Den Mord an Haitis Präsident Jovenel Moïse sollen 26 kolumbianische Söldner und zwei US-Amerikaner haitianischer Herkunft begangen haben.Bild: www.imago-images.de / Jean Marc Herve Abelard
International
Den Mord an Haitis Präsident Jovenel
Moïse sollen 26 kolumbianische Söldner und zwei US-Amerikaner
haitianischer Herkunft begangen haben. Haitis Nationalpolizei führte
am Donnerstagabend (Ortszeit) in ihrem Hauptgebäude in der Hauptstadt
Port-au-Prince 15 festgenommene Kolumbianer und die zwei US-Bürger
vor. Interims-Polizeichef Léon Charles teilte mit, acht weitere
Kolumbianer seien noch auf freiem Fuß. Drei seien getötet worden. Der
kolumbianische Verteidigungsminister Diego Molano bestätigte kurz
darauf, dass es sich um Staatsbürger seines südamerikanischen Landes
handle. Die Hintergründe des Attentats blieben unklar.
Täter sollen Angehörige der kolombianischen Armee sein
Die mutmaßlichen Verantwortlichen für die Ermordung von Moïse
seien nach ersten Informationen ehemalige Angehörige der
kolumbianischen Armee, sagte Molano in einem Video, das er auf
Twitter veröffentlichte. Die Regierung in Bogotá habe Polizei und
Armee angewiesen, sich an den Ermittlungen zu beteiligen.
Die Festgenommenen waren bei der haitianischen Polizei mit
angelegten Handfesseln auf dem Boden sitzend zu sehen. Manche von
ihnen waren sichtbar verletzt. Auf einem Tisch lagen Gegenstände, die
beschlagnahmt worden seien: mehrere automatische Waffen, Macheten,
Vorschlaghammer, kolumbianische Reisepässe und Handys. Mindestens
zwei der Festgenommenen waren anscheinend von aufgebrachten
Menschenmengen gefangengenommen worden, wie auf Videos in sozialen
Medien zu sehen war. Zivilisten hatten laut Charles auch Fahrzeuge
angezündet, die mutmaßlich bei dem Attentat zum Einsatz kamen.
Staatschef wurde 53 Jahre alt
Der 53 Jahre alte Staatschef Moïse war in der Nacht zum Mittwoch
in seiner Residenz erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde
schwer verletzt und zur Behandlung in die gut 1000 Kilometer
entfernte US-Stadt Miami gebracht. Die Zeitung "Le Nouvelliste"
berichtete, Moïses Leichnam habe zwölf Einschusslöcher, zum Teil von
großkalibrigen Waffen. Haitis Botschafter in den USA, Bocchit Edmond,
hatte die Attentäter vor den Festnahmen als gut ausgebildete und
schwer bewaffnete ausländische Söldner bezeichnet. Sie hätten sich
als Agenten der US-Drogenbehörde DEA ausgegeben.
Die UN-Sonderbeauftragte für Haiti, Helen La Lime, sagte am
Donnerstag in einer Online-Pressekonferenz, dass Haiti den
UN-Sicherheitsrat um zusätzliche Sicherheitsunterstützung gebeten
habe. Es war zunächst unklar, um was genau es sich dabei handeln
soll. Auch habe Haitis UN-Botschafter internationale Unterstützung
bei den Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat angefragt. La Lime
betonte, dass die Vereinten Nationen zu Hilfe bereit seien. Auch die
USA sind nach Angaben der Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki,
dazu bereit. Voraussetzung sei, dass es eine formelle Bitte gebe.
Machtvakuum nach Anschlag
Das Attentat hinterlässt ein Machtvakuum. Da eine für Oktober
2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste
gegen Moïse ausgefallen war, gibt es dort seit Januar 2020 kein
handlungsfähiges Parlament mehr. Moïse regierte seither per Dekret.
Erst am Montag hatte Moïse den Neurochirurgen Ariel Henry zum
Interims-Premierminister ernannt. Den Titel hatte seit April Joseph
inne, der allerdings mangels Parlament nie verfassungsmäßig in dem
Amt des Regierungschefs bestätigt wurde. Weil Henry bisher nicht
vereidigt wurde, erklärte sich Joseph zum amtierenden
Interims-Premierminister. Er unterzeichnete einen Erlass, mit dem 15
Tage Belagerungszustand ausgerufen wurden. Damit können unter anderem
die Befugnisse des Militärs erweitert und Rechte der Bürger
beschnitten werden. In einem Interview von "Le Nouvelliste" sagte
Henry, aus seiner Sicht sei Joseph nicht mehr Premierminister.
Präsident wurde unter anderem Korruption vorgeworfen
Moïse, der seit 2017 regierte, war äußerst unbeliebt. Ihm wurden
Korruption, Verbindungen zu brutalen Banden und autokratische
Tendenzen vorgeworfen. Proteste legten Haiti in den vergangenen drei
Jahren immer wieder lahm. Zuletzt trieben blutige Kämpfe zwischen
Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt Tausende Menschen
in die Flucht. Am 26. September sind Präsidenten- und
Parlamentswahlen sowie ein Verfassungsreferendum geplant. Joseph hat
erklärt, an dem Datum festhalten zu wollen.
(fgr/dpa-afxp)
Schon seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Diskussion um die Wehrpflicht wieder Fahrt aufgenommen. Die Ampel änderte während ihrer Regierungszeit nichts am aktuellen System. Durch die Neuwahlen könnten aber bald schon wieder junge Menschen verpflichtet werden.