Hunderte Anhänger des Schiiten-Führers Moktada Sadr haben am Mittwoch das irakische Parlament in der Hauptstadt Bagdad gestürmt. Die Polizei versuchte sie nach dem Eindringen in die sogenannte Grüne Zone unter Einsatz von Tränengas zu stoppen, ein AFP-Reporter vor Ort sah mindestens einen verletzten Demonstranten. Nach knapp zwei Stunden verließen die Demonstranten nach einem Aufruf Sadrs das Parlament wieder.
Anlass des Protests war die Nominierung eines Ministerpräsidenten-Kandidaten durch das gegnerische Lager. Die Demonstranten hatten zunächst die hochgesicherte grüne Zone Bagdads gestürmt und waren dann in Richtung Parlament marschiert. Dort überwanden sie weitere Absperrungen und drangen in das Parlamentsgebäude ein.
Die Demonstranten sangen und tanzten, bevor Sadr sie im Kurzbotschaftendienst Twitter aufrief, wieder nach Hause zu gehen. "Eure Botschaft wurde gehört", schrieb der Kleriker. "Ihr habt die Korrupten in Angst und Schrecken versetzt." Er rief die Demonstranten auf, ein Gebet zu sprechen und dann nach Hause zurückzukehren. Auch Regierungschef Mustafa al-Kadhemi hatte die Demonstranten zuvor aufgefordert, die grüne Zone umgehend zu verlassen.
Sadr war mit seinem Bündnis als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen im Oktober hervorgegangen, die Regierungsbildung steckt seither in einer Sackgasse. Im Juni erklärte der Sadr-Block dann geschlossen seinen Rückzug aus dem Parlament.
Am Montag stellte eine Allianz pro-iranischer Schiiten, der sogenannte Koordinationsrahmen, den Ex-Minister und Ex-Gouverneur Schia al-Sudani als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten auf. Dem Koordinationsrahmen gehört auch der ehemalige Ministerpräsident Nuri al-Maliki an, ein langjähriger Gegner Sadrs.
Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen beschränkt sich die amtierende Regierung darauf, die laufenden Geschäfte abzuwickeln. Seit Jahresbeginn scheiterte das Parlament in Bagdad auch mehrfach an der Wahl eines neuen Staatsoberhauptes. Das Präsidentenamt im Irak, das für eine Dauer von vier Jahren vergeben wird, ist weitgehend repräsentativ. Solange es jedoch keinen neuen Präsidenten gibt, kann auch keine neue Regierung gebildet werden.
In der grünen Zone der irakischen Hauptstadt haben das Parlament und viele ausländische Botschaften ihren Sitz. In der Vergangenheit gab es dort mehrfach Massenproteste.
(nik/afp)