Die Türken haben der Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan bei den Kommunalwahlen am Sonntag einen Denkzettel verpasst. Hier alle Infos zu den bisherigen Ergebnissen:
Imamoglu erklärte sich am Morgen im Gespräch mit Sender Fox, wie schon in der Nacht, erneut zum Bürgermeister. Der Wahlbehörde YSK zufolge hat er 23 371 Stimmen Vorsprung vor Yildirim. Aber auch der hatte in der Nacht den Sieg für sich reklamiert.
Die YSK hatte um kurz nach 23.00 Uhr Ortszeit aufgehört, Wahlergebnisse zu veröffentlichen. Da waren 91 Prozent der Stimmen ausgezählt, und für Erdogans AKP, die landesweit stärkste Kraft blieb, zeichneten sich in wichtigen Großstädten herbe Verluste ab.
Am schwersten wog das Ergebnis in der Hauptstadt Ankara, wo zu dem Zeitpunkt nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu der Oppositionskandidat von der CHP, Mansur Yavas, bei mehr als 50 Prozent lag. AKP-Kandidat Mehmet Özhaseki hatte rund 47 Prozent bekommen. Auch hier erklärte sich die CHP zum Sieger.
Die AKP will nun Einspruch einlegen. Generalsekretär Fatih Sahin schrieb am frühen Morgen auf Twitter, die Partei werde "ihre Rechte nutzen". Es habe in Ankara "viele ungültige Stimmen und Regelwidrigkeiten" gegeben.
Erdogan hatte die Wahl zur Frage des "nationalen Überlebens" angesichts der Bedrohung durch innere und äußere Feinde erklärt. Obwohl Erdogan selbst nicht zur Wahl stand, hielt er binnen zwei Monaten mehr als hundert Kundgebungen und machte so den Urnengang auch zu einer Abstimmung über seine eigene Politik.
Dabei war die Wirtschaftslage nicht günstig für die AKP: Erstmals seit zehn Jahren ist die Türkei in die Rezession gerutscht, die Inflation liegt bei 20 Prozent und kurz vor der Wahl sorgten starke Schwankungen der Währung für zusätzliche Nervosität in Ankara. "Die Wirtschaft läuft schrecklich, sie ist erledigt", sagt der Wähler Hüsnü Acar bei der Stimmabgabe in Istanbul. Nicht die Türkei, sondern die AKP habe "ein Überlebensproblem".
(aj/pb/hs/dpa)