
Teile des Raketenabwehrsystems S-400 aus Russland werden auf Luftwaffenstützpunkt Mürted aus einer russischen Antonow entladen.Bild: dpa / Turkish Defense Ministry
International
Wegen des Einsatzes des russischen
Raketenabwehrsystems S-400 verhängen die USA Sanktionen gegen den
Nato-Bündnispartner Türkei. US-Außenminister Mike Pompeo teilte am
Montag in Washington mit, Strafmaßnahmen würden gegen das Direktorat
der Verteidigungsindustrie (SSB) verhängt. Das Direktorat ist dem Amt
von Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstellt. Die Sanktionen
beinhalteten ein Verbot aller US-Exportlizenzen und -genehmigungen
für SSB, teilte Pompeo mit. Etwaige Vermögenswerte von SSB-Chef
Ismail Demir und andere Führungskräfte in den USA würden eingefroren.
Gegen sie würden außerdem Einreisebeschränkungen verhängt.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Tests des
Systems durch das türkische Militär im Oktober bestätigt. Mit Blick
auf Kritik aus Washington betonte Erdogan, man werde die USA dafür
nicht um Erlaubnis bitten. Die US-Regierung hatte die Regierung in
Ankara mehrfach vor dem Einsatz des russischen Raketenabwehrsystems
S-400 gewarnt und mit Strafmaßnahmen gedroht. Das Pentagon hatte
kritisiert, der Einsatz des Systems sei nicht mit den Verpflichtungen
der Türkei als Nato-Partner vereinbar. Auch die Nato hatte gewarnt,
das S-400-System könne nicht in das Luft- und Raketenabwehrsystem des
Bündnisses integriert werden.
Grundlage für die US-Sanktionen ist das Caatsa-Gesetz
("Countering America's Adversaries through Sanctions") aus dem Jahr
2017. Demnach kann der US-Präsident Strafmaßnahmen gegen eine dritte
Partei bei einer "bedeutenden Transaktion" mit dem
Verteidigungssektor der russischen Regierung verhängen. Unter anderem
kann der Präsident anordnen, dass Betroffenen US-Exportgenehmigungen
verwehrt werden, dass US-Finanzinstitute keine Kredite an sie
vergeben dürfen, dass ihr etwaiger Besitz in den USA eingefroren wird
oder dass sie mit Einreisesperren in die USA belegt werden.
Was die USA derart stört
Die USA befürchten, dass Russland über das empfindliche Radar des
S-400-Waffensystems an Daten über die Tarnkappenfähigkeiten des
F-35-Jets gelangt. Ankara war Partner beim Bau des F-35-Kampfjets und
wollte zahlreiche der Flugzeuge kaufen. Wegen des Rüstungsdeals mit
Moskau haben die USA die Türkei bereits aus dem F-35 Programm
ausgeschlossen. Die republikanischen Senatoren Lindsey Graham und
James Lankford hatten vor wenigen Tagen in einem Gastbeitrag für das
"Wall Street Journal" geschrieben, der Einsatz russischer "Berater"
und des S-400-Radars in der Nähe von F-35-Kampfjets sei nicht
hinnehmbar.
Ankara und Moskau hatten den Vertrag über den Kauf des
S-400-Systems durch die Türkei im September 2017 unterzeichnet. Die
erste Lieferung erfolgte im vergangenen Jahr. Erdogan argumentiert,
die Türkei brauche eine eigene Raketenabwehr gegen Bedrohungen aus
dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien, aber auch aus dem Inland.
Nach Darstellung Ankaras hat die Türkei von Bündnispartnern kein
vernünftiges Alternativangebot bekommen.
Die S-400 ist ein mobiles Luftabwehrsystem, das Flugzeuge,
Geschosse und andere Objekte vom Himmel holen kann. Die Einheiten,
die üblicherweise aus mehreren Raketen, einem Radar und einem
Gefechtsstand bestehen, können per Lastwagen transportiert werden.
Die S-400 kann mit Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen
arbeiten.
(hau/dpa)
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