In Frankreich sind die Corona-Zahlen besonders hoch.Bild: iStockphoto / franckreporter
International
19.10.2020, 11:0519.10.2020, 12:59
Die zweite
Corona-Welle rollt gnadenlos über Europa hinweg. Die Bundesregierung
erklärt eine EU-Region nach der anderen zum Risikogebiet. Nur noch
Griechenland, Zypern und Lettland gelten als "risikofrei". In den
Nachbarländern ist die Lage teilweise noch viel verheerender als in
Deutschland. Es herrscht Alarmstufe Rot.
In Tschechien sind die Infektionszahlen gemessen an der Bevölkerungszahl elf Mal so hoch wie in Deutschland, in Belgien neun Mal
so hoch. Alle europäischen Länder versuchen mit Maßnahmen
gegenzusteuern – die einen mehr, die anderen weniger entschlossen.
Ein Überblick:
Frankreich – Ausgangssperren in Paris und Marseille
Für das gesamte Staatsgebiet Frankreichs in Europa gilt ab
Samstag eine Reisewarnung der Bundesregierung für touristische
Reisen. Nur einzelne französische Überseegebiete wie die Insel
Mayotte im Indischen Ozean gelten noch nicht als Risikogebiete.
Die Regierung in Paris versucht mit nächtlichen Ausgangssperren
in großen Städten die Ausbreitung des Virus einzudämmen. In Paris,
Lyon oder Marseille gelten sie ab Samstag zwischen 21 Uhr abends und 6
Uhr morgens. Zu dieser Zeit dürfen sich dort nur Menschen auf der
Straße aufhalten, die einen triftigen Grund haben – also etwa auf dem
Weg zur Arbeit sind. Das müssen sie mit einem Formular nachweisen.
Wer sich nicht daran hält, muss mit 135 Euro Strafe rechnen. Bereits
seit einiger Zeit haben in den Regionen mit höchster Corona-Warnstufe
die Bars geschlossen, es gelten strengere Hygieneregeln in
Restaurants.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte in einem
TV-Interview vor allem Feiern für die hohen Corona-Fallzahlen
verantwortlich. Im ganzen Land sind daher private Feste wie
Hochzeiten in Festsälen oder anderen öffentlichen Orten nicht mehr
erlaubt.
Niederlande – Kneipen für vier Wochen geschlossen
Die Regierung in Den Haag hat die Corona-Maßnahmen am 13. Oktober
erheblich verschärft und einen "Teil-Lockdown" angeordnet. Kneipen,
Cafés und Restaurants müssen für vier Wochen schließen, der Verkauf
von Alkohol ist ab 20.00 Uhr verboten. Die Bürger dürfen nur maximal
drei Gäste pro Tag in ihren Wohnungen empfangen. Zudem sollen sie Bus
und Bahn nur in dringenden Fällen nutzen.
Ministerpräsident Mark Rutte kündigte auch eine allgemeine
Maskenpflicht für alle öffentlichen Räume wie Geschäfte, Museen
oder Bibliotheken an. Bisher war dies nur eine dringende Empfehlung.
Derweil wurde erneut die Verlegung schwerkranker Covid-19-Patienten
ins benachbarte Deutschland vorbereitet, weil in niederländischen
Krankenhäusern – wie schon im Frühjahr – die Plätze auf
Intensivstationen immer knapper werden.
Österreich – Erster Ort unter Quarantäne
Mit der 7000-Einwohner-Gemeinde Kuchl im Salzburger Land steht ab
Samstag erstmals seit Monaten wieder ein Ort unter Quarantäne. Die
Ein- und Ausreise ist – abgesehen von Ausnahmen – bis 1. November
nicht mehr erlaubt. Der Ort und die Region haben Spitzenwerte bei den
Corona-Neuinfektionen in Österreich.
Außerdem hat die Alpenrepublik
nun erstmals seine Corona-Ampel für vier Bezirke in drei westlichen
Bundesländern wegen des sehr hohen Risikos auf Rot gestellt.
Betroffen ist auch die Region Innsbruck in Tirol. In Österreich gilt
verbreitet eine Maskenpflicht, Sperrstunden sind teils auf 22 Uhr
vorverlegt. Bei privaten Veranstaltungen ohne zugewiesene und
gekennzeichnete Sitzplätze sind nur mehr zehn Personen statt bisher
50 erlaubt.
Spanien – 46 Gemeinden teilweise abgeriegelt
Spanien wurde von der zweiten Welle als eines der ersten Länder
Europa schon ab Mitte August erwischt. Die Maßnahmen zur Eindämmung
der Pandemie sind viel strenger als in Deutschland. Aber einen
Flickenteppich gibt es dort auch, weil die Kompetenz für die
Bekämpfung des Coronavirus bei den Regionen liegt.
Landesweit besteht in Spanien schon seit Anfang August eine
generelle Maskenpflicht außerhalb der eigenen vier Wände. Seither
gilt auch ein weitreichendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit. In
mehr als 700 Gemeinden gibt es weitergehende Einschränkungen – etwa
beim Zugang zu Bars, Restaurants, Konzerthallen oder Einkaufszentren
wie zum Beispiel auf der bei Deutschen beliebten Ferieninsel Mallorca. Außerdem ist die Zahl der Teilnehmer an Treffen etwa in Katalonien auf nur noch sechs
Personen beschränkt.
Teilweise abgeriegelt sind landesweit 46 Gemeinden mit insgesamt
5,7 Millionen Einwohnern. Sie dürfen nur aus triftigem Grund
verlassen oder betreten werden. Der prominenteste Fall ist Madrid,
das die höchsten Corona-Zahlen aufweist. Dort wurde diese Maßnahme
von der Zentralregierung gegen den Willen der Regionalregierung
durchgesetzt. Einschneidende Maßnahmen hat auch gerade erst
Katalonien mit der Touristenmetropole Barcelona ergriffen. Hier
wurden ab Freitag alle Bars und Restaurants komplett geschlossen.
Italien – Maskenpflicht drinnen und draußen
Das Mittelmeerland, das früher als andere Staaten Europas von der
ersten Corona-Welle erfasst wurde, erließ von Anfang an strikte und
harte Gegenmaßnahmen. Angesichts der zweiten Welle sind viele Regeln
ebenfalls strenger als in Deutschland. Es gilt eine generelle
Maskenpflicht – drinnen und draußen. In den eigenen vier Wänden ist
das zwar nicht geboten. Doch die Regierung riet allen, bei Besuch
trotzdem den Mund-Nasen-Schutz aufzuziehen. Wer draußen ohne erwischt
wird, muss bis zu 1000 Euro Buße zahlen.
Um ein Zeichen zu setzen, hat Rom in dieser Woche zudem private
Partys strikt verboten. Nur Familientreffen wie Hochzeiten und
Beerdigungen sind erlaubt, müssen aber auf 30 Teilnehmer beschränkt
werden. Außerdem rät die Regierung von Giuseppe Conte den rund 60
Millionen Bürgern dringend, daheim auf gesellige Abendrunden mit mehr
als sechs eingeladenen Gästen zu verzichten. Beherbergungsverbote
dagegen existieren nicht. Auch das Reisen ist heute, anders als
während des Lockdowns im Frühjahr, ungehindert möglich. Rom möchte
die notleidende Tourismusbranche nicht weiter schwächen. Außerdem
sagen Experten, dass ein Großteil der Ansteckungen aktuell unter
Verwandten und Freunden passiert.
(vdv/dpa)
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