Die Entscheidung ist verschoben: Das britische Unterhaus stimmte am Samstag mehrheitlich für einen Antrag, eine Abstimmung über den Brexit-Deal von Premierminister Boris Johnson aufzuschieben.
Johnson ist gesetzlich gehalten, in Brüssel einen Aufschub über den 31. Oktober hinaus zu beantragen, weil bis zum (heutigen) Samstag kein gebilligter Brexit-Deal vorliegt. Der Premier sagte jedoch im Parlament, er sei nicht verpflichtet, mit der EU über die Fristverlängerung zu verhandeln. Unklar ist, ob Johnson die Bitte um eine Verlängerung damit verweigert.
Einem Antrag auf Aufschub würden die 27 übrigen EU-Staaten wohl stattgeben, wenn es eine klare Begründung gäbe und der Aufschub nur von kurzer Dauer wäre. Wie lange die EU Aufschub gewähren könnte, ist unklar.
Die EU-Kommission jedenfalls forderte Johnson nach der Abstimmung im Unterhaus auf, endlich Klarheit zu schaffen. "Es ist an der britischen Regierung, uns so schnell wie möglich über die nächsten Schritte zu informieren", die Sprecherin von Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Mina Andreeva, auf Twitter.
Für Irritation sorgen auch Berichte in London, wonach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seinem britischen Kollegen Johnson gesagt habe, es werde keine Verlängerung mehr geben. Eine Quelle aus der französischen Regierung sagte dem ZDF: "Wir müssen uns jetzt abstimmen, aber eine Verschiebung ist absolut keine gute Idee."
Johnson hat allerdings noch immer eine Chance, seinen Brexit-Deal vor dem 31. Oktober durch das Unterhaus zu bekommen. Er kündigte eine Abstimmung darüber für nächste Woche an. Bis dahin werde die Regierung die Gesetzesvorlagen zum Brexit dem Unterhaus vorlegen. Eine Abstimmung über den Brexit-Deal wird für Dienstag erwartet.
Der Letwin-Antrag ist Ausdruck des tiefen Misstrauens zwischen den Abgeordneten im Unterhaus.
Der Konservative Letwin hatte nach eigenen Worten Sorge: Hätte das Unterhaus am Samstag dem Brexit-Deal des Premierministers zugestimmt, hätte die Zeit nicht ausgereicht, den Deal bis 31. Oktober auch in britisches Gesetz zu überführen. In diesem Fall wäre Großbritannien ungeregelt aus der EU ausgeschieden. Mit seinem Antrag hat Letwin das nun verhindert.
(ll)