Israel hat das Krankenhaus Al-Schifa im Gazastreifen am Mittwochmorgen laut eigenen Angaben gestürmt.Bild: IDF / Israel Defense Forces
International
"Heute Abend führen wir einen gezielten Einsatz im Al-Schifa-Krankenhaus aus. Wir rücken weiter vor", erklärte der israelische Generalmajor Jaron Finkelman am späten Mittwochabend im Telegram-Kanal der israelischen Armee. Gemeint ist der Militäreinsatz im Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen.
Die israelische Armee ist laut eigenen Angaben am Mittwochmorgen in die Klinik eingedrungen und will dort unter anderem Waffen, Militärtechnologie und geheimdienstliches Material gefunden haben.
Der Vorwurf: Die Terrororganisation Hamas würde die Keller der Klinik als "operatives Hauptquartier" nutzen. Das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium wies die Vorwürfe zurück.
Was stimmt?
Israel-Krieg: Das ist bisher passiert
● Die militante palästinensische Terrororganisation Hamas hat am 7. Oktober vom Gazastreifen aus Israel angegriffen.
● Es wurden auf beiden Seiten mehrere Tausend Menschen getötet oder verletzt und hunderte Menschen verschleppt.
● Israel hat den Kriegszustand ausgerufen und einen Gegenangriff gestartet.
● Mehr als 1500 Hamas-Terroristen wurden getötet.
● Über 10.000 Zivilist:innen sollen in Gaza gestorben sein.
(Stand 14.11. 2023)
Anschließend zog die israelische Armee Soldaten und Panzer ab, um sie rund um das Gelände neu zu positionieren. Der Angriff auf die Klinik im Rahmen des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas hatte international heftige Kritik ausgelöst.
Laut der Hamas würde die israelische Armee am Donnerstag Bulldozer am Al-Schifa-Krankenhaus einsetzen. "Israelische Bulldozer haben Teile des Südeingangs zerstört", erklärte das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium.
Ein im Krankenhaus eingeschlossener Journalist berichtete der Nachrichtenagentur afp, dass Soldaten in die Luft schossen und junge Männer aufforderten, sich zu ergeben, als sie in der Nacht das Krankenhaus stürmten.
Hinweis der Redaktion: Die Informationslage ist volatil und kann nicht immer sofort unabhängig überprüft werden (Stand: 16. November 2023, 11 Uhr MEZ).
Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich
hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden?
Hier findest du unseren Broadcast-Channel.
Ziel des Militäreinsatzes Israels in der Al-Schifa Klinik sei es, Hinweise auf den Verbleib der Hamas-Geiseln zu finden. Bislang gab es keine Hinweise. Doch Aufnahmen aus einem anderen Krankenhaus, der Al-Rantisi-Kinderklinik, sollen gefundene Waffen zeigen sowie Frauenkleider, Babyfläschchen und Fesseln.
Hamas vermutlich schon länger im Al-Schifa Krankenhaus präsent
Nur wenige Journalist:innen sind noch vor Ort und können oftmals nur eingeschränkt berichten. Laut älteren Berichten könnte allerdings die These aufgestellt werden, dass die Hamas das Al-Schifa Krankenhaus schon länger für ihre Zwecke missbraucht.
Eine Satellitenaufnahme des Al-Schifa Krankenhauses.Bild: Satellite image '2023 Maxar Tech / ap
Laut einer Recherche des ZDF gab es bereits 2006 erste Hinweise auf eine militärische Nutzung des Krankenhauses. Damals herrschte ein Bürgerkrieg zwischen der Hamas und der konkurrierenden Fatah-Bewegung.
Eine Dokumentation des amerikanischen TV-Senders PBS zeigt bewaffnete Truppen in den Gängen des Krankenhauses, die Ärzte bedrängen, verwundete Hamas-Terroristen schneller zu versorgen. Ein Jahr später beklagte ein Arzt im Schifa-Krankenhaus, Dr. Juma Saka, in einem Bericht die Lage: "Das medizinische Personal leidet unter Angst und Schrecken, insbesondere vor den Hamas-Kämpfern, die sich in jeder Ecke des Krankenhauses aufhalten."
2014 erregte das Al-Schifa Krankenhaus dann erneut Aufmerksamkeit, schreibt das ZDF in seiner Recherche. Die "Washington Post" bezeichnete die Klinik in einem Bericht als "das de-facto Hauptquartier der Hamasführer" – etwa für Interviews. Zudem solle die Hamas damals bereits Bilder von verletzten Palästinensern für ihre Propaganda genutzt haben.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet in demselben Jahr, dass die Hamas in den Kellerräumen der Klinik von ihnen entführte Personen verhören, foltern oder auf andere Weise misshandeln würde.
Diese Berichte kann auch Tim Cupal, aktuell Korrespondent des ORF, bestätigen. 2014 war er im Al-Schifa Krankenhaus, um Gespräche mit Verletzten zu führen, schreibt das ZDF. Nun berichtete er davon, dass er damals wohl nach den Dreharbeiten im Treppenhaus zu weit nach unten gelaufen sei und plötzlich von bewaffneten Männern festgehalten wurde.
Laut Cupal sei es damals ein offenes Geheimnis gewesen, dass die Hamas sich in diesem Krankenhaus aufhalten würde. Dazu hat das ZDF auch einen Bericht des US-Magazin "Tablet" gefunden. Es bezeichnete die Bunker und Kommandozentrale der Hamas unter der Klinik 2014 als eines der "am schlechtesten gehüteten Geheimnisse des Gaza-Kriegs".
Die ehemalige Leiterin des ZDF-Studios in Tel Aviv, Nicola Albrecht, erzählte im Zuge der Recherche ihres Senders ähnliches: Sie sei 20 Mal im Schifa-Hospital gewesen und jedem dort sei klar gewesen, dass Medienvertreter niemals in den Keller gehen dürften: "Alles ab Etage -2 war verboten. Das war der Bereich der Hamas."
(Mit Material der afp)
Am 7. Oktober 2023 begingen Terroristen aus dem Gazastreifen ein Massaker in Israel. Seither herrscht Krieg.