
Miles Taylor outete sich nun als Autor der Trump-kritischen Texte.bild: screenshot cnn
International
"Widerstandsnester" in der Trump-Regierung und ein impulsiver und unberechenbarer Präsident: Ein mit dem Pseudonym "Anonymous" veröffentlichter Artikel führte im Weißen Haus zu einer fieberhaften Suche nach dem Urheber. Dessen Identitität ist jetzt gelüftet.
29.10.2020, 16:2929.10.2020, 16:29
Das Geheimnis um einen kritischen Insider-Artikel
über das Weiße Haus von US-Präsident Donald Trump ist gelüftet: Nach
gut zwei Jahren hat sich am Mittwoch der frühere Stabschef aus dem
Ministerium für Heimatschutz, Miles Taylor, als Autor zu erkennen
gegeben. Er hatte einen Aufsehen erregenden Artikel auf der
Meinungsseite der "New York Times" und das spätere Enthüllungsbuch "A
Warning" unter dem Pseudonym "Anonymous" veröffentlicht.
Trump machte seiner Verärgerung über den 33-Jährigen während einer
Wahlkampfveranstaltung in Goodyear (Arizona) Luft. Er nannte Taylor
einen "Niemand", einen "verärgerten Angestellten" und einen
"Mitarbeiter auf niedriger Ebene, einen Widerling, der nie im Weißen
Haus gearbeitet hat." Trump fügte hinzu: "Dieser Kerl sollte, meiner
Meinung nach, strafrechtlich verfolgt werden."

Trump nutze das Outing Taylors für beleidigende Äußerungen.Bild: ap / Evan Vucci
Taylors Einstellung zu Trump kommt wenig überraschend: Er tritt
bereits seit einiger Zeit als scharfer Kritiker des Präsidenten auf,
unter anderem bei CNN. Allerdings hatte die Umschreibung des Autors
bei der Veröffentlichung des Artikels im September 2018 als
"ranghohen Beamten der Trump-Regierung" viele vermuten lassen, dass
"Anonymous" jemand aus dem inneren Machtzirkel im Weißen Haus ist.
Der Artikel und das Buch führten dort zu einer fieberhaften Suche
nach dem Urheber und diversen Verdächtigungen. Seine falschen
Berichte und sein erfundenes Buch seien nur ein weiterer riesiger
"Schwindel" des politischen Establishments, sagte Trump am Mittwoch.
Taylor schrieb von "antidemokratischen Impulsen"
Der Autor hatte sich damals als Teil eines "Widerstandes" gegen den
Präsidenten beschrieben und ihm unter anderem "antidemokratische
Impulse" und ein unberechenbares Verhalten vorgeworfen.
Taylor war als Stabschef von Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen
an der Umsetzung kontroverser Entscheidungen der Trump-Regierung
beteiligt. Dazu gehören das Einreiseverbot für Bürger aus sieben
mehrheitlich muslimischen Ländern und die Trennung von Kindern
illegaler Einwanderer von ihren Eltern an der US-Grenze. Trumps
Sprecherin Kayleigh McEnany bezeichnete Taylor am Mittwoch als
"ineffizient und inkompetent" in seinem Job, weswegen er schnell
entlassen worden sei.
Taylor schrieb am Mittwoch in einer persönlichen Erklärung, die er auf Twitter teilte: "Ich bin
ein Republikaner, und ich wollte, dass dieser Präsident Erfolg hat."
Trump habe aber immer wieder in Krisenzeiten bewiesen, dass er "ein
Mann ohne Charakter" sei. Seine persönlichen Makel hätten zu
Führungsversagen geführt, das so bedeutsam sei und in verlorenen
amerikanischen Menschenleben gemessen werden könne.
Seine Ansicht sei von vielen in den höchsten Regierungsetagen geteilt
worden, schrieb Taylor. In den vergangenen Wochen hatten auch diverse
andere frühere Mitarbeiter aus Trumps Regierung ihre Unterstützung
für Herausforderer Joe Biden in der Präsidentenwahl am Dienstag
bekundet.
Taylor hatte zuvor noch behauptet: "Ich bin nicht 'Anonymous'"
Taylor verteidigte auch, dass er sich nicht zu erkennen und unter dem
Pseudonym "Anonymous" veröffentlicht habe. Dies habe den Präsidenten
gezwungen, auf Vorwürfe direkt einzugehen. Trump habe keine
Ablenkungen kreieren können, beispielsweise durch kleine
Beleidigungen oder Beschimpfungen.
Kritik brachte ihm die Tatsache, dass er Mitte August in einer CNN-Sendung noch behauptet hatte, nicht hinter dem Pseudonym "Anonymous" zu stecken. Die Frage, ob er die Person kenne, die das Buch veröffentlicht hat, verneinte er und sagte er habe seine eigenen Vermutungen, wer das sein könnte. Auch als der Moderator nochmals nachfragte: "Sie sind also nicht 'Anonymous'?", sagte Taylor: "Ich trage Masken nur zu zwei Anlässen: Halloween und Pandemien. Also nein."
Kayleigh McEnany, Sprecherin des Weissen Hauses, bezeichnete ihn deshalb am Mittwoch als "Lügner". "Das ist, was alle Leute in Washington hassen: Heuchlerische Lügner, die ihre politische Agenda auf Kosten des Volkes durchsetzen wollen. Das ist der Inbegriff des Sumpfes!"
Taylor verteidigte, dass er seine damalige Lüge gegenüber CNN. Dadurch, dass er annonym geblieben war, habe es den Präsidenten gezwungen, auf Vorwürfe direkt einzugehen. Trump habe keine Ablenkungen kreieren können, beispielsweise durch Beleidigungen oder Beschimpfungen.
Die Lüftung der Identität von Taylor werde wahrscheinlich die Debatte
über seine Motive erneuern und die Frage aufwerfen, ob seine Position
in der Trump-Regierung hoch genug gewesen sei, um die Entscheidung
der Mitarbeiter der Meinungsseite bei der "New York Times" und des
Herausgebers des Buches, sie geheim zu halten, zu rechtfertigen,
schrieb das Blatt am Mittwoch. Als Stabschef einer Ministerin habe er
einen Spitzenjob in dem 240.000 Mitarbeiter zählenden Ministerium und
regelmäßigen Zugang zu Trump und hochrangigen Mitarbeitern im Weißen
Haus gehabt.
(lau/dpa)
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