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International
17.05.2019, 18:5517.05.2019, 20:32
Ein bisher geheimes Video belastet den österreichischen Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache schwer. Die Frage, die nun aufgrund von Recherchen des "Spiegels" und der "Süddeutschen Zeitung" im Raum steht: Ist der FPÖ-Politiker käuflich?
Darum geht's in der Affäre um das brisante Video: Strache habe bei einem Treffen 2017 in Ibiza der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen angeboten, öffentliche Aufträge an sie zu vergeben, sollte sie seiner Partei zum Wahlsieg verhelfen.
Das sind die fünf wichtigsten Fakten:
Eine angebliche Russin macht der FPÖ ein brisantes Angebot
- Die heimlich gemachten Aufnahmen des Treffens zwischen Strache und der angeblichen Russin stammen laut "Spiegel" und "SZ" vom Abend des 24. Juli 2017. Am 15. Oktober 2017 fand die Parlamentswahl in Österreich statt.
- Eine Frau, die in den Aufnahmen zu sehen ist, behauptet, eine reiche Russin zu sein. Außerdem sagt sie, sie besitze die lettische Staatsangehörigkeit.
- Das Angebot der Frau und ihres männlichen Begleiters laut der Berichte: Sie wolle 50 Prozent der österreichischen "Kronen Zeitung" kaufen, was der FPÖ nutzen könnte.
- Bei der angeblichen Russin habe es sich jedoch um einen Lockvogel gehandelt, berichtet die "Süddeutsche".
Strache diskutiert 6 Stunden lang über das Angebot
- Neben Strache habe an dem Treffen auch der FPÖ-Politiker Johann Gudenus teilgenommen.
- Beide hätten der Frau verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen, ihr Geld zu investieren. Sie betonten aber laut "Spiegel" und "SZ" auch, nichts Illegales tun zu wollen.
- Dennoch sagte Strache einmal:
"Wenn sie die 'Kronen'-Zeitung übernimmt drei Wochen vor der Wahl und uns zum Platz eins bringt, dann können wir über alles reden."
- Außerdem habe Strache erklärt, dass die österreichische Baufirma Strabag im Falle einer FPÖ-Regierungsbeteiligung keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen, sondern der Zuschlag stattdessen an eine noch nicht gegründete Firma der angeblichen Russin gehen könnte.
- Zu einer konkreten Absprache sei es am Ende des Treffens nicht gekommen.
Strache spricht über ein womöglich illegales System zur Parteifinanzierung
- Auch diese Aussagen sind offenbar Teil des Videos. Strache erklärte einmal: "Es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und anderthalb bis zwei Millionen."
- Das Geld fließe aber nicht an die FPÖ, sondern an einen Verein. "Der Verein ist gemeinnützig, der hat auch nichts mit der Partei zu tun. Dadurch hast du keine Meldungen an den Rechnungshof."
- Dann fallen laut "Spiegel" und "SZ" auch einige Namen angeblicher Großspender. Auf Anfrage der beiden Medien hätten diese Personen aber dementiert.
Böhmermann witzelte bereits Mitte April über ein Ibiza-Treffen der FPÖ
- In einem Video-Grußwort für die Verleihung des österreichischen Fernsehpreises "Romy" sagte der deutsche Satiriker Jan Böhmermann damals: Er hänge "gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza" herum und verhandle über die Übernahme der "Kronen"-Zeitung.
Hier das Video (in sehr schlechter Qualität):
- In seiner Sendung "Neo Magazin Royal" am Donnerstag deutete Böhmermann zudem die Berichte über das Strache-Video an. "Kann sein, dass morgen Österreich brennt."
- Der "Spiegel" berichtet dazu, dass die Umstände des Treffens auf Ibiza "vermutlich einer Reihe von Leuten bekannt" waren, bevor nun öffentlich darüber berichtet wird.
- Jan Böhmermann – der sich seit Wochen immer wieder kritisch und provokativ über die österreichische Regierung äußert – teilte als Reaktion auf die Berichte über das Strache-Video dieses Video:
"Vengaboys - We're Going to Ibiza!"
- Da es sich bei der angeblichen Russin offenbar um einen Lockvogel handelte und das Treffen wohl eine Falle für die FPÖ-Politiker darstellte, liegt auch die Spekulation nahe: Handelt es sich etwa um eine Aktion des Satirikers Jan Böhmermann? Es wäre immerhin nicht die erste Staatsaffäre, die Böhmermann auslöst. Allerdings würde er wohl nicht zehn Monate bis zur Veröffentlichung eines solchen Videos warten.
- Weder der "Spiegel", noch die "SZ" geben Hinweise auf ihre Quelle. Beide berichten lediglich, dass ihnen das Videomaterial zunächst unabhängig voneinander zugespielt worden sei. Das Material sei vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT mit Sitz in Darmstadt und einem geprüften und zertifizierten Sachverständigen für Foto-Forensik, Foto-Anthropologie und digitale Forensik auf seine Echtheit hin geprüft worden.
Strache und Gudenus bestätigen das Treffen
- Auf Anfrage der beiden Medien antworteten die Politiker laut den Berichten:
"Auf die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und die Notwendigkeit der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung wurde von mir in diesem Gespräch bei allen Themen mehrmals hingewiesen."
Auf "Spiegel Online" sind Teile des Videos zu sehen.
(ll)
Bei so manchen Themen machen die meisten einfach dicht, zu trocken, zu öde, zu technisch. Manche von ihnen schmecken nach Aktenstaub, riechen vielleicht auch etwas nach Tweed-Sakkos und Mottenkugeln. Das gilt etwa für Steuerfragen, die durchaus wichtig, aber eben nur schwer zu verkaufen sind. In eine ähnliche Kerbe schlagen die Sozialabgaben.