Syrische Truppen machen sich auf den Weg in den Norden des Landes (Archivbild). Bild: imago images/Xinhua
International
14.10.2019, 11:2714.10.2019, 19:32
Die Lage im Norden Syriens ist brisant: Nach dem Abzug der US-Truppen ist die türkische Armee in die kurdischen Gebiete vorgerückt. Die Regierung in Damaskus reagiert, selbst Truppen an die türkische Grenze zu schicken.
Wir geben euch einen Überblick über die dramatische Lage im Syrien-Konflikt:
Kurden gehen brisanten Deal mit Assad ein
Nach dem Abzug der US-Soldaten aus dem syrischen Grenzgebiet sind türkische Truppen mit arabisch-syrischen Milizen in Nordsyrien einmarschiert, um die dort herrschende Kurdenmiliz YPG zu vertreiben.
Am Sonntagabend gab die Kurdenverwaltung in Nordsyrien eine Einigung mit der Regierung von Baschar al-Assad bekannt. Syrische Truppen sollen nun nahe der türkischen Grenze stationiert werden, um die türkische Offensive zurückzuschlagen.
Es ist ein verzweifelter Deal: Als 2011 der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach und sich die Regierungstruppen aus dem Norden zurückzogen, übernahmen kurdische Truppen die Kontrolle und errichteten eine Selbstverwaltung. Nun aber sind die Kurden auf Assad angewiesen.
In einer Mitteilung der Kurdenverwaltung hieß es:
"Wir mussten mit der syrischen Regierung verhandeln, die die Aufgabe hat, die Landesgrenzen und die syrische Souveränität zu schützen."
Weitere Angaben zu der Vereinbarung, etwa ob die Kurden Kompromisse bei ihrer Selbstverwaltung im Norden machen würden, gab es nicht.
Syrischen Truppen treffen ein
Am Montag sind die ersten syrischen Soldaten nahe der türkischen Grenze eingetroffen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, die Soldaten seien in dem Gebiet zwischen den syrischen Städten Al-Hassaka und Ras al-Ain eingerückt. Sie befinden sich damit in der sogenannten Sicherheitszone, die die Türkei im Norden Syriens errichten will.
Fernsehberichten zufolge warfen Menschen ihnen Blumen zu und sangen "Tod für Erdogan". Auf den von Sana verbreiten Bildern schwenkten Menschen bei Autokorsos in der Stadt die syrische Fahne.
Die EU reagiert – ein bisschen
Am Montag haben sich die EU-Außenminister in Luxemburg getroffen. Der Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, nannte den türkischen Feldzug vor Beginn des Treffens "ein Verbrechen".
Asselborn warnte im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk auch sehr deutlich vor dem sogenannten Nato-Bündnisfall.
"Stellen Sie sich vor, Syrien oder Alliierte von Syrien schlagen zurück und greifen die Türkei an", sagte Asselborn. "Ich habe Nato-Mitglied gesagt, dann sage ich auch Artikel 5. Das heißt, der Beistandspakt besteht. Auf Deutsch heißt das, dass alle Nato-Länder, wenn die Türkei angegriffen würde, dann einspringen müssten, um der Türkei zu helfen. Darum sage ich außerirdisch."
Könnte die Nato die Türkei rauswerfen?
Im Bündnisvertrag existiert keine Klausel zum Ausschluss von unerwünschten Mitgliedern – ein Rausschmiss der Türkei wäre deswegen nur durch eine riesige politische Kraftanstrengung aller anderen 28 Bündnisstaaten möglich.
Gegen den Ausschluss der Türkei sprechen zudem strategische Gründe. Das Land hat nach den USA die zweitstärkste Nato-Armee und spielt regionalpolitisch eine äußerst bedeutende Rolle.
Zudem bleibt die Türkei trotz der Militäroffensive ein wichtiger Partner im Kampf gegen den IS.
Asselborn forderte auch ein Waffenembargo der EU für die Türkei. Montagmittags sagte der Luxemburger, die EU-Staaten hätten sich auf einen Export-Stopp von Waffen für die Türkei einstimmig geeinigt.
In einer Erklärung am Montag verwiesen die EU-Außenminister jedoch lediglich auf nationale Entscheidungen "einiger Mitgliedstaaten, die Waffenexporte sofort einzustellen".
Damit bleibt die Entscheidung, ob ein Waffenembargo gegen Ankara verhängt wird oder nicht, weiter bei den nationalen Regierungen. Die Außenminister kündigten an, eine Arbeitsgruppe werde sich diese Woche treffen, um "die Standpunkte der Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit zu koordinieren und zu überprüfen".
Das sind die Opferzahlen zu der Türkei-Offensive
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London meldete am Sonntag, seit Beginn der Kämpfe seien mehr als 100 Kämpfer in Reihen der von den kurdischen Milizen angeführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) ums Leben gekommen. Außerdem seien mindestens 52 Zivilisten getötet worden.
Die Türkei bezifferte am Montag die Zahl der angeblich außer Gefecht gesetzten Gegner mit 550.
US-Truppen ziehen sich zurück
Alle in Nordsyrien stationierten US-Truppen haben den Befehl erhalten, wegen der türkischen Militäroffensive gegen die Kurden das Land zu verlassen. Rund 1000 Soldaten würden Syrien verlassen, lediglich ein kleines Kontingent von 150 US-Soldaten bleibe auf dem südsyrischen Stützpunkt Al-Tanf stationiert, sagte ein US-Vertreter am Montag. US-Präsident Donald Trump hatte den Abzug am Vortag angeordnet.
(ll//lin/dpa/afp)
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