Der selbst ernannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó will den sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro mit Hilfe des Militärs aus dem Amt drängen. Am Dienstag zeigte er sich gemeinsam mit Soldaten und dem aus dem Hausarrest befreiten Oppositionsführer Leopoldo López. Seine "Operation Freiheit" gehe jetzt in die entscheidende Phase, sagte er nahe der Luftwaffenbasis La Carlota in Caracas.
"Mutige Soldaten, Patrioten, verfassungstreue Männer haben heute unseren Ruf erhört", sagte Guaidó in einem bei Twitter veröffentlichten Video. "Das Ende der unrechtmäßigen Machtübernahme beginnt heute. Als Interimspräsident von Venezuela, als rechtmäßiger Oberkommandierender der Streitkräfte, rufe ich alle Soldaten dazu auf, sich uns anzuschließen."
Die Regierung hingegen sprach lediglich vom Putsch einer kleinen Gruppe von Soldaten. "In diesem Moment schalten wir eine kleine Gruppe verräterischer Soldaten aus", schrieb Kommunikationsminister Jorge Rodríguez auf Twitter. "Wir rufen das Volk dazu auf, in maximaler Alarmbereitschaft zu bleiben und gemeinsam mit den glorreichen Streitkräften den Putschversuch abzuwehren und den Frieden zu erhalten."
Die Situation sei unter Kontrolle, versicherten am Vormittag (Ortszeit) Regierungsvertreter und Militärs. "In diesem Moment ist die Lage in ganz Venezuela ruhig, einschließlich in Caracas", sagte der Präsident der regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung und einflussreiche Parteifunktionär Diosdado Cabello. Im Fernsehen war allerdings zu sehen, wie Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen Demonstranten nahe dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota vorgingen.
Das Militär gilt als der entscheidende Faktor im Machtkampf in Venezuela. Guaidó hat die Streitkräfte immer wieder dazu aufgerufen, die Seiten zu wechseln - bislang allerdings mit nur geringem Erfolg. Kleinere Aufstände einfacher Soldaten gegen Maduros Regierung wurden bereits mehrfach niedergeschlagen.
Agenten des militärischen Geheimdienstes Kubas sollen die einfachen Soldaten der venezolanischen Streitkräfte kontrollieren und Aufstände und Verschwörungen bereits im Keim ersticken. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Control Ciudadano sitzen in dem südamerikanischen Land 193 Militärs wegen politischer Vergehen in Haft.
Verteidigungsminister Vladimir Padrino gelobte der Regierung von Maduro erneut die Treue. "Die Streitkräfte verteidigen die Verfassung und die legitimen Autoritäten", schrieb er auf Twitter. "Alle militärischen Einheiten melden Normalität in ihren Kasernen und Stützpunkten und befinden sich unter der Befehlsgewalt ihrer Kommandeure."
Kurz zuvor hatten Soldaten Oppositionsführer López nach dessen Angaben aus dem Hausarrest befreit. "Militärs haben mich auf Anweisung von Präsident Guaido befreit", schrieb Lopez auf Twitter. "Alle Venezolaner, die sich Freiheit wünschen, sollen kommen", erklärte López vor Journalisten am Dienstagmorgen (Ortszeit) nahe dem Militärstützpunkt La Carlota. "In diesem Moment sollen alle Venezolaner, mit Uniform und ohne, auf die Straße."
Der Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular saß seit 2014 in Haft. Damals waren bei Protesten gegen die Regierung mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Anstachelung zur Gewalt zu fast 14 Jahren Haft. Zuletzt war der Oppositionsführer im Hausarrest. Zahlreiche Regierungen und Menschenrechtsorganisationen sehen in Lopez einen politischen Gefangenen.
Der Generalsekretär der Organisation Amerikaner Staaten stellte sich erneut hinter Guaidó. "Wir begrüßen, dass sich die Soldaten auf die Seite der Verfassung und von Interimspräsident Juan Guaidó gestellt haben", schrien Luis Almagro auf Twitter. "Für eine friedliche Rückkehr zur Demokratie ist breite Unterstützung nötig."
Auch US-Senator Marco Rubio begrüßte die neueste Entwicklung im Machtkampf zwischen Opposition und Regierung. "Dies ist der Moment für die Offiziere des Militärs in Venezuela, um ihren Eid zu erfüllen und den legitimen Interimspräsidenten Juan Guaidó in seinem Bemühen, Demokratie wiederherzustellen, zu unterstützen", schrieb der Republikaner auf Twitter.
(as/dpa)