Umsiedlung von Geflüchteten in das neue Übergangslager von Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos.Bild: www.imago-images.de / Panagiotis Balaskas
International
Mit neuen Vorschlägen für eine rigorose
Abschiebung abgelehnter Asylbewerber will die EU-Kommission Bewegung
in die seit Jahren blockierten Verhandlungen über eine Asylreform
bringen. Der am Mittwoch in Brüssel präsentierte Vorschlag sieht vor,
Länder wie Griechenland und Italien vor allem mit einer starken
Unterstützung bei der Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht zu
entlasten. Zur Aufnahme von Migranten sollen Staaten wie Ungarn und
Polen demnach nur in absoluten Ausnahmefällen verpflichtet werden.
Zugleich will die EU-Kommission, dass alle EU-Staaten ihren Beitrag
zur gemeinsamen Migrationspolitik leisten. Hilfsorganisationen und
vor allem linke und grüne Politiker kritisierten das Paket hingegen
als unmenschlich. "Dies ist ein teuflischer Pakt der Entrechtung",
sagte etwa Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.
"Europa muss von Ad-hoc-Lösungen wegkommen und ein berechenbares
und verlässliches System für das Management von Migration einführen",
sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die neuen Vorschläge
sähen ein "faires und angemessenes Gleichgewicht zwischen
Verantwortung und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten" vor.
"Gemeinsam müssen wir zeigen, dass Europa Migration menschlich und
effektiv managt", sagte von der Leyen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer nannte das Paket eine gute
Grundlage für die anstehenden Beratungen im EU-Ministerrat. Die
Chance, dass man auf dieser Basis zu einer "politischen
Verständigung" kommen werde, sei "sehr hoch", erklärte der
CSU-Politiker. Möglicherweise müssten bei dieser schwierigen Materie
aber auch die Staats- und Regierungschefs mithelfen.
In den vergangenen Jahren waren alle Bemühungen um eine Reform
der europäischen Asyl- und Migrationspolitik gescheitert. Knackpunkt
war stets die Frage, ob Schutzsuchende in Krisensituationen per
Quotenregelung über die Mitgliedstaaten verteilt werden sollten. Die
gültigen Dublin-Regeln sehen vor, dass in der Regel jener EU-Staat
für einen Asylantrag zuständig ist, auf dessen Boden der
Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat.
Dies belastet vor allem Länder an den südlichen EU-Außengrenzen
wie Griechenland oder Italien. Sie fordern schon lange mehr
Unterstützung und eine verpflichtende Verteilung der Migranten auf
die anderen Länder. Auf der anderen Seite lehnen Staaten wie
Österreich, Ungarn, Tschechien und Polen eine verpflichtende Aufnahme
kategorisch ab.
Folgende Vorschläge sollen nun Basis für einen Kompromiss sein:
Verfahren an der Grenze
Bevor ein Migrant ins Land kommt, soll der betroffene Staat nach
Vorstellung der Kommission künftig an der Grenze eine Vorüberprüfung
vornehmen, die deutlich umfangreicher als bisherige Prüfungen ist:
Der Migrant wird registriert, Fingerabdrücke werden genommen,
Gesundheits- und Sicherheitschecks durchgeführt. Kommt der
Asylbewerber aus einem Land mit einer geringen Anerkennungsrate – Tunesien oder Marokko etwa – soll dann ein schnelles Grenzverfahren
durchgeführt werden, bei allen anderen ein normales Verfahren.
Während der Verfahren schließt die EU-Kommission auch nicht aus, dass
Migranten in geschlossenen Lagern festgehalten werden.
Ein Migrant bei einem Gesundheitscheck in Malaga, Spanien.Bild: www.imago-images.de / Jesus Merida
"Ich möchte, dass wir schnelle Entscheidungen und schnelle
Rückführungen haben", sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Um
sogenannte Pushbacks zu vermeiden, bei denen Migranten unter
Anwendung von Gewalt nach einem Grenzübertritt zurückgedrängt werden,
sollen unabhängige Beobachter an den Grenzen eingesetzt werden.
Schnellere Abschiebung und stärkerer Außengrenzschutz
Nach Vorstellung der EU-Kommission soll es in bestimmten
Situationen die sogenannten Abschiebe-Patenschaften geben. Dabei
übernimmt ein EU-Land die Verantwortung für die Rückführung einer
bestimmten Zahl abgelehnter Asylbewerber in einem anderen Land.
Bestenfalls sollten die Länder dann ihre guten diplomatischen
Beziehungen zu bestimmten Drittstaaten nutzen.
Zudem könnte
Herkunftsländern, die ihre eigenen Staatsbürger nicht zurücknehmen,
gedroht werden, die Visa-Vergabe für normale Reisen einzuschränken.
Zudem soll ein "EU-Koordinator für Rückführungen" ernannt werden, der
mit Fachleuten der EU-Staaten zusammenarbeitet. Auch der
Außengrenzschutz solle verbessert werden. Die EU-Kommission sieht
eine stärkere Rolle für die Grenzschutzagentur Frontex vor – auch bei
Abschiebungen.
Verpflichtende Solidarität in Ausnahmesituationen
Das Konzept der EU-Kommission, über das nun die EU-Staaten und
das Europaparlament verhandeln müssen, sieht ein mehrstufiges
Verfahren vor. In normalen Zeiten können die EU-Staaten einander
freiwillig helfen. Gerät ein Land unter Druck, kann es jedoch einen
sogenannten Mechanismus für verpflichtende Solidarität auslösen. Die
EU-Kommission würde dann prüfen, ob beziehungsweise wie viele
Menschen dem Land abgenommen werden müssen.
Jedes andere Land müsste dann Hilfe anbieten: Entweder nimmt es
Migranten mit Aussicht auf einen Schutzstatus auf. Oder aber es hilft
anderweitig, etwa beim Migrationsmanagement oder durch die
sogenannten Abschiebe-Patenschaften.
Abschottung an der Grenze: Auch Ungarn soll zukünftig im Notfall verpflichtet werden, Migranten aufzunehmen.Bild: imago stock&people / ZUMA Press
Spitzt sich die Situation weiter zu, und es tritt eine Krise wie
2015 ein, greift ein Krisen-Mechanismus, in dem sich unter anderem
Fristen verkürzen. Auch die Auswahl der Hilfsmöglichkeiten wird
geringer: Entweder werden Migranten – auch solche ohne Aussicht auf
einen Schutzstatus – aufgenommen oder die Abschiebung einer
bestimmten Anzahl abgelehnter Asylbewerber wird übernommen. Gelingt
die Abschiebung durch die "Paten" nicht, muss das Land sie nach einer
bestimmten Frist selbst aufnehmen – und kann sich dann weiter um die
Abschiebung bemühen.
Die Anzahl jener Menschen, die ein Land abschieben oder aufnehmen
muss, richtet sich nach Bevölkerungsgröße und Bruttoinlandsprodukt
des Landes. Für den Fall, dass nicht genügend Aufnahmeangebote
gemacht werden, könnte die EU-Kommission Länder zur Aufnahme von
Migranten verpflichten.
Seenotrettung als europäische Aufgabe
Die Rettung von in Seenot geratenen Migranten ist nach Ansicht
der EU-Kommission eine Pflicht. Deshalb soll der
Solidaritätsmechanismus in ähnlicher Form auch hier angewendet
werden.
Dublin-Regel
An den derzeit gültigen Dublin-Regeln hält die EU-Kommission
grundsätzlich fest – passt sie aber an. Heute ist meist jener
EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden der
Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat. Die Kommission
will dafür sorgen, dass andere Kriterien ebenfalls eine wichtige
Rolle spielen. Wer in einem anderen Staat etwa Geschwister hat, dort
früher schon mal studiert oder gearbeitet hat, soll dorthin kommen.
Gleiches gilt, wenn ein Asylbewerber zuvor legal mit einem Visum in
ein EU-Land gereist ist. Dies soll das Weiterziehen von einem EU-Land
in das nächste verhindern. Griechenland und andere Südstaaten hatten
allerdings mehrfach die Abkehr vom Dublin-System
gefordert.
(lau/dpa)
Sie ist in der Modebranche gefragt und setzt regelmäßig Akzente in Sachen Schönheitsideale: Ella Emhoff, ihres Zeichens Influencerin und Stieftochter von Kamala Harris. Sie legte einen nahezu kometenhaften Aufstieg als Model und Designerin hin.