seien 2357 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden und 99 Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Insgesamt hat die Türkei rund 110.000 Coronavirus-Fälle gemeldet, rund 2800 Menschen sind an der Krankheit gestorben. Bislang wurden nach offiziellen Angaben rund 890.000 Menschen getestet.
In Großbritannien hat sich am Montag Premierminister Boris Johnson nach überstandener Covid-19-Erkrankung zurückgemeldet. Der 55-jährige Tory-Politiker hatte sich in den vergangenen zwei Wochen auf dem Landsitz Chequers erholt. Zuvor musste er nach der Infektion eine Woche im Krankenhaus verbringen, drei Tage sogar auf der Intensivstation. Erst am Sonntagabend war er wieder in den Regierungssitz Downing Street zurückgekehrt, am Montag leitete er eine Sitzung des Corona-Kabinettsausschusses. Seine Regierung steht wegen der hohen Zahl an Todesfällen durch das Coronavirus unter Druck.
Am Samstag überstieg die Gesamtzahl der im Krankenhaus gestorbenen Infizierten die Marke von 20.000. Trotzdem werden die Rufe nach einer Lockerung der Kontaktbeschränkungen wegen der Schäden für die Wirtschaft immer lauter.
In dem vom Virus stark getroffenen Land war am Sonntag endlich wieder Kinderlachen und fröhliches Gekreische auf den Straßen zu hören. Nach sechs Wochen kompletter Ausgehsperre durften Kinder bis 14 Jahre erstmals wieder das Haus verlassen – und das sind landesweit etwa 5,8 Millionen. Es gelten aber strenge Auflagen: Nur ein Elternteil darf maximal drei Kinder begleiten, zudem ist die Zeit der täglichen Ausflüge auf eine Stunde zwischen 9 und 21 Uhr in einem Radius von einem Kilometer begrenzt.
Die Zahlen der Gesundheitsbehörden geben weiter Grund zur Hoffnung: Den dritten Tag in Folge wurden mehr Genesene als neu mit Sars-CoV-2 Infizierte registriert. Zudem wurde die niedrigste Zahl von Todesfällen in Zusammenhang mit dem Virus seit dem 20. März verzeichnet: Seit Samstag starben 288 Menschen, insgesamt stieg die Zahl der Toten damit auf mehr als 23.000. Wenn die Zahlen stabil bleiben, können die Spanier voraussichtlich ab dem 2. Mai auch wieder zusammen mit Menschen aus demselben Haushalt spazieren gehen, zudem soll das Joggen erlaubt werden, wie die Regierung ankündigte. Am Dienstag will das Kabinett einen Plan verabschieden.
Nach ersten umstrittenen Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen im US-Bundesstaat Georgia ziehen diese Woche weitere Staaten nach. In Tennessee öffneten am Montag Restaurants unter bestimmten Bedingungen für Gäste, am Mittwoch soll es Bewegung im Einzelhandel geben. Zudem soll am Donnerstag in Texas die Anordnung, dass Bürger weitgehend zu Hause bleiben müssen, auslaufen, wie US-Medien berichteten.
Die Beraterin von US-Präsident Donald Trump, Ärztin Deborah Birx, machte allerdings deutlich, dass noch lange nicht an Normalität zu denken sei. Präsident Donald Trump verzichtete am Wochenende auf seine Corona-Pressekonferenzen. Vergangene Woche hatte er mit Äußerungen zu möglichen Desinfektionsmittel-Injektionen gegen das Virus für Irritationen und Kritik gesorgt.
In einigen Teilen des besonders heftig von der Pandemie betroffenen US-Bundesstaates New York könnten erste Unternehmen ab Mitte Mai wieder öffnen, sagte Gouverneur Andrew Cuomo. Bis dahin müsse sich die Lage aber weiter bessern. Besonders schwierig wird die Öffnung in der dicht besiedelten Millionenmetropole New York City werden. Dort hatte sich das neuartige Coronavirus deutlich schneller als in anderen Städten der USA verbreitet.
Die Regierung in Paris will dem Parlament am Dienstag einen Plan für die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen vorlegen. Premierminister Édouard Philippe kündigte auf Twitter an, der Plan, den er vorlegen werde, beinhalte sechs Punkte: "Gesundheit (Masken, Tests, Isolation ...), Schule, Arbeit, Geschäfte, Transport und Versammlungen." Die Abgeordneten sollen anschließend beraten und abstimmen.
Präsident Emmanuel Macron hatte bereits angekündigt, dass die seit dem 17. März geltenden Beschränkungen vom 11. Mai an gelockert werden sollen. Bisher ist bekannt, dass Schulen und Kitas etappenweise öffnen, Restaurants bis Ende Mai geschlossen und größere Versammlungen mindestens bis Mitte Juli verboten bleiben sollen. In Frankreich wurden bisher laut der Johns-Hopkins-Universität 165.963 Ansteckungen mit dem Coronavirus vermeldet. 23.327 Menschen starben (beides Stand Dienstagmorgen) bisher nach einer Ansteckung mit dem Virus.
Die von einem Oppositionsbündnis geführte ungarische Hauptstadt Budapest verhängte an diesem Montag eine Maskenpflicht in bestimmten öffentlich zugänglichen Bereichen. Bürger, die Geschäfte, Einkaufszentren oder Märkte aufsuchen oder öffentliche Verkehrsmittel oder Taxis benutzen, müssen Mund und Nase mit einer Maske oder einem Textilstück abdecken.
In ganz Ungarn gelten seit einem Monat Ausgangsbeschränkungen. Die Bürger sollen ihre Wohnungen nur aus triftigen Gründen verlassen. Im öffentlichen Raum müssen sie einen Mindestabstand von anderthalb Metern zueinander einhalten. Der rechte Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich Ende des Vormonats vom Parlament umfassende und zeitlich unbefristete Vollmachten zur Bewältigung der Corona-Pandemie geben lassen.
Trotz Kritik hat Australien eine Corona-Warn-App eingeführt, die auf freiwilliger Basis genutzt werden kann. Die App wurde nach einem Vorbild aus dem autoritär regierten Stadtstaat Singapur entwickelt. Sie erkennt nach Angaben der Regierung mithilfe der Bluetooth-Technologie von Handys, ob sich ein Mensch im Abstand von bis zu 1,5 Metern zu einem Infizierten aufgehalten hat. Die verschlüsselten Daten werden dann an die staatlichen Gesundheitsbehörden weitergeleitet. Auf diese Weise sollen Infektionsketten schneller nachverfolgt werden können. Gespeichert werden die Daten auf einem zentralen Server in Australien.
(vdv/dpa)