Die schockierenden Bilder von überfüllten Krankenhäusern, panischen Ärzten und der vielen Corona-Toten aus Italien lösten in Deutschland Bestürzung aus. Als die Pandemie in einigen Regionen außer Kontrolle geraten war, schickten Ärzte vier Covid-19-Patienten aus Bergamo zur Behandlung nach Leipzig. Doch nur einer überlebte. Sein Name: Felice Perani, 57 Jahre alt.
Dem "Spiegel" schilderte der mittlerweile wieder genesene Patient die Ereignisse, die zu seiner Verlegung nach Deutschland führten und die Umstände, die ihn überleben ließen. Wie er sagt, war es vor allem eines: Glück.
Am 17. März habe Felice Perani, der mit seiner Mutter im Ort Casnigo in der norditalienischen Provinz Bergamo wohnt, kaum noch Luft bekommen. Er rief den Notruf an, kam allerdings nicht durch. Eine Stunde und 20 Minuten war die Leitung besetzt. Eine Arbeitskollegin, die ebenfalls für ihn anrief, kam dann endlich durch und bestellte einen Notarzt. Doch die Sanitäter wussten zunächst nicht, wo sie ihn hinbringen sollten, denn die Krankenhäuser in Bergamo nahmen seit Tagen niemanden mehr auf.
Doch auch in dieser Situation hatte Perani Glück, wie er erzählt, und bekam überraschenderweise in einem der Krankenhäuser ein Bett. Die Lage vor Ort war chaotisch. "Überall Menschen mit diesen Beatmungshelmen", berichtet Perani. Sein Zustand verschlechterte sich. Er erinnert sich, wie er einen Arzt den Satz sagen hört:
In der Nacht zum 24. März landete Perani mit einer Maschine der Bundeswehr am Flughafen Leipzig/Halle. Sachsen hatte sich bereit erklärt, acht schwer kranke Menschen aus Italien zu behandeln und kam damit einer Bitte der italienischen Regierung nach. Vier von ihnen wurden nach Leipzig gebracht.
Dass Perani überhaupt für den Transport nach Deutschland infrage kam, war ebenfalls ein Glücksfall. Die Patienten durften nämlich nicht zu krank sein, weil sonst die Gefahr zu groß war, dass sie während des Flugs sterben würden. Sie durften aber auch nicht zu gesund sein, weil sie sonst in Bergamo hätten bleiben können.
Sebastian Stehr, der Direktor der Klinik für Intensivtherapie am Leipziger Universitätsklinikum, erinnert sich an die Ankunft Peranis:
Die Ärzte schafften es, Perani zu stabilisieren. Die anderen Patienten, die aus Italien nach Leipzig gebracht wurden, überlebten nicht. Dass es sich dennoch gelohnt hat, Patienten aus Italien aufzunehmen, zeigt der Fall Perani. "Sonst wäre ich tot. Ich weiß nicht, wie ich den Ärzten und Pflegekräften hier jemals dafür danken soll", so Perani.
Die Mitarbeiter des Klinikums, mit denen er sich meist über Google-Translate verständigte, seien ihm ans Herz gewachsen, sagt er. "Sobald ich einen Schmerz verspürte, waren sie da."
Zum Schluss spricht er noch über einen weiteren Glücksfall, der vermutlich nicht nur ihm das Leben gerettet hat: Seine 85-Jährige Mutter hat er nicht angesteckt.
(lau)